Widerstandskraft der zarteren Capillargefässe gegen den Blutdruck erhöht. Wenn wir uns bei der Besteigung hoher Berge oder im Luft- ballon in grosse Höhen der Atmosphäre begeben, so versetzen wir uns in einen luftverdünnten Raum. Dadurch entsteht zunächst eine erhöhte Athmungsfrequenz zur Ausgleichung des verminderten Sauer- stoffgehalts der Atmosphäre. Ausserdem erfahren aber auch alle Functionen, bei denen der Luftdruck eine Rolle spielt, eine mehr oder weniger bedeutende Störung. Es erfolgt Müdigkeit in den Gelenken, die Athmungsbewegungen werden beschwerlicher, die Venen werden überfüllt, und es treten endlich Zerreissungen der zarteren, an der Oberfläche des Körpers gelegenen Capillargefässe, Blutungen aus den Lungen, der Nase, den Lippen u. s. w. ein.
Aus der allgemeinen Eigenschaft der Gase, dass sie kein con-100 Verdichtung der Gase. Mariotte'- sches Gesetz. stantes Volum besitzen, ergiebt sich, dass man nicht bloss ein Gas, z. B. die atmosphärische Luft, fast bis zu jedem beliebigen Grade verdünnen, sondern dass man ebenso das Gas zu verdichten vermag. Wie das erstere durch eine Verminderung, so bewirkt man das letztere durch eine Vergrösserung des Drucks. Schon die Luft ist, wie wir gesehen haben, in ihren unteren Schichten im Vergleich zu den höheren Schichten verdichtet. Auf künstlichem Wege lässt aber diese Verdichtung noch viel weiter sich treiben. Man kann sich hierzu mit geringen Abänderungen der nämlichen Vorrichtung bedie- nen, die man zur Verdünnung der Luft benützt. Die Luftpumpe (Fig. 58) wird zur Compressionspumpe, sobald man nur die Stel- lung der beiden Ventile a und b umkehrt. Werden nämlich beide Ventile so gerichtet, dass sie sich nach einwärts, gegen die Röhre R, öffnen, so bleibt, wenn man den Kolben in der Richtung von c nach d anzieht, b geschlossen, a aber öffnet sich durch den im Cylinder ent- stehenden luftverdünnten Raum, und der Cylinder füllt sich dadurch mit Luft an. Bewegt man nun umgekehrt den Kolben von d nach c, so wird a durch den Druck der im Cylinder enthaltenen Luft ge- schlossen, b aber öffnet sich, und es wird so die im Cylinder enthal- tene Luft in die Röhre R und in den Raum G hineingetrieben. Durch öftere Hin- und Herbewegung des Kolbens lässt sich auf diese Weise die im Raum G enthaltene Luft bis zu einem ziemlich beträchtlichen Grade verdichten. Doch kann man hierbei nicht, wie bei der Luft- pumpe, bloss eine auf einen Teller gestellte Glasglocke benützen, da eine solche der comprimirten Luft nicht den genügenden Widerstand bieten würde. Man wendet daher meistens starke, auf den Teller T fest aufgeschrauchte Eisengefässe an.
Noch zu einem höheren Grade kann man namentlich in kleineren Räumen die Luft durch die Anwendung des Drucks einer Quecksilber- säule verdichten. Füllt man in die gebogene Röhre (Fig. 59) Queck-
Druck und Gleichgewicht der Gase.
Widerstandskraft der zarteren Capillargefässe gegen den Blutdruck erhöht. Wenn wir uns bei der Besteigung hoher Berge oder im Luft- ballon in grosse Höhen der Atmosphäre begeben, so versetzen wir uns in einen luftverdünnten Raum. Dadurch entsteht zunächst eine erhöhte Athmungsfrequenz zur Ausgleichung des verminderten Sauer- stoffgehalts der Atmosphäre. Ausserdem erfahren aber auch alle Functionen, bei denen der Luftdruck eine Rolle spielt, eine mehr oder weniger bedeutende Störung. Es erfolgt Müdigkeit in den Gelenken, die Athmungsbewegungen werden beschwerlicher, die Venen werden überfüllt, und es treten endlich Zerreissungen der zarteren, an der Oberfläche des Körpers gelegenen Capillargefässe, Blutungen aus den Lungen, der Nase, den Lippen u. s. w. ein.
Aus der allgemeinen Eigenschaft der Gase, dass sie kein con-100 Verdichtung der Gase. Mariotte’- sches Gesetz. stantes Volum besitzen, ergiebt sich, dass man nicht bloss ein Gas, z. B. die atmosphärische Luft, fast bis zu jedem beliebigen Grade verdünnen, sondern dass man ebenso das Gas zu verdichten vermag. Wie das erstere durch eine Verminderung, so bewirkt man das letztere durch eine Vergrösserung des Drucks. Schon die Luft ist, wie wir gesehen haben, in ihren unteren Schichten im Vergleich zu den höheren Schichten verdichtet. Auf künstlichem Wege lässt aber diese Verdichtung noch viel weiter sich treiben. Man kann sich hierzu mit geringen Abänderungen der nämlichen Vorrichtung bedie- nen, die man zur Verdünnung der Luft benützt. Die Luftpumpe (Fig. 58) wird zur Compressionspumpe, sobald man nur die Stel- lung der beiden Ventile a und b umkehrt. Werden nämlich beide Ventile so gerichtet, dass sie sich nach einwärts, gegen die Röhre R, öffnen, so bleibt, wenn man den Kolben in der Richtung von c nach d anzieht, b geschlossen, a aber öffnet sich durch den im Cylinder ent- stehenden luftverdünnten Raum, und der Cylinder füllt sich dadurch mit Luft an. Bewegt man nun umgekehrt den Kolben von d nach c, so wird a durch den Druck der im Cylinder enthaltenen Luft ge- schlossen, b aber öffnet sich, und es wird so die im Cylinder enthal- tene Luft in die Röhre R und in den Raum G hineingetrieben. Durch öftere Hin- und Herbewegung des Kolbens lässt sich auf diese Weise die im Raum G enthaltene Luft bis zu einem ziemlich beträchtlichen Grade verdichten. Doch kann man hierbei nicht, wie bei der Luft- pumpe, bloss eine auf einen Teller gestellte Glasglocke benützen, da eine solche der comprimirten Luft nicht den genügenden Widerstand bieten würde. Man wendet daher meistens starke, auf den Teller T fest aufgeschrauchte Eisengefässe an.
Noch zu einem höheren Grade kann man namentlich in kleineren Räumen die Luft durch die Anwendung des Drucks einer Quecksilber- säule verdichten. Füllt man in die gebogene Röhre (Fig. 59) Queck-
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Druck und Gleichgewicht der Gase.
Widerstandskraft der zarteren Capillargefässe gegen den Blutdruck
erhöht. Wenn wir uns bei der Besteigung hoher Berge oder im Luft-
ballon in grosse Höhen der Atmosphäre begeben, so versetzen wir
uns in einen luftverdünnten Raum. Dadurch entsteht zunächst eine
erhöhte Athmungsfrequenz zur Ausgleichung des verminderten Sauer-
stoffgehalts der Atmosphäre. Ausserdem erfahren aber auch alle
Functionen, bei denen der Luftdruck eine Rolle spielt, eine mehr oder
weniger bedeutende Störung. Es erfolgt Müdigkeit in den Gelenken,
die Athmungsbewegungen werden beschwerlicher, die Venen werden
überfüllt, und es treten endlich Zerreissungen der zarteren, an der
Oberfläche des Körpers gelegenen Capillargefässe, Blutungen aus den
Lungen, der Nase, den Lippen u. s. w. ein.
Aus der allgemeinen Eigenschaft der Gase, dass sie kein con-
stantes Volum besitzen, ergiebt sich, dass man nicht bloss ein Gas,
z. B. die atmosphärische Luft, fast bis zu jedem beliebigen Grade
verdünnen, sondern dass man ebenso das Gas zu verdichten
vermag. Wie das erstere durch eine Verminderung, so bewirkt man
das letztere durch eine Vergrösserung des Drucks. Schon die Luft
ist, wie wir gesehen haben, in ihren unteren Schichten im Vergleich
zu den höheren Schichten verdichtet. Auf künstlichem Wege lässt
aber diese Verdichtung noch viel weiter sich treiben. Man kann sich
hierzu mit geringen Abänderungen der nämlichen Vorrichtung bedie-
nen, die man zur Verdünnung der Luft benützt. Die Luftpumpe
(Fig. 58) wird zur Compressionspumpe, sobald man nur die Stel-
lung der beiden Ventile a und b umkehrt. Werden nämlich beide
Ventile so gerichtet, dass sie sich nach einwärts, gegen die Röhre R,
öffnen, so bleibt, wenn man den Kolben in der Richtung von c nach d
anzieht, b geschlossen, a aber öffnet sich durch den im Cylinder ent-
stehenden luftverdünnten Raum, und der Cylinder füllt sich dadurch
mit Luft an. Bewegt man nun umgekehrt den Kolben von d nach c,
so wird a durch den Druck der im Cylinder enthaltenen Luft ge-
schlossen, b aber öffnet sich, und es wird so die im Cylinder enthal-
tene Luft in die Röhre R und in den Raum G hineingetrieben. Durch
öftere Hin- und Herbewegung des Kolbens lässt sich auf diese Weise
die im Raum G enthaltene Luft bis zu einem ziemlich beträchtlichen
Grade verdichten. Doch kann man hierbei nicht, wie bei der Luft-
pumpe, bloss eine auf einen Teller gestellte Glasglocke benützen, da
eine solche der comprimirten Luft nicht den genügenden Widerstand
bieten würde. Man wendet daher meistens starke, auf den Teller T
fest aufgeschrauchte Eisengefässe an.
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Verdichtung der
Gase. Mariotte’-
sches Gesetz.
Noch zu einem höheren Grade kann man namentlich in kleineren
Räumen die Luft durch die Anwendung des Drucks einer Quecksilber-
säule verdichten. Füllt man in die gebogene Röhre (Fig. 59) Queck-
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Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/165>, abgerufen am 16.07.2024.
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