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Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867.

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Von dem Lichte.
ab. Die vor dem Auge O befindliche Linse L (Fig. 128) verändert
die Richtung der von den Punkten a, b eines Objectes a b ausgehen-
[Abbildung] Fig. 128.
den Strahlen so, dass sie weniger divergent werden als vorher. Die
von a und b kommenden Strahlenbüschel fallen demnach so auf das
Auge, als wenn sie von den weiter entfernt liegenden Punkten a' und
b' herkämen. Das Auge glaubt daher auch statt des Gegenstandes
a b einen grösseren und ferner liegenden a' b' zu sehen. Die Wir-
kung der einfachen Lupe, wie die Convexlinse als Beobachtungs-
instrument genannt zu werden pflegt, beruht daher 1) auf dem er-
möglichten Näherbringen der Gegenstände an's Auge und 2) auf der
durch die Ablenkung der Lichtstrahlen erzeugten Vergrösserung des
Gesichtswinkels. Wäre die Linse L nicht vorhanden, so wären die
durch den Knotenpunkt k des Auges gezogenen Strahlen a a, b b
die Richtungsstrahlen, und a b wäre das Bild von a b. Beim Vor-
handensein der Linse sind aber a a', b b' die Richtungsstrahlen, a' b'
ist also jetzt das Bild von a b, und k' ist der dem optischen System
des Auges und der Linse gemeinsame Knotenpunkt.

Die durch die Lupe L bewirkte Vergrösserung ist bestimmt durch das Ver-
hältniss von a' b' zu a b. Das Bild a' b' ist nun ein virtuelles Bild von a b.
Bezeichnen wir also wie früher die Entfernung c l des Objectes von der Linse mit f1,
diejenige c' l des Bildes a' b' von der Linse mit f2, und mit F die Brennweite der
letzteren, so ist (mit Rücksicht darauf dass f2 bei einem virtuellen Bilde ne-
gativ wird) nach Gleichung 3, §. 151 [Formel 1] , woraus man f1 =
[Formel 2] erhält. Nun bringt das Auge stets Lupe und Gegenstand in solche Ent-
fernung, dass die Strahlen mit einer Divergenz auffallen, die der mittleren Sehweite
entspricht, es wird also f2 gleich der mittleren Sehweite weniger der Entfernung der
Lupe vom Auge sein; nennen wir letztere Distanz R, die mittlere Sehweite S, so er-
halten wir demnach [Formel 3] Nach Gleichung 4 (§. 151) ist aber [Formel 4] ,
also
[Formel 5] .

Von dem Lichte.
ab. Die vor dem Auge O befindliche Linse L (Fig. 128) verändert
die Richtung der von den Punkten a, b eines Objectes a b ausgehen-
[Abbildung] Fig. 128.
den Strahlen so, dass sie weniger divergent werden als vorher. Die
von a und b kommenden Strahlenbüschel fallen demnach so auf das
Auge, als wenn sie von den weiter entfernt liegenden Punkten a' und
b' herkämen. Das Auge glaubt daher auch statt des Gegenstandes
a b einen grösseren und ferner liegenden a' b' zu sehen. Die Wir-
kung der einfachen Lupe, wie die Convexlinse als Beobachtungs-
instrument genannt zu werden pflegt, beruht daher 1) auf dem er-
möglichten Näherbringen der Gegenstände an’s Auge und 2) auf der
durch die Ablenkung der Lichtstrahlen erzeugten Vergrösserung des
Gesichtswinkels. Wäre die Linse L nicht vorhanden, so wären die
durch den Knotenpunkt k des Auges gezogenen Strahlen a α, b β
die Richtungsstrahlen, und α β wäre das Bild von a b. Beim Vor-
handensein der Linse sind aber a α', b β' die Richtungsstrahlen, α' β'
ist also jetzt das Bild von a b, und k' ist der dem optischen System
des Auges und der Linse gemeinsame Knotenpunkt.

Die durch die Lupe L bewirkte Vergrösserung ist bestimmt durch das Ver-
hältniss von a' b' zu a b. Das Bild a' b' ist nun ein virtuelles Bild von a b.
Bezeichnen wir also wie früher die Entfernung c l des Objectes von der Linse mit f1,
diejenige c' l des Bildes a' b' von der Linse mit f2, und mit F die Brennweite der
letzteren, so ist (mit Rücksicht darauf dass f2 bei einem virtuellen Bilde ne-
gativ wird) nach Gleichung 3, §. 151 [Formel 1] , woraus man f1 =
[Formel 2] erhält. Nun bringt das Auge stets Lupe und Gegenstand in solche Ent-
fernung, dass die Strahlen mit einer Divergenz auffallen, die der mittleren Sehweite
entspricht, es wird also f2 gleich der mittleren Sehweite weniger der Entfernung der
Lupe vom Auge sein; nennen wir letztere Distanz R, die mittlere Sehweite S, so er-
halten wir demnach [Formel 3] Nach Gleichung 4 (§. 151) ist aber [Formel 4] ,
also
[Formel 5] .

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[276/0298] Von dem Lichte. ab. Die vor dem Auge O befindliche Linse L (Fig. 128) verändert die Richtung der von den Punkten a, b eines Objectes a b ausgehen- [Abbildung Fig. 128.] den Strahlen so, dass sie weniger divergent werden als vorher. Die von a und b kommenden Strahlenbüschel fallen demnach so auf das Auge, als wenn sie von den weiter entfernt liegenden Punkten a' und b' herkämen. Das Auge glaubt daher auch statt des Gegenstandes a b einen grösseren und ferner liegenden a' b' zu sehen. Die Wir- kung der einfachen Lupe, wie die Convexlinse als Beobachtungs- instrument genannt zu werden pflegt, beruht daher 1) auf dem er- möglichten Näherbringen der Gegenstände an’s Auge und 2) auf der durch die Ablenkung der Lichtstrahlen erzeugten Vergrösserung des Gesichtswinkels. Wäre die Linse L nicht vorhanden, so wären die durch den Knotenpunkt k des Auges gezogenen Strahlen a α, b β die Richtungsstrahlen, und α β wäre das Bild von a b. Beim Vor- handensein der Linse sind aber a α', b β' die Richtungsstrahlen, α' β' ist also jetzt das Bild von a b, und k' ist der dem optischen System des Auges und der Linse gemeinsame Knotenpunkt. Die durch die Lupe L bewirkte Vergrösserung ist bestimmt durch das Ver- hältniss von a' b' zu a b. Das Bild a' b' ist nun ein virtuelles Bild von a b. Bezeichnen wir also wie früher die Entfernung c l des Objectes von der Linse mit f1, diejenige c' l des Bildes a' b' von der Linse mit f2, und mit F die Brennweite der letzteren, so ist (mit Rücksicht darauf dass f2 bei einem virtuellen Bilde ne- gativ wird) nach Gleichung 3, §. 151 [FORMEL], woraus man f1 = [FORMEL] erhält. Nun bringt das Auge stets Lupe und Gegenstand in solche Ent- fernung, dass die Strahlen mit einer Divergenz auffallen, die der mittleren Sehweite entspricht, es wird also f2 gleich der mittleren Sehweite weniger der Entfernung der Lupe vom Auge sein; nennen wir letztere Distanz R, die mittlere Sehweite S, so er- halten wir demnach [FORMEL] Nach Gleichung 4 (§. 151) ist aber [FORMEL], also [FORMEL].

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Zitationshilfe: Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867, S. 276. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/298>, abgerufen am 29.11.2024.