Spiritus chymici, oder die nach Chymischer Kunst bereiteten und Gleichniß-weise benenneten Geister. Denn also wird in der Chymie dasjenige Geist genennet, welches sehr subtil, flüchtig, rein, penetrant und beweglich ist, worinnen die rechte Eigenschafft des Dinges bestehet. Also finden sich in allen dreyen Natur-Reichen Geister: die
Spiritus acidi, die sauren Geister, aus den mineralibus: Die ardentes und inflammabiles, die brennenden und ansteckenden Geister, aus den vegetabilibus; und die urinosi,harnichten Geister, welche aus allen dreyen Reichen, sonderlich aber von den Thieren und dererselben Theilen, bereitet werden. Von ieglichem besonders.
Spiritus acidi, die sauren Geister, werden zwar auch aus den Ani- malibus und Vegetabilibus bereitet, am häuffigsten aber und angenehm- sten bestehen sie aus den Mineralibus, als die spiritus salis, Nitri, Vitrioli, oder Sulphuris. Daher ist zwar nicht zu läugnen, daß in den grossen Ameisen ein gar angenehmes Acidum gefunden wird, wenn nemlich der spiritus Vini etliche mal von ihnen abgezogen worden; allein ob schon dieser spiritus Formicarum, wenn damit recht procedirct worden, bey- nahe die Zunge mit seiner Schärffe anfrist, so kan er doch nicht für einen reinen sauren Spiritum gehalten werden, weil eine grosse Quantität spiritus Vini darauf gegossen worden. Derjenige Liquor, welcher aus Honig, oder Zucker, oder Mastich und dergleichen Resmis, item aus den Höltzern, bereitet wird, ist zwar ebenfalls etwas sauer, ver- dienet aber nicht unter die schmackhafften spiritus Mineralium gesetzet zu werden. Denn sie werden ordinair aus dem Sande in einer gläser- nen Retort bey mäßigem Feuer destilliret; verstärcket man aber das Feuer und continuiret es, ein schärffer Acidum zu erlangen, so wird man das Empyrevma nicht leicht verhüten; denn wenn das sal volatile mit zugleich ausgetrieben wird, ist der Spiritus nicht mehr sauer, sondern scharff saltzicht. Denn dieses haben die Acida vor den brennenden Gei- stern besonders, daß bey ihnen das Phlegma allezeit vorher gehet, da es sonsten nach den Spiritibus folget; wer deßwegen einen Eßigdestilliren will, wird alsdann einen guten erlangen, wenn, nachdem das Phlegma ab- gezogen und weggeschaffet, scharffe Tropffen in die Vorlage fallen. Mit gantz leichter Mühe erlanget man auch den spirit. Virid. AEris volatil. wenn man nur den gepülverten Grünspan ein wenig mit Eßig besprenget, und aus einer gläsernen Retort im Sande bey Grad-weisem Feuer de- stilliret; denn so wird er auf diese Weise, unter der Gestalt eines weissen
Nebels,
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Spiritus chymici, oder die nach Chymiſcher Kunſt bereiteten und Gleichniß-weiſe benenneten Geiſter. Denn alſo wird in der Chymie dasjenige Geiſt genennet, welches ſehr ſubtil, fluͤchtig, rein, penetrant und beweglich iſt, worinnen die rechte Eigenſchafft des Dinges beſtehet. Alſo finden ſich in allen dreyen Natur-Reichen Geiſter: die
Spiritus acidi, die ſauren Geiſter, aus den mineralibus: Die ardentes und inflammabiles, die brennenden und anſteckenden Geiſter, aus den vegetabilibus; und die urinoſi,harnichten Geiſter, welche aus allen dreyen Reichen, ſonderlich aber von den Thieren und dererſelben Theilen, bereitet werden. Von ieglichem beſonders.
Spiritus acidi, die ſauren Geiſter, werden zwar auch aus den Ani- malibus und Vegetabilibus bereitet, am haͤuffigſten aber und angenehm- ſten beſtehen ſie aus den Mineralibus, als die ſpiritus ſalis, Nitri, Vitrioli, oder Sulphuris. Daher iſt zwar nicht zu laͤugnen, daß in den groſſen Ameiſen ein gar angenehmes Acidum gefunden wird, wenn nemlich der ſpiritus Vini etliche mal von ihnen abgezogen worden; allein ob ſchon dieſer ſpiritus Formicarum, wenn damit recht procedirct worden, bey- nahe die Zunge mit ſeiner Schaͤrffe anfriſt, ſo kan er doch nicht fuͤr einen reinen ſauren Spiritum gehalten werden, weil eine groſſe Quantitaͤt ſpiritus Vini darauf gegoſſen worden. Derjenige Liquor, welcher aus Honig, oder Zucker, oder Maſtich und dergleichen Reſmis, item aus den Hoͤltzern, bereitet wird, iſt zwar ebenfalls etwas ſauer, ver- dienet aber nicht unter die ſchmackhafften ſpiritus Mineralium geſetzet zu werden. Denn ſie werden ordinair aus dem Sande in einer glaͤſer- nen Retort bey maͤßigem Feuer deſtilliret; verſtaͤrcket man aber das Feuer und continuiret es, ein ſchaͤrffer Acidum zu erlangen, ſo wird man das Empyrevma nicht leicht verhuͤten; denn wenn das ſal volatile mit zugleich ausgetrieben wird, iſt der Spiritus nicht mehr ſauer, ſondern ſcharff ſaltzicht. Denn dieſes haben die Acida vor den brennenden Gei- ſtern beſonders, daß bey ihnen das Phlegma allezeit vorher gehet, da es ſonſten nach den Spiritibus folget; wer deßwegen einen Eßigdeſtilliren will, wird alsdann einen guten erlangen, wenn, nachdem das Phlegma ab- gezogen und weggeſchaffet, ſcharffe Tropffen in die Vorlage fallen. Mit gantz leichter Muͤhe erlanget man auch den ſpirit. Virid. Æris volatil. wenn man nur den gepuͤlverten Gruͤnſpan ein wenig mit Eßig beſprenget, und aus einer glaͤſernen Retort im Sande bey Grad-weiſem Feuer de- ſtilliret; denn ſo wird er auf dieſe Weiſe, unter der Geſtalt eines weiſſen
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Spiritus chymici, oder die nach Chymiſcher Kunſt bereiteten
und Gleichniß-weiſe benenneten Geiſter. Denn alſo wird in der
Chymie dasjenige Geiſt genennet, welches ſehr ſubtil, fluͤchtig, rein, penetrant
und beweglich iſt, worinnen die rechte Eigenſchafft des Dinges beſtehet.
Alſo finden ſich in allen dreyen Natur-Reichen Geiſter: die
Spiritus acidi, die ſauren Geiſter, aus den mineralibus: Die
ardentes und inflammabiles, die brennenden und anſteckenden Geiſter,
aus den vegetabilibus; und die urinoſi, harnichten Geiſter, welche aus
allen dreyen Reichen, ſonderlich aber von den Thieren und dererſelben
Theilen, bereitet werden. Von ieglichem beſonders.
Spiritus acidi, die ſauren Geiſter, werden zwar auch aus den Ani-
malibus und Vegetabilibus bereitet, am haͤuffigſten aber und angenehm-
ſten beſtehen ſie aus den Mineralibus, als die ſpiritus ſalis, Nitri, Vitrioli,
oder Sulphuris. Daher iſt zwar nicht zu laͤugnen, daß in den groſſen
Ameiſen ein gar angenehmes Acidum gefunden wird, wenn nemlich
der ſpiritus Vini etliche mal von ihnen abgezogen worden; allein ob ſchon
dieſer ſpiritus Formicarum, wenn damit recht procedirct worden, bey-
nahe die Zunge mit ſeiner Schaͤrffe anfriſt, ſo kan er doch nicht fuͤr einen
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aus Honig, oder Zucker, oder Maſtich und dergleichen Reſmis, item
aus den Hoͤltzern, bereitet wird, iſt zwar ebenfalls etwas ſauer, ver-
dienet aber nicht unter die ſchmackhafften ſpiritus Mineralium geſetzet zu
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Feuer und continuiret es, ein ſchaͤrffer Acidum zu erlangen, ſo wird man
das Empyrevma nicht leicht verhuͤten; denn wenn das ſal volatile mit
zugleich ausgetrieben wird, iſt der Spiritus nicht mehr ſauer, ſondern
ſcharff ſaltzicht. Denn dieſes haben die Acida vor den brennenden Gei-
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ſonſten nach den Spiritibus folget; wer deßwegen einen Eßig deſtilliren
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gantz leichter Muͤhe erlanget man auch den ſpirit. Virid. Æris volatil.
wenn man nur den gepuͤlverten Gruͤnſpan ein wenig mit Eßig beſprenget,
und aus einer glaͤſernen Retort im Sande bey Grad-weiſem Feuer de-
ſtilliret; denn ſo wird er auf dieſe Weiſe, unter der Geſtalt eines weiſſen
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Woyt, Johann Jacob: Gazophylacium Medico-Physicum, Oder Schatz-Kammer Medicinisch- und Natürlicher Dinge. 9. Aufl. Leipzig, 1737, S. 885. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/woyt_gazophylacium_1737/897>, abgerufen am 22.11.2024.
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