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Woyt, Johann Jacob: Gazophylacium Medico-Physicum, Oder Schatz-Kammer Medicinisch- und Natürlicher Dinge. 9. Aufl. Leipzig, 1737.

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des Schlaf-Beins, erstrecket sich in die Länge gegen den Leib des Keil-Bei-
nes, und enthält die Trommel-Höle, das Labyrinth und die Schnecke.

Processus pterygoidei, siehe Processus aliformes.

Processus styloides, der Griffel-förmige Fortsatz, ist ein läng-
lichter, schlancker und spitziger Anhang des Schlaf-Beins, fehlet öffters
im Sceleto, weil er leicht abgerissen wird.

Processus vermiformis cerebelli, der Wurm-förmige Fortsatz
des Hirnleins.

Processus vermiformis intestini coli, der Wurm-förmige Fort-
gang
oder Anhang des Grimm-Darms.

Procidentia, Prolapsus, ein Vorfall oder Ausweichung, ist, wenn
ein gewisses Theil aus seinem natürlichen Ort, Lager und Stande fällt
oder ausweichet: Also kommt in Praxi Procidentia Ani, der Vorfall des
Hintern, und Procidentia Uteri, der Vorfall der Gebähr-Mutter vor.

Procidentia ani, die Senckung oder Austretung des Mast-
Darms
ist, wenn ein Theil des Mast-Darms unter dem hofiren (zu
Stuhl gehen) zugleich mit heraus tritt, und nach verrichteter natürlicher
Ausleerung nicht wieder hinein gehet, sondern vielmehr heraussen hän-
gen bleibet. Dieser Zufall entstehet insgemein aus einem Vitio der Mu-
sculorum levatorum
des Hintern, wenn diese entweder eine Schlaffheit
oder Lähmung, etwa von äusserlicher Kälte, oder vom Zufluß eines zähen,
wäßrigen und scharffen Humoris, oder vom starcken Drengen zum Stuhl,
oder bey schwerer Geburt etc. bekommen. Also findet er sich zur Win-
ters-Zeit bey Kindern, Cachecticis, nach genommener Purgation, oder
rothen Ruhr und Stuhl-Zwang, Stein-Schneiden, Hartleibigkeit und
schwerer Geburt. Jn der Cur hat man vornemlich zwey Stück zu be-
obachten:

I. Daß der ausgefallene Darm wieder zurecht gesetzet, und

II. Daß der zurecht gesetzte befestiget werde.

Die Zurechtsetzung muß auf das schleunigste geschehen, sonsten schwillet
das hervorhängende Theil alsofort mit Entzündung und Befürchtung des
Sphaceli. Solches kan im Anfang der Patient selbsten mit seiner Hand
thun; sind aber schon angeführte Zufälle dabey, so thut es der Chirurgus, wel-
cher mit einem um den Finger gewickelten weichen Tüchlein den ausgefalle-
nen Darm wieder zurücke stösset, nachdem er zuvor die Geschwulst (wenn
eine dabey ist) mit warmer Milch, decoct. Chamomill. Tanaceti, flor.
Sambuc. sem. Anethi
oder warmen Wein etc. gebähet, und den Weg

mit

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des Schlaf-Beins, erſtrecket ſich in die Laͤnge gegen den Leib des Keil-Bei-
nes, und enthaͤlt die Trommel-Hoͤle, das Labyrinth und die Schnecke.

Proceſſus pterygoidei, ſiehe Proceſſus aliformes.

Proceſſus ſtyloides, der Griffel-foͤrmige Fortſatz, iſt ein laͤng-
lichter, ſchlancker und ſpitziger Anhang des Schlaf-Beins, fehlet oͤffters
im Sceleto, weil er leicht abgeriſſen wird.

Proceſſus vermiformis cerebelli, der Wurm-foͤrmige Fortſatz
des Hirnleins.

Proceſſus vermiformis inteſtini coli, der Wurm-foͤrmige Fort-
gang
oder Anhang des Grimm-Darms.

Procidentia, Prolapſus, ein Vorfall oder Ausweichung, iſt, wenn
ein gewiſſes Theil aus ſeinem natuͤrlichen Ort, Lager und Stande faͤllt
oder ausweichet: Alſo kommt in Praxi Procidentia Ani, der Vorfall des
Hintern, und Procidentia Uteri, der Vorfall der Gebaͤhr-Mutter vor.

Procidentia ani, die Senckung oder Austretung des Maſt-
Darms
iſt, wenn ein Theil des Maſt-Darms unter dem hofiren (zu
Stuhl gehen) zugleich mit heraus tritt, und nach verrichteter natuͤrlicher
Ausleerung nicht wieder hinein gehet, ſondern vielmehr herauſſen haͤn-
gen bleibet. Dieſer Zufall entſtehet insgemein aus einem Vitio der Mu-
ſculorum levatorum
des Hintern, wenn dieſe entweder eine Schlaffheit
oder Laͤhmung, etwa von aͤuſſerlicher Kaͤlte, oder vom Zufluß eines zaͤhen,
waͤßrigen und ſcharffen Humoris, oder vom ſtarcken Drengen zum Stuhl,
oder bey ſchwerer Geburt ꝛc. bekommen. Alſo findet er ſich zur Win-
ters-Zeit bey Kindern, Cachecticis, nach genommener Purgation, oder
rothen Ruhr und Stuhl-Zwang, Stein-Schneiden, Hartleibigkeit und
ſchwerer Geburt. Jn der Cur hat man vornemlich zwey Stuͤck zu be-
obachten:

I. Daß der ausgefallene Darm wieder zurecht geſetzet, und

II. Daß der zurecht geſetzte befeſtiget werde.

Die Zurechtſetzung muß auf das ſchleunigſte geſchehen, ſonſten ſchwillet
das hervorhaͤngende Theil alſofort mit Entzuͤndung und Befuͤrchtung des
Sphaceli. Solches kan im Anfang der Patient ſelbſten mit ſeiner Hand
thun; ſind aber ſchon angefuͤhrte Zufaͤlle dabey, ſo thut es der Chirurgus, wel-
cher mit einem um den Finger gewickelten weichen Tuͤchlein den ausgefalle-
nen Darm wieder zuruͤcke ſtoͤſſet, nachdem er zuvor die Geſchwulſt (wenn
eine dabey iſt) mit warmer Milch, decoct. Chamomill. Tanaceti, flor.
Sambuc. ſem. Anethi
oder warmen Wein ꝛc. gebaͤhet, und den Weg

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[760/0772] PR des Schlaf-Beins, erſtrecket ſich in die Laͤnge gegen den Leib des Keil-Bei- nes, und enthaͤlt die Trommel-Hoͤle, das Labyrinth und die Schnecke. Proceſſus pterygoidei, ſiehe Proceſſus aliformes. Proceſſus ſtyloides, der Griffel-foͤrmige Fortſatz, iſt ein laͤng- lichter, ſchlancker und ſpitziger Anhang des Schlaf-Beins, fehlet oͤffters im Sceleto, weil er leicht abgeriſſen wird. Proceſſus vermiformis cerebelli, der Wurm-foͤrmige Fortſatz des Hirnleins. Proceſſus vermiformis inteſtini coli, der Wurm-foͤrmige Fort- gang oder Anhang des Grimm-Darms. Procidentia, Prolapſus, ein Vorfall oder Ausweichung, iſt, wenn ein gewiſſes Theil aus ſeinem natuͤrlichen Ort, Lager und Stande faͤllt oder ausweichet: Alſo kommt in Praxi Procidentia Ani, der Vorfall des Hintern, und Procidentia Uteri, der Vorfall der Gebaͤhr-Mutter vor. Procidentia ani, die Senckung oder Austretung des Maſt- Darms iſt, wenn ein Theil des Maſt-Darms unter dem hofiren (zu Stuhl gehen) zugleich mit heraus tritt, und nach verrichteter natuͤrlicher Ausleerung nicht wieder hinein gehet, ſondern vielmehr herauſſen haͤn- gen bleibet. Dieſer Zufall entſtehet insgemein aus einem Vitio der Mu- ſculorum levatorum des Hintern, wenn dieſe entweder eine Schlaffheit oder Laͤhmung, etwa von aͤuſſerlicher Kaͤlte, oder vom Zufluß eines zaͤhen, waͤßrigen und ſcharffen Humoris, oder vom ſtarcken Drengen zum Stuhl, oder bey ſchwerer Geburt ꝛc. bekommen. Alſo findet er ſich zur Win- ters-Zeit bey Kindern, Cachecticis, nach genommener Purgation, oder rothen Ruhr und Stuhl-Zwang, Stein-Schneiden, Hartleibigkeit und ſchwerer Geburt. Jn der Cur hat man vornemlich zwey Stuͤck zu be- obachten: I. Daß der ausgefallene Darm wieder zurecht geſetzet, und II. Daß der zurecht geſetzte befeſtiget werde. Die Zurechtſetzung muß auf das ſchleunigſte geſchehen, ſonſten ſchwillet das hervorhaͤngende Theil alſofort mit Entzuͤndung und Befuͤrchtung des Sphaceli. Solches kan im Anfang der Patient ſelbſten mit ſeiner Hand thun; ſind aber ſchon angefuͤhrte Zufaͤlle dabey, ſo thut es der Chirurgus, wel- cher mit einem um den Finger gewickelten weichen Tuͤchlein den ausgefalle- nen Darm wieder zuruͤcke ſtoͤſſet, nachdem er zuvor die Geſchwulſt (wenn eine dabey iſt) mit warmer Milch, decoct. Chamomill. Tanaceti, flor. Sambuc. ſem. Anethi oder warmen Wein ꝛc. gebaͤhet, und den Weg mit

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Zitationshilfe: Woyt, Johann Jacob: Gazophylacium Medico-Physicum, Oder Schatz-Kammer Medicinisch- und Natürlicher Dinge. 9. Aufl. Leipzig, 1737, S. 760. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/woyt_gazophylacium_1737/772>, abgerufen am 07.05.2024.