Wrangel, Carl Gustav: Das Luxus-Fuhrwerk. Stuttgart, 1898.Die zweispännigen Luxus-Equipagen. zwar auf jeder Seite zwei von der Mitte abwärts) und an denÄrmeln je 2 (kleinere) Knöpfe hat. Die Schösse sind an den Seiten mit Patten versehen und auch etwas länger als die am Rocke des Dieners. Unter dem Rocke wird eine gestreifte Weste in den Wappenfarben getragen. Diese ragt ungefähr einen halben cm über den Rockkragen hervor. Vielfach wird auch zur Vermeidung von faltigem Sitz nur ein Streifen von dem Stoff der Weste in den Rock eingenäht. Um den Hals trägt der Kutscher einen tadellos geschnittenen, ziemlich hohen Steh- kragen, der von einer schnee- weissen flachen Kravatte, einem sog. Plastron, umschlossen wird. Tuchnadeln, Umlegekragen oder gar gebundener Schlips sind strenge verpönt. Dasselbe gilt mit Bezug auf Achselstücke, farbige Rock- kragen und Ärmelaufschläge. Auch die in der Farbe der Weste ge- haltenen, als Einfassung des Rock- kragens benützten Litzen, lasse man lieber fort. Die weissen Leder- hosen müssen vorzüglich sitzen, was nur dann zu erreichen ist, wenn sie von einem Spezialisten [Abbildung]
Fig. 47 bester Klasse bezogen werden. Falten dürfen sie nicht werfen;A. Kutscher in englischer Livree. drücken aber auch nicht, und darin liegt eben die Schwierig- keit; denn sobald die Hosen gekollert werden, laufen sie immer etwas ein. Der Schneider wird also nicht von vorneherein auf vollkommen faltenlosen Sitz hinarbeiten dürfen, sondern sozusagen eine Zukunftshose erzeugen müssen. Dass dies nicht der erste beste Kleiderkünstler fertig bringt, ist nicht zu ver- Die zweispännigen Luxus-Equipagen. zwar auf jeder Seite zwei von der Mitte abwärts) und an denÄrmeln je 2 (kleinere) Knöpfe hat. Die Schösse sind an den Seiten mit Patten versehen und auch etwas länger als die am Rocke des Dieners. Unter dem Rocke wird eine gestreifte Weste in den Wappenfarben getragen. Diese ragt ungefähr einen halben cm über den Rockkragen hervor. Vielfach wird auch zur Vermeidung von faltigem Sitz nur ein Streifen von dem Stoff der Weste in den Rock eingenäht. Um den Hals trägt der Kutscher einen tadellos geschnittenen, ziemlich hohen Steh- kragen, der von einer schnee- weissen flachen Kravatte, einem sog. Plastron, umschlossen wird. Tuchnadeln, Umlegekragen oder gar gebundener Schlips sind strenge verpönt. Dasselbe gilt mit Bezug auf Achselstücke, farbige Rock- kragen und Ärmelaufschläge. Auch die in der Farbe der Weste ge- haltenen, als Einfassung des Rock- kragens benützten Litzen, lasse man lieber fort. Die weissen Leder- hosen müssen vorzüglich sitzen, was nur dann zu erreichen ist, wenn sie von einem Spezialisten [Abbildung]
Fig. 47 bester Klasse bezogen werden. Falten dürfen sie nicht werfen;A. Kutscher in englischer Livree. drücken aber auch nicht, und darin liegt eben die Schwierig- keit; denn sobald die Hosen gekollert werden, laufen sie immer etwas ein. Der Schneider wird also nicht von vorneherein auf vollkommen faltenlosen Sitz hinarbeiten dürfen, sondern sozusagen eine Zukunftshose erzeugen müssen. Dass dies nicht der erste beste Kleiderkünstler fertig bringt, ist nicht zu ver- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0091" n="77"/><fw place="top" type="header">Die zweispännigen Luxus-Equipagen.</fw><lb/> zwar auf jeder Seite zwei von der Mitte abwärts) und an den<lb/> Ärmeln je 2 (kleinere) Knöpfe hat. Die Schösse sind an den<lb/> Seiten mit Patten versehen und auch etwas länger als die am<lb/> Rocke des Dieners. Unter dem Rocke wird eine gestreifte Weste<lb/> in den Wappenfarben getragen. Diese ragt ungefähr einen halben<lb/> cm über den Rockkragen hervor.<lb/> Vielfach wird auch zur Vermeidung<lb/> von faltigem Sitz nur ein Streifen<lb/> von dem Stoff der Weste in den<lb/> Rock eingenäht. Um den Hals<lb/> trägt der Kutscher einen tadellos<lb/> geschnittenen, ziemlich hohen Steh-<lb/> kragen, der von einer schnee-<lb/> weissen flachen Kravatte, einem<lb/> sog. Plastron, umschlossen wird.<lb/> Tuchnadeln, Umlegekragen oder<lb/> gar gebundener Schlips sind strenge<lb/> verpönt. Dasselbe gilt mit Bezug<lb/> auf Achselstücke, farbige Rock-<lb/> kragen und Ärmelaufschläge. Auch<lb/> die in der Farbe der Weste ge-<lb/> haltenen, als Einfassung des Rock-<lb/> kragens benützten Litzen, lasse<lb/> man lieber fort. Die weissen Leder-<lb/> hosen müssen vorzüglich sitzen,<lb/> was nur dann zu erreichen ist,<lb/> wenn sie von einem Spezialisten<lb/><figure><head>Fig. 47</head><p> A. Kutscher in englischer Livree.</p></figure><lb/> bester Klasse bezogen werden. Falten dürfen sie nicht werfen;<lb/> drücken aber auch nicht, und darin liegt eben die Schwierig-<lb/> keit; denn sobald die Hosen gekollert werden, laufen sie immer<lb/> etwas ein. Der Schneider wird also nicht von vorneherein<lb/> auf vollkommen faltenlosen Sitz hinarbeiten dürfen, sondern<lb/> sozusagen eine Zukunftshose erzeugen müssen. Dass dies nicht<lb/> der erste beste Kleiderkünstler fertig bringt, ist nicht zu ver-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [77/0091]
Die zweispännigen Luxus-Equipagen.
zwar auf jeder Seite zwei von der Mitte abwärts) und an den
Ärmeln je 2 (kleinere) Knöpfe hat. Die Schösse sind an den
Seiten mit Patten versehen und auch etwas länger als die am
Rocke des Dieners. Unter dem Rocke wird eine gestreifte Weste
in den Wappenfarben getragen. Diese ragt ungefähr einen halben
cm über den Rockkragen hervor.
Vielfach wird auch zur Vermeidung
von faltigem Sitz nur ein Streifen
von dem Stoff der Weste in den
Rock eingenäht. Um den Hals
trägt der Kutscher einen tadellos
geschnittenen, ziemlich hohen Steh-
kragen, der von einer schnee-
weissen flachen Kravatte, einem
sog. Plastron, umschlossen wird.
Tuchnadeln, Umlegekragen oder
gar gebundener Schlips sind strenge
verpönt. Dasselbe gilt mit Bezug
auf Achselstücke, farbige Rock-
kragen und Ärmelaufschläge. Auch
die in der Farbe der Weste ge-
haltenen, als Einfassung des Rock-
kragens benützten Litzen, lasse
man lieber fort. Die weissen Leder-
hosen müssen vorzüglich sitzen,
was nur dann zu erreichen ist,
wenn sie von einem Spezialisten
[Abbildung Fig. 47 A. Kutscher in englischer Livree.]
bester Klasse bezogen werden. Falten dürfen sie nicht werfen;
drücken aber auch nicht, und darin liegt eben die Schwierig-
keit; denn sobald die Hosen gekollert werden, laufen sie immer
etwas ein. Der Schneider wird also nicht von vorneherein
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Zitationshilfe: | Wrangel, Carl Gustav: Das Luxus-Fuhrwerk. Stuttgart, 1898, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wrangel_luxusfuhrwerk_1898/91>, abgerufen am 16.02.2025. |