Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wundt, Wilhelm: Grundriss der Psychologie. Leipzig, 1896.

Bild:
<< vorherige Seite

III. Der Zusammenhang der psychischen Gebilde.
lassen sich als Hauptarten der Phantasiebegabung, abgesehen
von der allgemeinen Gradunterschieden, die anschauliche
und die combinirende Phantasie, als Hauptarten der Ver-
standesbegabung der vorzugsweise den einzelnen logischen
Beziehungen und ihren Verknüpfungen zugekehrte induc-
tive
und der mehr auf allgemeine Begriffe und ihre Ana-
lyse gerichtete deductive Verstand unterscheiden. Als das
Talent eines Menschen bezeichnen wir dann die Gesammt-
anlage, die ihm in Folge der besonderen Richtungen sowohl
seiner Phantasie- wie seiner Verstandesbegabung eigen ist.

§ 18. Psychische Zustände.

1. Der normale Zustand des Bewusstseins, der den Be-
trachtungen der vorangegangenen §§ zu Grunde gelegt
wurde, kann in so mannigfaltiger Weise Veränderungen er-
fahren, dass die allgemeine Psychologie um so mehr darauf
verzichten muss diese Veränderungen eingehender zu schil-
dern, als die wichtigeren derselben, diejenigen nämlich, die
bei den verschiedenen Nerven-, Gehirn- und Geisteskrank-
heiten zu beobachten sind, besonderen, an die Psychologie
angrenzenden oder theilweise auf sie sich stützenden Ge-
bieten der Pathologie zugehören. Hier kann es sich daher
nur darum handeln, auf die hauptsächlichsten psycho-
logischen Bedingungen solcher abweichender Zustände des
Bewusstseins hinzuweisen. Derartiger Bedingungen lassen
sich, gemäß dem was über die Eigenschaften der psychi-
schen Vorgänge und über ihren Zusammenhang im Bewusst-
sein bemerkt wurde, im allgemeinen drei unterscheiden.
Sie können nämlich bestehen: 1) in der abweichenden Be-
schaffenheit der psychischen Elemente, 2) in der Art der
Zusammensetzung der psychischen Gebilde, und 3) in der
Verbindungsweise der Gebilde im Bewusstsein. Bei dem

III. Der Zusammenhang der psychischen Gebilde.
lassen sich als Hauptarten der Phantasiebegabung, abgesehen
von der allgemeinen Gradunterschieden, die anschauliche
und die combinirende Phantasie, als Hauptarten der Ver-
standesbegabung der vorzugsweise den einzelnen logischen
Beziehungen und ihren Verknüpfungen zugekehrte induc-
tive
und der mehr auf allgemeine Begriffe und ihre Ana-
lyse gerichtete deductive Verstand unterscheiden. Als das
Talent eines Menschen bezeichnen wir dann die Gesammt-
anlage, die ihm in Folge der besonderen Richtungen sowohl
seiner Phantasie- wie seiner Verstandesbegabung eigen ist.

§ 18. Psychische Zustände.

1. Der normale Zustand des Bewusstseins, der den Be-
trachtungen der vorangegangenen §§ zu Grunde gelegt
wurde, kann in so mannigfaltiger Weise Veränderungen er-
fahren, dass die allgemeine Psychologie um so mehr darauf
verzichten muss diese Veränderungen eingehender zu schil-
dern, als die wichtigeren derselben, diejenigen nämlich, die
bei den verschiedenen Nerven-, Gehirn- und Geisteskrank-
heiten zu beobachten sind, besonderen, an die Psychologie
angrenzenden oder theilweise auf sie sich stützenden Ge-
bieten der Pathologie zugehören. Hier kann es sich daher
nur darum handeln, auf die hauptsächlichsten psycho-
logischen Bedingungen solcher abweichender Zustände des
Bewusstseins hinzuweisen. Derartiger Bedingungen lassen
sich, gemäß dem was über die Eigenschaften der psychi-
schen Vorgänge und über ihren Zusammenhang im Bewusst-
sein bemerkt wurde, im allgemeinen drei unterscheiden.
Sie können nämlich bestehen: 1) in der abweichenden Be-
schaffenheit der psychischen Elemente, 2) in der Art der
Zusammensetzung der psychischen Gebilde, und 3) in der
Verbindungsweise der Gebilde im Bewusstsein. Bei dem

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0330" n="314"/><fw place="top" type="header">III. Der Zusammenhang der psychischen Gebilde.</fw><lb/>
lassen sich als Hauptarten der Phantasiebegabung, abgesehen<lb/>
von der allgemeinen Gradunterschieden, die <hi rendition="#g">anschauliche</hi><lb/>
und die <hi rendition="#g">combinirende</hi> Phantasie, als Hauptarten der Ver-<lb/>
standesbegabung der vorzugsweise den einzelnen logischen<lb/>
Beziehungen und ihren Verknüpfungen zugekehrte <hi rendition="#g">induc-<lb/>
tive</hi> und der mehr auf allgemeine Begriffe und ihre Ana-<lb/>
lyse gerichtete <hi rendition="#g">deductive</hi> Verstand unterscheiden. Als das<lb/><hi rendition="#g">Talent</hi> eines Menschen bezeichnen wir dann die Gesammt-<lb/>
anlage, die ihm in Folge der besonderen Richtungen sowohl<lb/>
seiner Phantasie- wie seiner Verstandesbegabung eigen ist.</p>
          </div>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">§ 18. Psychische Zustände.</hi> </head><lb/>
          <p>1. Der normale Zustand des Bewusstseins, der den Be-<lb/>
trachtungen der vorangegangenen §§ zu Grunde gelegt<lb/>
wurde, kann in so mannigfaltiger Weise Veränderungen er-<lb/>
fahren, dass die allgemeine Psychologie um so mehr darauf<lb/>
verzichten muss diese Veränderungen eingehender zu schil-<lb/>
dern, als die wichtigeren derselben, diejenigen nämlich, die<lb/>
bei den verschiedenen Nerven-, Gehirn- und Geisteskrank-<lb/>
heiten zu beobachten sind, besonderen, an die Psychologie<lb/>
angrenzenden oder theilweise auf sie sich stützenden Ge-<lb/>
bieten der Pathologie zugehören. Hier kann es sich daher<lb/>
nur darum handeln, auf die hauptsächlichsten psycho-<lb/>
logischen Bedingungen solcher abweichender Zustände des<lb/>
Bewusstseins hinzuweisen. Derartiger Bedingungen lassen<lb/>
sich, gemäß dem was über die Eigenschaften der psychi-<lb/>
schen Vorgänge und über ihren Zusammenhang im Bewusst-<lb/>
sein bemerkt wurde, im allgemeinen <hi rendition="#g">drei</hi> unterscheiden.<lb/>
Sie können nämlich bestehen: 1) in der abweichenden Be-<lb/>
schaffenheit der psychischen Elemente, 2) in der Art der<lb/>
Zusammensetzung der psychischen Gebilde, und 3) in der<lb/>
Verbindungsweise der Gebilde im Bewusstsein. Bei dem<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[314/0330] III. Der Zusammenhang der psychischen Gebilde. lassen sich als Hauptarten der Phantasiebegabung, abgesehen von der allgemeinen Gradunterschieden, die anschauliche und die combinirende Phantasie, als Hauptarten der Ver- standesbegabung der vorzugsweise den einzelnen logischen Beziehungen und ihren Verknüpfungen zugekehrte induc- tive und der mehr auf allgemeine Begriffe und ihre Ana- lyse gerichtete deductive Verstand unterscheiden. Als das Talent eines Menschen bezeichnen wir dann die Gesammt- anlage, die ihm in Folge der besonderen Richtungen sowohl seiner Phantasie- wie seiner Verstandesbegabung eigen ist. § 18. Psychische Zustände. 1. Der normale Zustand des Bewusstseins, der den Be- trachtungen der vorangegangenen §§ zu Grunde gelegt wurde, kann in so mannigfaltiger Weise Veränderungen er- fahren, dass die allgemeine Psychologie um so mehr darauf verzichten muss diese Veränderungen eingehender zu schil- dern, als die wichtigeren derselben, diejenigen nämlich, die bei den verschiedenen Nerven-, Gehirn- und Geisteskrank- heiten zu beobachten sind, besonderen, an die Psychologie angrenzenden oder theilweise auf sie sich stützenden Ge- bieten der Pathologie zugehören. Hier kann es sich daher nur darum handeln, auf die hauptsächlichsten psycho- logischen Bedingungen solcher abweichender Zustände des Bewusstseins hinzuweisen. Derartiger Bedingungen lassen sich, gemäß dem was über die Eigenschaften der psychi- schen Vorgänge und über ihren Zusammenhang im Bewusst- sein bemerkt wurde, im allgemeinen drei unterscheiden. Sie können nämlich bestehen: 1) in der abweichenden Be- schaffenheit der psychischen Elemente, 2) in der Art der Zusammensetzung der psychischen Gebilde, und 3) in der Verbindungsweise der Gebilde im Bewusstsein. Bei dem

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_grundriss_1896
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_grundriss_1896/330
Zitationshilfe: Wundt, Wilhelm: Grundriss der Psychologie. Leipzig, 1896, S. 314. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_grundriss_1896/330>, abgerufen am 12.05.2024.