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Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867.

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Druck und Gleichgewicht der Gase.
glocke G aufgesetzt werden, die den Raum umschliesst, dessen Luft
verdünnt werden soll. In dem Stempel s des Kolbens K befindet sich
das Ventil a, welches sich nach auswärts öffnet, hierbei wird, da der
Innenraum des Stempels nur bei a durch das Ventil geschlossen, auf
der entgegengesetzten Seite aber offen ist, der zwischen a und b ent-
haltenen Luft der Austritt in die Atmosphäre gestattet; am Boden des
Cylinders befindet sich ein zweites Ventil b, welches in der nämlichen
Richtung, also gegen das Innere des Cylinders sich öffnet. Wird nun
der Kolben in der Richtung von c nach d bewegt, so bleibt a ge-
schlossen und b öffnet sich, dadurch wird die Luft in der Röhre R
und unter der Glocke G verdünnt. Bewegt man dann den Kolben in
der Richtung von d nach c, so schliesst sich umgekehrt das Ventil b,
während a sich öffnet, so dass die in dem Cylinder C angesammelte
Luft entweicht. Durch häufige Hin- und Herbewegung des Kolbens
kann so die Luft in der Röhre und unter der Glocke immer mehr verdünnt
werden. Man sieht leicht ein, dass diese Verdünnung durch lange fortge-
setztes Pumpen zwar auf einen sehr hohen Grad wird gebracht werden
können, dass man aber streng genommen niemals einen vollkommen
luftleeren Raum unter der Glocke G herzustellen vermag. Denn bei
jedem Kolbenzug entfernt man immer nur einen Theil der unter der
Glocke befindlichen Luft. Das absolute Luftquantum, welches durch
einen Kolbenzug entfernt wird, ist daher auch um so kleiner, je weiter
man die Luft schon verdünnt hat.

Um die Verdünnung auf einen möglichst hohen Grad zu bringen, bringt man
an den vollkommeneren Luftpumpen ausser den hier beschriebenen wesentlichen Theilen
noch verschiedene Hülfsvorrichtungen an, hinsichtlich deren Beschreibung wir aber auf
die Lehrbücher der Experimentalphysik verweisen müssen.

Räume, die nahezu vollkommen luftleer sind, lassen sich mittelst der so ge-
nannten Quecksilberluftpumpe herstellen. Bei dieser erzeugt man den luftleeren
Raum dadurch, dass man aus einem Gefäss durch Anfüllen mit Quecksilber die Luft
austreibt und dann das Quecksilber wieder ausfliessen lässt. Man hat in der Physio-
logie solche Quecksilberluftpumpen angewandt, um die im Blute absorbirten Gase zu
gewinnen. Siehe die Beschreibung eines derartigen Apparats in meinem Lehrbuch
der Physiologie S. 258.

Die Wirkungen des aufgehobenen Luftdrucks lassen nun mittelst
der Luftpumpe sehr leicht sich nachweisen. Solche Flüssigkeiten, die
leicht in den gasförmigen Zustand übergehen, verdampfen rasch, wenn
man sie unter die Glocke gebracht hat. Man wendet daher die Luft-
pumpe häufig zum Eintrocknen feuchter Körper an, vorzugsweise dann,
wenn die Einwirkung höherer Temperaturen auf dieselben vermieden
werden soll; gewöhnlich wird dabei die Wirkung unterstützt, indem
man gleichzeitig solche Substanzen unter die Glocke bringt, die be-
gierig Wasser anziehen, wie Schwefelsäure oder Chlorcalcium. Thiere,
die man unter die Glocke der Luftpumpe gebracht hat, gerathen in

Druck und Gleichgewicht der Gase.
glocke G aufgesetzt werden, die den Raum umschliesst, dessen Luft
verdünnt werden soll. In dem Stempel s des Kolbens K befindet sich
das Ventil a, welches sich nach auswärts öffnet, hierbei wird, da der
Innenraum des Stempels nur bei a durch das Ventil geschlossen, auf
der entgegengesetzten Seite aber offen ist, der zwischen a und b ent-
haltenen Luft der Austritt in die Atmosphäre gestattet; am Boden des
Cylinders befindet sich ein zweites Ventil b, welches in der nämlichen
Richtung, also gegen das Innere des Cylinders sich öffnet. Wird nun
der Kolben in der Richtung von c nach d bewegt, so bleibt a ge-
schlossen und b öffnet sich, dadurch wird die Luft in der Röhre R
und unter der Glocke G verdünnt. Bewegt man dann den Kolben in
der Richtung von d nach c, so schliesst sich umgekehrt das Ventil b,
während a sich öffnet, so dass die in dem Cylinder C angesammelte
Luft entweicht. Durch häufige Hin- und Herbewegung des Kolbens
kann so die Luft in der Röhre und unter der Glocke immer mehr verdünnt
werden. Man sieht leicht ein, dass diese Verdünnung durch lange fortge-
setztes Pumpen zwar auf einen sehr hohen Grad wird gebracht werden
können, dass man aber streng genommen niemals einen vollkommen
luftleeren Raum unter der Glocke G herzustellen vermag. Denn bei
jedem Kolbenzug entfernt man immer nur einen Theil der unter der
Glocke befindlichen Luft. Das absolute Luftquantum, welches durch
einen Kolbenzug entfernt wird, ist daher auch um so kleiner, je weiter
man die Luft schon verdünnt hat.

Um die Verdünnung auf einen möglichst hohen Grad zu bringen, bringt man
an den vollkommeneren Luftpumpen ausser den hier beschriebenen wesentlichen Theilen
noch verschiedene Hülfsvorrichtungen an, hinsichtlich deren Beschreibung wir aber auf
die Lehrbücher der Experimentalphysik verweisen müssen.

Räume, die nahezu vollkommen luftleer sind, lassen sich mittelst der so ge-
nannten Quecksilberluftpumpe herstellen. Bei dieser erzeugt man den luftleeren
Raum dadurch, dass man aus einem Gefäss durch Anfüllen mit Quecksilber die Luft
austreibt und dann das Quecksilber wieder ausfliessen lässt. Man hat in der Physio-
logie solche Quecksilberluftpumpen angewandt, um die im Blute absorbirten Gase zu
gewinnen. Siehe die Beschreibung eines derartigen Apparats in meinem Lehrbuch
der Physiologie S. 258.

Die Wirkungen des aufgehobenen Luftdrucks lassen nun mittelst
der Luftpumpe sehr leicht sich nachweisen. Solche Flüssigkeiten, die
leicht in den gasförmigen Zustand übergehen, verdampfen rasch, wenn
man sie unter die Glocke gebracht hat. Man wendet daher die Luft-
pumpe häufig zum Eintrocknen feuchter Körper an, vorzugsweise dann,
wenn die Einwirkung höherer Temperaturen auf dieselben vermieden
werden soll; gewöhnlich wird dabei die Wirkung unterstützt, indem
man gleichzeitig solche Substanzen unter die Glocke bringt, die be-
gierig Wasser anziehen, wie Schwefelsäure oder Chlorcalcium. Thiere,
die man unter die Glocke der Luftpumpe gebracht hat, gerathen in

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[141/0163] Druck und Gleichgewicht der Gase. glocke G aufgesetzt werden, die den Raum umschliesst, dessen Luft verdünnt werden soll. In dem Stempel s des Kolbens K befindet sich das Ventil a, welches sich nach auswärts öffnet, hierbei wird, da der Innenraum des Stempels nur bei a durch das Ventil geschlossen, auf der entgegengesetzten Seite aber offen ist, der zwischen a und b ent- haltenen Luft der Austritt in die Atmosphäre gestattet; am Boden des Cylinders befindet sich ein zweites Ventil b, welches in der nämlichen Richtung, also gegen das Innere des Cylinders sich öffnet. Wird nun der Kolben in der Richtung von c nach d bewegt, so bleibt a ge- schlossen und b öffnet sich, dadurch wird die Luft in der Röhre R und unter der Glocke G verdünnt. Bewegt man dann den Kolben in der Richtung von d nach c, so schliesst sich umgekehrt das Ventil b, während a sich öffnet, so dass die in dem Cylinder C angesammelte Luft entweicht. Durch häufige Hin- und Herbewegung des Kolbens kann so die Luft in der Röhre und unter der Glocke immer mehr verdünnt werden. Man sieht leicht ein, dass diese Verdünnung durch lange fortge- setztes Pumpen zwar auf einen sehr hohen Grad wird gebracht werden können, dass man aber streng genommen niemals einen vollkommen luftleeren Raum unter der Glocke G herzustellen vermag. Denn bei jedem Kolbenzug entfernt man immer nur einen Theil der unter der Glocke befindlichen Luft. Das absolute Luftquantum, welches durch einen Kolbenzug entfernt wird, ist daher auch um so kleiner, je weiter man die Luft schon verdünnt hat. Um die Verdünnung auf einen möglichst hohen Grad zu bringen, bringt man an den vollkommeneren Luftpumpen ausser den hier beschriebenen wesentlichen Theilen noch verschiedene Hülfsvorrichtungen an, hinsichtlich deren Beschreibung wir aber auf die Lehrbücher der Experimentalphysik verweisen müssen. Räume, die nahezu vollkommen luftleer sind, lassen sich mittelst der so ge- nannten Quecksilberluftpumpe herstellen. Bei dieser erzeugt man den luftleeren Raum dadurch, dass man aus einem Gefäss durch Anfüllen mit Quecksilber die Luft austreibt und dann das Quecksilber wieder ausfliessen lässt. Man hat in der Physio- logie solche Quecksilberluftpumpen angewandt, um die im Blute absorbirten Gase zu gewinnen. Siehe die Beschreibung eines derartigen Apparats in meinem Lehrbuch der Physiologie S. 258. Die Wirkungen des aufgehobenen Luftdrucks lassen nun mittelst der Luftpumpe sehr leicht sich nachweisen. Solche Flüssigkeiten, die leicht in den gasförmigen Zustand übergehen, verdampfen rasch, wenn man sie unter die Glocke gebracht hat. Man wendet daher die Luft- pumpe häufig zum Eintrocknen feuchter Körper an, vorzugsweise dann, wenn die Einwirkung höherer Temperaturen auf dieselben vermieden werden soll; gewöhnlich wird dabei die Wirkung unterstützt, indem man gleichzeitig solche Substanzen unter die Glocke bringt, die be- gierig Wasser anziehen, wie Schwefelsäure oder Chlorcalcium. Thiere, die man unter die Glocke der Luftpumpe gebracht hat, gerathen in

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Zitationshilfe: Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/163>, abgerufen am 27.04.2024.