W. S. G. E.: Curieuse und sehr wunderbare Relation, von denen sich neuer Dingen in Servien erzeigenden Blut-Saugern oder Vampyrs. 1732.mit den grösten über die Vampyrische fremde Leiber eben so viel Fragen formirt, und vielleicht nicht besser beantwortet werden, als mit diesem billigen, erbaulichen und gelehrten Nescio. Lasset uns die verborgene Dinge fremder und uns nichts angehender Leiber nicht also forschen, daß wir darüber unsere eigene unzweifentlich gewisse Seele versaumen. Denn es hat doch jener Philosophus unserer Zeiten nicht unrecht geurtheilet, es könte der Mensch noch eher zweiflen, ob er einen Leib, als ob er eine unvergängliche Seele habe. etc. Ich erschracke über diesen moralischen Discurs dieses Jungen, nicht nur weil ich mich heimlich bey mir selbsten schämte, sondern weil derselbe einen verborgenen Verweiß für die abwesende ansehnliche Freunde in sich zu halten schiene. Sie waren aber darüber so gar nicht empfindlich, daß sie ihm vielmehr applaudirten, und wünscheten, daß von diesem schönen Bulfingerischen Original viel 1000. wohlgerathene Copien mögen genommen werden. Nur ich gab ihme noch eine Väterliche Lection zurück, wie er diese rühmliche Modestie mit der unvergleichlichen Gründlichkeit dieses Hochgelehrten Mannes verpaaren müste. Denn ohne diese würde jene nichts anders werden als ein schöner Rahme, der eine häßliche Trägheit und mit den groͤsten uͤber die Vampyrische fremde Leiber eben so viel Fragen formirt, und vielleicht nicht besser beantwortet werden, als mit diesem billigen, erbaulichen und gelehrten Nescio. Lasset uns die verborgene Dinge fremder und uns nichts angehender Leiber nicht also forschen, daß wir daruͤber unsere eigene unzweifentlich gewisse Seele versaumen. Denn es hat doch jener Philosophus unserer Zeiten nicht unrecht geurtheilet, es koͤnte der Mensch noch eher zweiflen, ob er einen Leib, als ob er eine unvergaͤngliche Seele habe. ꝛc. Ich erschracke uͤber diesen moralischen Discurs dieses Jungen, nicht nur weil ich mich heimlich bey mir selbsten schaͤmte, sondern weil derselbe einen verborgenen Verweiß fuͤr die abwesende ansehnliche Freunde in sich zu halten schiene. Sie waren aber daruͤber so gar nicht empfindlich, daß sie ihm vielmehr applaudirten, und wuͤnscheten, daß von diesem schoͤnen Bulfingerischen Original viel 1000. wohlgerathene Copien moͤgen genommen werden. Nur ich gab ihme noch eine Vaͤterliche Lection zuruͤck, wie er diese ruͤhmliche Modestie mit der unvergleichlichen Gruͤndlichkeit dieses Hochgelehrten Mannes verpaaren muͤste. Denn ohne diese wuͤrde jene nichts anders werden als ein schoͤner Rahme, der eine haͤßliche Traͤgheit und <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0134" n="134"/> mit den groͤsten uͤber die <hi rendition="#aq">Vampyri</hi>sche fremde Leiber eben so viel Fragen <hi rendition="#aq">formi</hi>rt, und vielleicht nicht besser beantwortet werden, als mit diesem billigen, erbaulichen und gelehrten <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Nescio</hi></hi>. Lasset uns die verborgene Dinge fremder und uns nichts angehender Leiber nicht also forschen, daß wir daruͤber unsere eigene unzweifentlich gewisse Seele versaumen. Denn es hat doch jener <hi rendition="#aq">Philosophus</hi> unserer Zeiten nicht unrecht geurtheilet, es koͤnte der Mensch noch eher zweiflen, ob er einen Leib, als ob er eine unvergaͤngliche Seele habe. ꝛc. Ich erschracke uͤber diesen <hi rendition="#aq">morali</hi>schen <hi rendition="#aq">Discurs</hi> dieses Jungen, nicht nur weil ich mich heimlich bey mir selbsten schaͤmte, sondern weil derselbe einen verborgenen Verweiß fuͤr die abwesende ansehnliche Freunde in sich zu halten schiene. Sie waren aber daruͤber so gar nicht empfindlich, daß sie ihm vielmehr <hi rendition="#aq">applaudi</hi>rten, und wuͤnscheten, daß von diesem schoͤnen <hi rendition="#aq">Bulfingeri</hi>schen <hi rendition="#aq">Original</hi> viel 1000. wohlgerathene <hi rendition="#aq">Copi</hi>en moͤgen genommen werden. Nur ich gab ihme noch eine Vaͤterliche <hi rendition="#aq">Lection</hi> zuruͤck, wie er diese ruͤhmliche <hi rendition="#aq">Modestie</hi> mit der unvergleichlichen Gruͤndlichkeit dieses Hochgelehrten Mannes verpaaren muͤste. Denn ohne diese wuͤrde jene nichts anders werden als ein schoͤner Rahme, der eine haͤßliche Traͤgheit und </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [134/0134]
mit den groͤsten uͤber die Vampyrische fremde Leiber eben so viel Fragen formirt, und vielleicht nicht besser beantwortet werden, als mit diesem billigen, erbaulichen und gelehrten Nescio. Lasset uns die verborgene Dinge fremder und uns nichts angehender Leiber nicht also forschen, daß wir daruͤber unsere eigene unzweifentlich gewisse Seele versaumen. Denn es hat doch jener Philosophus unserer Zeiten nicht unrecht geurtheilet, es koͤnte der Mensch noch eher zweiflen, ob er einen Leib, als ob er eine unvergaͤngliche Seele habe. ꝛc. Ich erschracke uͤber diesen moralischen Discurs dieses Jungen, nicht nur weil ich mich heimlich bey mir selbsten schaͤmte, sondern weil derselbe einen verborgenen Verweiß fuͤr die abwesende ansehnliche Freunde in sich zu halten schiene. Sie waren aber daruͤber so gar nicht empfindlich, daß sie ihm vielmehr applaudirten, und wuͤnscheten, daß von diesem schoͤnen Bulfingerischen Original viel 1000. wohlgerathene Copien moͤgen genommen werden. Nur ich gab ihme noch eine Vaͤterliche Lection zuruͤck, wie er diese ruͤhmliche Modestie mit der unvergleichlichen Gruͤndlichkeit dieses Hochgelehrten Mannes verpaaren muͤste. Denn ohne diese wuͤrde jene nichts anders werden als ein schoͤner Rahme, der eine haͤßliche Traͤgheit und
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/wsge_vampyr_1732 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/wsge_vampyr_1732/134 |
Zitationshilfe: | W. S. G. E.: Curieuse und sehr wunderbare Relation, von denen sich neuer Dingen in Servien erzeigenden Blut-Saugern oder Vampyrs. 1732, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wsge_vampyr_1732/134>, abgerufen am 06.07.2024. |