Wundt, Wilhelm: Grundriss der Psychologie. Leipzig, 1896.§ 14. Die Willensvorgänge. verwickeltere, wenn man noch einen andern psychischenVorgang, z. B. eine Association, einschaltet, die erst als entscheidendes Motiv für die Ausführung der Bewegung wirken soll. Der willkürliche Vorgang wird endlich bei diesen Versuchen zu einem Wahlvorgang, wenn die Hand- lung nicht bloß derart von einer Vielheit von Motiven be- einflusst ist, dass mehrere auf einander folgen müssen, ehe eines die Handlung bestimmt, sondern wenn überdies von verschiedenen möglichen Handlungen eine nach Maßgabe der vorhandenen Motive entscheidend wird: dies geschieht, wenn zu verschiedenen Reactionsbewegungen, z. B. zu einer solchen mit der rechten und der linken Hand oder zu einer solchen mit irgend einem der zehn Finger, die Vorbereitung getroffen, jede einzelne Bewegung aber an die Bedingung geknüpft ist, dass ein Eindruck von bestimmter Qualität als Motiv für sie gelten soll, z. B. der Eindruck blau für die Bewegung rechts, roth für die Bewegung links. 13. Im Gegensatze hierzu kann die musculäre Reac- § 14. Die Willensvorgänge. verwickeltere, wenn man noch einen andern psychischenVorgang, z. B. eine Association, einschaltet, die erst als entscheidendes Motiv für die Ausführung der Bewegung wirken soll. Der willkürliche Vorgang wird endlich bei diesen Versuchen zu einem Wahlvorgang, wenn die Hand- lung nicht bloß derart von einer Vielheit von Motiven be- einflusst ist, dass mehrere auf einander folgen müssen, ehe eines die Handlung bestimmt, sondern wenn überdies von verschiedenen möglichen Handlungen eine nach Maßgabe der vorhandenen Motive entscheidend wird: dies geschieht, wenn zu verschiedenen Reactionsbewegungen, z. B. zu einer solchen mit der rechten und der linken Hand oder zu einer solchen mit irgend einem der zehn Finger, die Vorbereitung getroffen, jede einzelne Bewegung aber an die Bedingung geknüpft ist, dass ein Eindruck von bestimmter Qualität als Motiv für sie gelten soll, z. B. der Eindruck blau für die Bewegung rechts, roth für die Bewegung links. 13. Im Gegensatze hierzu kann die musculäre Reac- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0251" n="235"/><fw place="top" type="header">§ 14. Die Willensvorgänge.</fw><lb/> verwickeltere, wenn man noch einen andern psychischen<lb/> Vorgang, z. B. eine Association, einschaltet, die erst als<lb/> entscheidendes Motiv für die Ausführung der Bewegung<lb/> wirken soll. Der willkürliche Vorgang wird endlich bei<lb/> diesen Versuchen zu einem Wahlvorgang, wenn die Hand-<lb/> lung nicht bloß derart von einer Vielheit von Motiven be-<lb/> einflusst ist, dass mehrere auf einander folgen müssen, ehe<lb/> eines die Handlung bestimmt, sondern wenn überdies von<lb/> verschiedenen möglichen Handlungen <hi rendition="#g">eine</hi> nach Maßgabe<lb/> der vorhandenen Motive entscheidend wird: dies geschieht,<lb/> wenn zu verschiedenen Reactionsbewegungen, z. B. zu einer<lb/> solchen mit der rechten und der linken Hand oder zu einer<lb/> solchen mit irgend einem der zehn Finger, die Vorbereitung<lb/> getroffen, jede einzelne Bewegung aber an die Bedingung<lb/> geknüpft ist, dass ein Eindruck von bestimmter Qualität als<lb/> Motiv für sie gelten soll, z. B. der Eindruck blau für die<lb/> Bewegung rechts, roth für die Bewegung links.</p><lb/> <p>13. Im Gegensatze hierzu kann die <hi rendition="#g">musculäre</hi> Reac-<lb/> tionsform benutzt werden, um die <hi rendition="#g">Rückbildung der Wil-<lb/> lenshandlungen</hi> zu Reflexbewegungen in der Beobachtung<lb/> zu verfolgen. Indem sich nämlich bei dieser Reactionsform<lb/> die vorbereitende Erwartung ganz auf die äußere Handlung<lb/> richtet, ist hier eine willürliche Hemmung oder Auslösung<lb/> der letzteren je nach der Beschaffenheit der Eindrücke, also<lb/> auch ein Uebergang von einfachen zu zusammengesetzten<lb/> Willenshandlungen unmöglich. Dagegen gelingt es leicht,<lb/> die Verbindung des Eindrucks mit der ihm eindeutig zuge-<lb/> ordneten Bewegung so einzuüben, dass der Auffassungsvor-<lb/> gang immer mehr verschwindet oder erst nach erfolgtem<lb/> Bewegungsimpuls eintritt, sonach die Bewegung selbst reflex-<lb/> ähnlich erfolgt. Diese Mechanisirung des Vorgangs, die bei<lb/> der sensoriellen Reaction wegen der bei ihr obwaltenden<lb/> Bedingungen niemals möglich ist, verräth sich darin, dass<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [235/0251]
§ 14. Die Willensvorgänge.
verwickeltere, wenn man noch einen andern psychischen
Vorgang, z. B. eine Association, einschaltet, die erst als
entscheidendes Motiv für die Ausführung der Bewegung
wirken soll. Der willkürliche Vorgang wird endlich bei
diesen Versuchen zu einem Wahlvorgang, wenn die Hand-
lung nicht bloß derart von einer Vielheit von Motiven be-
einflusst ist, dass mehrere auf einander folgen müssen, ehe
eines die Handlung bestimmt, sondern wenn überdies von
verschiedenen möglichen Handlungen eine nach Maßgabe
der vorhandenen Motive entscheidend wird: dies geschieht,
wenn zu verschiedenen Reactionsbewegungen, z. B. zu einer
solchen mit der rechten und der linken Hand oder zu einer
solchen mit irgend einem der zehn Finger, die Vorbereitung
getroffen, jede einzelne Bewegung aber an die Bedingung
geknüpft ist, dass ein Eindruck von bestimmter Qualität als
Motiv für sie gelten soll, z. B. der Eindruck blau für die
Bewegung rechts, roth für die Bewegung links.
13. Im Gegensatze hierzu kann die musculäre Reac-
tionsform benutzt werden, um die Rückbildung der Wil-
lenshandlungen zu Reflexbewegungen in der Beobachtung
zu verfolgen. Indem sich nämlich bei dieser Reactionsform
die vorbereitende Erwartung ganz auf die äußere Handlung
richtet, ist hier eine willürliche Hemmung oder Auslösung
der letzteren je nach der Beschaffenheit der Eindrücke, also
auch ein Uebergang von einfachen zu zusammengesetzten
Willenshandlungen unmöglich. Dagegen gelingt es leicht,
die Verbindung des Eindrucks mit der ihm eindeutig zuge-
ordneten Bewegung so einzuüben, dass der Auffassungsvor-
gang immer mehr verschwindet oder erst nach erfolgtem
Bewegungsimpuls eintritt, sonach die Bewegung selbst reflex-
ähnlich erfolgt. Diese Mechanisirung des Vorgangs, die bei
der sensoriellen Reaction wegen der bei ihr obwaltenden
Bedingungen niemals möglich ist, verräth sich darin, dass
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