Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wundt, Wilhelm: Grundriss der Psychologie. Leipzig, 1896.

Bild:
<< vorherige Seite

§ 17. Die Apperceptionsverbindungen.
einen einheitlichen Standpunkt zu gewinnen, dass sie auch
die apperceptiven Vorstellungsverbindungen dem allgemeinen
Begriff der Association subsumirte, wobei übrigens zugleich
an der oben (S. 263) hervorgehobenen Beschränkung dieses
Begriffs auf die successive Association festgehalten wurde.
Bei dieser Reduction auf die Association wurden jedoch
entweder die wesentlichen subjectiven wie objectiven Unter-
schiedsmerkmale der Apperceptionsverbindungen vernach-
lässigt, oder man suchte sich über die Schwierigkeiten
einer Erklärung derselben durch die Einführung gewisser
der Vulgärpsychologie entnommener Hülfsbegriffe hinweg-
zusetzen, indem man dem "Interesse" oder der "Intelligenz"
einen Einfluss auf die stattfindenden Associationen ein-
räumte. Häufig lag dieser Auffassung überdies das Miss-
verständniss zu Grunde, mit der Anerkennung bestimmter
Unterschiede zwischen den Apperceptionsverbindungen und
den Associationen solle überhaupt eine absolute Unabhängig-
keit jener von diesen behauptet werden. Natürlich kann
aber davon keine Rede sein. An die Associationen sind
gerade so gut wie an die ursprünglichen Sinneseindrücke
alle psychischen Vorgänge gebunden. Aber wie die Asso-
ciationen selbst sich überall schon an den Sinneswahr-
nehmungen betheiligen und sich trotzdem in den Erinner-
ungsvorgängen zu relativ selbständigen Processen gestalten,
so ruhen wiederum die Apperceptionsverbindungen ganz und
gar auf den Associationen, ohne dass es jedoch möglich
wäre, ihre wesentlichen Eigenschaften auf diese zurück-
zuführen.

3. Suchen wir uns über diese wesentlichen Eigen-
schaften der Apperceptionsverbindungen Rechenschaft zu
geben, so lassen sich die in ihnen zum Ausdruck kommen-
den psychischen Vorgänge wieder in einfache und in
zusammengesetzte Functionen der Apperception

§ 17. Die Apperceptionsverbindungen.
einen einheitlichen Standpunkt zu gewinnen, dass sie auch
die apperceptiven Vorstellungsverbindungen dem allgemeinen
Begriff der Association subsumirte, wobei übrigens zugleich
an der oben (S. 263) hervorgehobenen Beschränkung dieses
Begriffs auf die successive Association festgehalten wurde.
Bei dieser Reduction auf die Association wurden jedoch
entweder die wesentlichen subjectiven wie objectiven Unter-
schiedsmerkmale der Apperceptionsverbindungen vernach-
lässigt, oder man suchte sich über die Schwierigkeiten
einer Erklärung derselben durch die Einführung gewisser
der Vulgärpsychologie entnommener Hülfsbegriffe hinweg-
zusetzen, indem man dem »Interesse« oder der »Intelligenz«
einen Einfluss auf die stattfindenden Associationen ein-
räumte. Häufig lag dieser Auffassung überdies das Miss-
verständniss zu Grunde, mit der Anerkennung bestimmter
Unterschiede zwischen den Apperceptionsverbindungen und
den Associationen solle überhaupt eine absolute Unabhängig-
keit jener von diesen behauptet werden. Natürlich kann
aber davon keine Rede sein. An die Associationen sind
gerade so gut wie an die ursprünglichen Sinneseindrücke
alle psychischen Vorgänge gebunden. Aber wie die Asso-
ciationen selbst sich überall schon an den Sinneswahr-
nehmungen betheiligen und sich trotzdem in den Erinner-
ungsvorgängen zu relativ selbständigen Processen gestalten,
so ruhen wiederum die Apperceptionsverbindungen ganz und
gar auf den Associationen, ohne dass es jedoch möglich
wäre, ihre wesentlichen Eigenschaften auf diese zurück-
zuführen.

3. Suchen wir uns über diese wesentlichen Eigen-
schaften der Apperceptionsverbindungen Rechenschaft zu
geben, so lassen sich die in ihnen zum Ausdruck kommen-
den psychischen Vorgänge wieder in einfache und in
zusammengesetzte Functionen der Apperception

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0309" n="293"/><fw place="top" type="header">§ 17. Die Apperceptionsverbindungen.</fw><lb/>
einen einheitlichen Standpunkt zu gewinnen, dass sie auch<lb/>
die apperceptiven Vorstellungsverbindungen dem allgemeinen<lb/>
Begriff der Association subsumirte, wobei übrigens zugleich<lb/>
an der oben (S. 263) hervorgehobenen Beschränkung dieses<lb/>
Begriffs auf die successive Association festgehalten wurde.<lb/>
Bei dieser Reduction auf die Association wurden jedoch<lb/>
entweder die wesentlichen subjectiven wie objectiven Unter-<lb/>
schiedsmerkmale der Apperceptionsverbindungen vernach-<lb/>
lässigt, oder man suchte sich über die Schwierigkeiten<lb/>
einer Erklärung derselben durch die Einführung gewisser<lb/>
der Vulgärpsychologie entnommener Hülfsbegriffe hinweg-<lb/>
zusetzen, indem man dem »Interesse« oder der »Intelligenz«<lb/>
einen Einfluss auf die stattfindenden Associationen ein-<lb/>
räumte. Häufig lag dieser Auffassung überdies das Miss-<lb/>
verständniss zu Grunde, mit der Anerkennung bestimmter<lb/>
Unterschiede zwischen den Apperceptionsverbindungen und<lb/>
den Associationen solle überhaupt eine absolute Unabhängig-<lb/>
keit jener von diesen behauptet werden. Natürlich kann<lb/>
aber davon keine Rede sein. An die Associationen sind<lb/>
gerade so gut wie an die ursprünglichen Sinneseindrücke<lb/>
alle psychischen Vorgänge gebunden. Aber wie die Asso-<lb/>
ciationen selbst sich überall schon an den Sinneswahr-<lb/>
nehmungen betheiligen und sich trotzdem in den Erinner-<lb/>
ungsvorgängen zu relativ selbständigen Processen gestalten,<lb/>
so ruhen wiederum die Apperceptionsverbindungen ganz und<lb/>
gar auf den Associationen, ohne dass es jedoch möglich<lb/>
wäre, ihre wesentlichen Eigenschaften auf diese zurück-<lb/>
zuführen.</p><lb/>
          <p>3. Suchen wir uns über diese wesentlichen Eigen-<lb/>
schaften der Apperceptionsverbindungen Rechenschaft zu<lb/>
geben, so lassen sich die in ihnen zum Ausdruck kommen-<lb/>
den psychischen Vorgänge wieder in <hi rendition="#g">einfache</hi> und in<lb/><hi rendition="#g">zusammengesetzte Functionen der Apperception</hi><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[293/0309] § 17. Die Apperceptionsverbindungen. einen einheitlichen Standpunkt zu gewinnen, dass sie auch die apperceptiven Vorstellungsverbindungen dem allgemeinen Begriff der Association subsumirte, wobei übrigens zugleich an der oben (S. 263) hervorgehobenen Beschränkung dieses Begriffs auf die successive Association festgehalten wurde. Bei dieser Reduction auf die Association wurden jedoch entweder die wesentlichen subjectiven wie objectiven Unter- schiedsmerkmale der Apperceptionsverbindungen vernach- lässigt, oder man suchte sich über die Schwierigkeiten einer Erklärung derselben durch die Einführung gewisser der Vulgärpsychologie entnommener Hülfsbegriffe hinweg- zusetzen, indem man dem »Interesse« oder der »Intelligenz« einen Einfluss auf die stattfindenden Associationen ein- räumte. Häufig lag dieser Auffassung überdies das Miss- verständniss zu Grunde, mit der Anerkennung bestimmter Unterschiede zwischen den Apperceptionsverbindungen und den Associationen solle überhaupt eine absolute Unabhängig- keit jener von diesen behauptet werden. Natürlich kann aber davon keine Rede sein. An die Associationen sind gerade so gut wie an die ursprünglichen Sinneseindrücke alle psychischen Vorgänge gebunden. Aber wie die Asso- ciationen selbst sich überall schon an den Sinneswahr- nehmungen betheiligen und sich trotzdem in den Erinner- ungsvorgängen zu relativ selbständigen Processen gestalten, so ruhen wiederum die Apperceptionsverbindungen ganz und gar auf den Associationen, ohne dass es jedoch möglich wäre, ihre wesentlichen Eigenschaften auf diese zurück- zuführen. 3. Suchen wir uns über diese wesentlichen Eigen- schaften der Apperceptionsverbindungen Rechenschaft zu geben, so lassen sich die in ihnen zum Ausdruck kommen- den psychischen Vorgänge wieder in einfache und in zusammengesetzte Functionen der Apperception

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_grundriss_1896
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_grundriss_1896/309
Zitationshilfe: Wundt, Wilhelm: Grundriss der Psychologie. Leipzig, 1896, S. 293. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_grundriss_1896/309>, abgerufen am 23.11.2024.