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Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867.

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Das Mikroskop.
Objectes a b; es ist umgeben von den an den Rändern des Objectes
vorbeigehenden, durch die Linse C gebrochenen Strahlen. Um die
Grösse des Bildes durch Construction zu finden, muss man die Knoten-
punkte des Systems kennen. Nimmt man dieselben wieder in einem
einzigen Punkte k vereinigt an, so sind a a' und b b' die Richtungs-
strahlen.

Die durch ein Bildmikroskop hervorgerufene Vergrösserung ergiebt sich aus
der in Gleichung 3, §. 151 aufgestellten Beziehung zwischen Bild- und Objectgrösse
[Formel 1] Wollte man f1 = F machen, d. h. das Object in den
Brennpunkt bringen, so würde b2 = infinity. Um ein möglichst grosses reelles Bild zu
erhalten, muss man also f1 möglichst wenig verschieden von F, aber nicht gleich F
machen. Ebenso ist ersichtlich, dass f1 grösser als F bleiben muss. Denn nur unter
dieser Bedingung wird b2 positiv und liegt auf der b1 entgegengesetzten Seite des
Linsensystems. Wird b2 negativ, indem man f1 < F nimmt, so wird das Bild ein
virtuelles. Ist f1 = 2 F (gleich der doppelten Brennweite), so wird b2 = b1, d. h.
das Bild wird eben so gross wie das Object.

Obgleich man mit den Sonnenmikroskopen sehr starke Vergrösserungen erzeugen
kann, bis zum 6--8000 fachen, und dabei den Vortheil eines grossen Gesichtsfeldes
geniesst, welches das ganze Object gleichzeitig zu überschauen gestattet, so geben
diese Mikroskope doch keine hinreichend deutlichen Bilder, um sich ihrer zu Unter-
suchungen bedienen zu können. Der Grund dieser Undeutlichkeit der Bilder liegt,
abgesehen von der sphärischen und chromatischen Abweichung, in Interferenzen der
Lichtstrahlen, die sich insbesondere bei den stärkeren Vergrösserungen geltend ma-
chen (s. Cap. 18). Dagegen sind diese Mikroskope zur objectiven Demonstration der
gröberen Verhältnisse wohl geeignet.

Projicirt man das durch ein Linsensystem entworfene Bild nicht184
Das zussmmen-
gesetzte diop-
trische Mikro-
skop. Einfach-
ste Form des-
selben.

auf einen Schirm, sondern betrachtet man dasselbe zum Behuf weite-
rer Vergrösserung mit einem schwächeren Convexglas, so entsteht
das zusammengesetzte dioptrische Mikroskop. Letzteres
ist also nichts weiter als eine Combination des Bildmikroskops mit
der Lupe. Folgendes ist hiernach die einfachste Form dieses Mi-
kroskops.

Wir bringen wieder ein Object a b (Fig. 130) nahe dem Brenn-
punkt der Convexlinse L. Es wird durch die letztere ein vergrösser-
tes umgekehrtes Bild a' b' entworfen. Die zweite Convexlinse L'
bringen wir nun in eine solche Distanz von diesem Bilde, dass die
von ihm divergirend ausfahrenden Strahlen in Folge der Brechung in
L' gerade den der mittleren Sehweite entsprechenden Divergenzgrad
erhalten, so dass ein vor L' befindliches Auge dieselben auf seiner
Netzhaut vereinigen kann. Dieses Auge wird dann bei a" b" ein
nochmals vergrössertes Bild des Bildes a' b' erblicken. Das zusam-
mengesetzte dioptrische Mikroskop liefert also von dem Objecte a b

Das Mikroskop.
Objectes a b; es ist umgeben von den an den Rändern des Objectes
vorbeigehenden, durch die Linse C gebrochenen Strahlen. Um die
Grösse des Bildes durch Construction zu finden, muss man die Knoten-
punkte des Systems kennen. Nimmt man dieselben wieder in einem
einzigen Punkte k vereinigt an, so sind a a' und b b' die Richtungs-
strahlen.

Die durch ein Bildmikroskop hervorgerufene Vergrösserung ergiebt sich aus
der in Gleichung 3, §. 151 aufgestellten Beziehung zwischen Bild- und Objectgrösse
[Formel 1] Wollte man f1 = F machen, d. h. das Object in den
Brennpunkt bringen, so würde β2 = ∞. Um ein möglichst grosses reelles Bild zu
erhalten, muss man also f1 möglichst wenig verschieden von F, aber nicht gleich F
machen. Ebenso ist ersichtlich, dass f1 grösser als F bleiben muss. Denn nur unter
dieser Bedingung wird β2 positiv und liegt auf der β1 entgegengesetzten Seite des
Linsensystems. Wird β2 negativ, indem man f1 < F nimmt, so wird das Bild ein
virtuelles. Ist f1 = 2 F (gleich der doppelten Brennweite), so wird β2 = β1, d. h.
das Bild wird eben so gross wie das Object.

Obgleich man mit den Sonnenmikroskopen sehr starke Vergrösserungen erzeugen
kann, bis zum 6—8000 fachen, und dabei den Vortheil eines grossen Gesichtsfeldes
geniesst, welches das ganze Object gleichzeitig zu überschauen gestattet, so geben
diese Mikroskope doch keine hinreichend deutlichen Bilder, um sich ihrer zu Unter-
suchungen bedienen zu können. Der Grund dieser Undeutlichkeit der Bilder liegt,
abgesehen von der sphärischen und chromatischen Abweichung, in Interferenzen der
Lichtstrahlen, die sich insbesondere bei den stärkeren Vergrösserungen geltend ma-
chen (s. Cap. 18). Dagegen sind diese Mikroskope zur objectiven Demonstration der
gröberen Verhältnisse wohl geeignet.

Projicirt man das durch ein Linsensystem entworfene Bild nicht184
Das zussmmen-
gesetzte diop-
trische Mikro-
skop. Einfach-
ste Form des-
selben.

auf einen Schirm, sondern betrachtet man dasselbe zum Behuf weite-
rer Vergrösserung mit einem schwächeren Convexglas, so entsteht
das zusammengesetzte dioptrische Mikroskop. Letzteres
ist also nichts weiter als eine Combination des Bildmikroskops mit
der Lupe. Folgendes ist hiernach die einfachste Form dieses Mi-
kroskops.

Wir bringen wieder ein Object a b (Fig. 130) nahe dem Brenn-
punkt der Convexlinse L. Es wird durch die letztere ein vergrösser-
tes umgekehrtes Bild a' b' entworfen. Die zweite Convexlinse L'
bringen wir nun in eine solche Distanz von diesem Bilde, dass die
von ihm divergirend ausfahrenden Strahlen in Folge der Brechung in
L' gerade den der mittleren Sehweite entsprechenden Divergenzgrad
erhalten, so dass ein vor L' befindliches Auge dieselben auf seiner
Netzhaut vereinigen kann. Dieses Auge wird dann bei a″ b″ ein
nochmals vergrössertes Bild des Bildes a' b' erblicken. Das zusam-
mengesetzte dioptrische Mikroskop liefert also von dem Objecte a b

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[279/0301] Das Mikroskop. Objectes a b; es ist umgeben von den an den Rändern des Objectes vorbeigehenden, durch die Linse C gebrochenen Strahlen. Um die Grösse des Bildes durch Construction zu finden, muss man die Knoten- punkte des Systems kennen. Nimmt man dieselben wieder in einem einzigen Punkte k vereinigt an, so sind a a' und b b' die Richtungs- strahlen. Die durch ein Bildmikroskop hervorgerufene Vergrösserung ergiebt sich aus der in Gleichung 3, §. 151 aufgestellten Beziehung zwischen Bild- und Objectgrösse [FORMEL] Wollte man f1 = F machen, d. h. das Object in den Brennpunkt bringen, so würde β2 = ∞. Um ein möglichst grosses reelles Bild zu erhalten, muss man also f1 möglichst wenig verschieden von F, aber nicht gleich F machen. Ebenso ist ersichtlich, dass f1 grösser als F bleiben muss. Denn nur unter dieser Bedingung wird β2 positiv und liegt auf der β1 entgegengesetzten Seite des Linsensystems. Wird β2 negativ, indem man f1 < F nimmt, so wird das Bild ein virtuelles. Ist f1 = 2 F (gleich der doppelten Brennweite), so wird β2 = β1, d. h. das Bild wird eben so gross wie das Object. Obgleich man mit den Sonnenmikroskopen sehr starke Vergrösserungen erzeugen kann, bis zum 6—8000 fachen, und dabei den Vortheil eines grossen Gesichtsfeldes geniesst, welches das ganze Object gleichzeitig zu überschauen gestattet, so geben diese Mikroskope doch keine hinreichend deutlichen Bilder, um sich ihrer zu Unter- suchungen bedienen zu können. Der Grund dieser Undeutlichkeit der Bilder liegt, abgesehen von der sphärischen und chromatischen Abweichung, in Interferenzen der Lichtstrahlen, die sich insbesondere bei den stärkeren Vergrösserungen geltend ma- chen (s. Cap. 18). Dagegen sind diese Mikroskope zur objectiven Demonstration der gröberen Verhältnisse wohl geeignet. Projicirt man das durch ein Linsensystem entworfene Bild nicht auf einen Schirm, sondern betrachtet man dasselbe zum Behuf weite- rer Vergrösserung mit einem schwächeren Convexglas, so entsteht das zusammengesetzte dioptrische Mikroskop. Letzteres ist also nichts weiter als eine Combination des Bildmikroskops mit der Lupe. Folgendes ist hiernach die einfachste Form dieses Mi- kroskops. 184 Das zussmmen- gesetzte diop- trische Mikro- skop. Einfach- ste Form des- selben. Wir bringen wieder ein Object a b (Fig. 130) nahe dem Brenn- punkt der Convexlinse L. Es wird durch die letztere ein vergrösser- tes umgekehrtes Bild a' b' entworfen. Die zweite Convexlinse L' bringen wir nun in eine solche Distanz von diesem Bilde, dass die von ihm divergirend ausfahrenden Strahlen in Folge der Brechung in L' gerade den der mittleren Sehweite entsprechenden Divergenzgrad erhalten, so dass ein vor L' befindliches Auge dieselben auf seiner Netzhaut vereinigen kann. Dieses Auge wird dann bei a″ b″ ein nochmals vergrössertes Bild des Bildes a' b' erblicken. Das zusam- mengesetzte dioptrische Mikroskop liefert also von dem Objecte a b

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Zitationshilfe: Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867, S. 279. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/301>, abgerufen am 25.11.2024.