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Wundt, Wilhelm: Grundriss der Psychologie. Leipzig, 1896.

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§ 23. Die psychologischen Beziehungsgesetze.
Erfahrungsinhalten, sondern mit einem und demselben
Erfahrungsinhalt von verschiedenen Standpunkten aus be-
schäftigen (§ 1, S. 3). Die physischen Maßbestimmungen
beziehen sich auf objective Massen, Kräfte und Ener-
gien
, Hülfsbegriffe, zu deren Abstraction wir durch die Be-
urtheilung der objectiven Erfahrung genöthigt werden, und
deren der Erfahrung entnommenen allgemeinen Gesetzen
natürlich keine einzelne Erfahrung widerstreiten darf. Die
psychischen Maßbestimmungen dagegen, die bei der Ver-
gleichung psychischer Componenten mit ihren Resultanten
in Frage kommen, beziehen sich auf subjective Werthe
und Zwecke. Der subjective Werth eines Ganzen kann
zunehmen, der Zweck desselben kann gegenüber demjenigen
seiner Bestandtheile ein eigenartiger und vollkommenerer
sein, ohne dass darum die Massen, Kräfte und Energien
irgend welche Veränderungen erfahren. Die Muskelbewe-
gungen bei einer äußeren Willenshandlung, die physischen
Vorgänge, welche die Sinneswahrnehmungen, die Asso-
ciationen und die apperceptiven Functionen begleiten, folgen
unwandelbar dem Princip der Erhaltung der Energie. Aber
bei gleich bleibender Größe dieser Energie können die in
ihr repräsentirten geistigen Werthe und Zwecke von sehr
verschiedener Größe sein.

4. Die physische Messung hat es, wie diese Unter-
schiede zeigen, mit quantitativen Größenwerthen zu
thun, d. h. mit Größen, die eine Werthabstufung nur nach
den quantitativen Verhältnissen der gemessenen Erschei-
nungen zulassen. Die psychische Messung dagegen be-
zieht sich in letzter Instanz immer auf qualitative
Werthgrößen
, d. h. auf Werthe, die bloß mit Rücksicht
auf ihre qualitative Beschaffenheit nach Graden abgestuft
werden können. Der rein quantitativen Wirkungsfähig-
keit, die wir als physische Energiegröße bezeichnen,

§ 23. Die psychologischen Beziehungsgesetze.
Erfahrungsinhalten, sondern mit einem und demselben
Erfahrungsinhalt von verschiedenen Standpunkten aus be-
schäftigen (§ 1, S. 3). Die physischen Maßbestimmungen
beziehen sich auf objective Massen, Kräfte und Ener-
gien
, Hülfsbegriffe, zu deren Abstraction wir durch die Be-
urtheilung der objectiven Erfahrung genöthigt werden, und
deren der Erfahrung entnommenen allgemeinen Gesetzen
natürlich keine einzelne Erfahrung widerstreiten darf. Die
psychischen Maßbestimmungen dagegen, die bei der Ver-
gleichung psychischer Componenten mit ihren Resultanten
in Frage kommen, beziehen sich auf subjective Werthe
und Zwecke. Der subjective Werth eines Ganzen kann
zunehmen, der Zweck desselben kann gegenüber demjenigen
seiner Bestandtheile ein eigenartiger und vollkommenerer
sein, ohne dass darum die Massen, Kräfte und Energien
irgend welche Veränderungen erfahren. Die Muskelbewe-
gungen bei einer äußeren Willenshandlung, die physischen
Vorgänge, welche die Sinneswahrnehmungen, die Asso-
ciationen und die apperceptiven Functionen begleiten, folgen
unwandelbar dem Princip der Erhaltung der Energie. Aber
bei gleich bleibender Größe dieser Energie können die in
ihr repräsentirten geistigen Werthe und Zwecke von sehr
verschiedener Größe sein.

4. Die physische Messung hat es, wie diese Unter-
schiede zeigen, mit quantitativen Größenwerthen zu
thun, d. h. mit Größen, die eine Werthabstufung nur nach
den quantitativen Verhältnissen der gemessenen Erschei-
nungen zulassen. Die psychische Messung dagegen be-
zieht sich in letzter Instanz immer auf qualitative
Werthgrößen
, d. h. auf Werthe, die bloß mit Rücksicht
auf ihre qualitative Beschaffenheit nach Graden abgestuft
werden können. Der rein quantitativen Wirkungsfähig-
keit, die wir als physische Energiegröße bezeichnen,

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[377/0393] § 23. Die psychologischen Beziehungsgesetze. Erfahrungsinhalten, sondern mit einem und demselben Erfahrungsinhalt von verschiedenen Standpunkten aus be- schäftigen (§ 1, S. 3). Die physischen Maßbestimmungen beziehen sich auf objective Massen, Kräfte und Ener- gien, Hülfsbegriffe, zu deren Abstraction wir durch die Be- urtheilung der objectiven Erfahrung genöthigt werden, und deren der Erfahrung entnommenen allgemeinen Gesetzen natürlich keine einzelne Erfahrung widerstreiten darf. Die psychischen Maßbestimmungen dagegen, die bei der Ver- gleichung psychischer Componenten mit ihren Resultanten in Frage kommen, beziehen sich auf subjective Werthe und Zwecke. Der subjective Werth eines Ganzen kann zunehmen, der Zweck desselben kann gegenüber demjenigen seiner Bestandtheile ein eigenartiger und vollkommenerer sein, ohne dass darum die Massen, Kräfte und Energien irgend welche Veränderungen erfahren. Die Muskelbewe- gungen bei einer äußeren Willenshandlung, die physischen Vorgänge, welche die Sinneswahrnehmungen, die Asso- ciationen und die apperceptiven Functionen begleiten, folgen unwandelbar dem Princip der Erhaltung der Energie. Aber bei gleich bleibender Größe dieser Energie können die in ihr repräsentirten geistigen Werthe und Zwecke von sehr verschiedener Größe sein. 4. Die physische Messung hat es, wie diese Unter- schiede zeigen, mit quantitativen Größenwerthen zu thun, d. h. mit Größen, die eine Werthabstufung nur nach den quantitativen Verhältnissen der gemessenen Erschei- nungen zulassen. Die psychische Messung dagegen be- zieht sich in letzter Instanz immer auf qualitative Werthgrößen, d. h. auf Werthe, die bloß mit Rücksicht auf ihre qualitative Beschaffenheit nach Graden abgestuft werden können. Der rein quantitativen Wirkungsfähig- keit, die wir als physische Energiegröße bezeichnen,

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Zitationshilfe: Wundt, Wilhelm: Grundriss der Psychologie. Leipzig, 1896, S. 377. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_grundriss_1896/393>, abgerufen am 24.11.2024.