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Woyt, Johann Jacob: Gazophylacium Medico-Physicum, Oder Schatz-Kammer Medicinisch- und Natürlicher Dinge. 9. Aufl. Leipzig, 1737.

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angehengten Hertz-Säcklein in die Höhe, (3) so unterstützet es die zu dem
Magen und Scheidewand gehenden Gefässe.

Medica, Schnecken-Klee, wird also genennet, weil die Blätter dem
Klee-Blatt, die Hülsen aber einer Schnecken gleich sehen, wird in der
Provintz Languedoc, und in der Normandie, das Vieh damit zu mästen,
in grosser Menge gezogen.

Medicamentum, Artzney-Mittel, Hülffs-Mittel zur Gesund-
heit,
ist, insgemein betrachtet, alle dasjenige, was die Kranckheit zu he-
ben, und die Gesundheit zu erhalten angewendet wird.

Medicina, die Artzney-Kunst, ist eine Dienerin der Natur, welche
trachtet, die verlohrne Gesundheit der Menschen durch tüchtige Mittel wie-
der zu erlangen, und die gegenwärtige zu erhalten. Die Medicin wird
von Sennert und andern in fünff Theile getheilet, davon das I. die Physio-
logia
ist, solche erkläret den gesunden Zustand des Menschen, oder alle na-
türliche Functiones, sowol der Seelen als des Leibes; zu diesem Theil
wird billig die Anatomie gebracht. II. Die Pathologia, lehret die wider-
natürliche Constitution des Leibes, oder erzehlet die Kranckheit dessen, zu-
samt deren Ursachen und Zufällen. III. Semiotica, erkläret die Zeichen
der Gesundheit und Kranckheit. IV. Hygiena, giebet Gesetze und Re-
geln, die Gesundheit zu erhalten. V. Therapia, lehret die Diaet, Chirurgie
und Pharmacie. Das Subjectum der Artzney-Kunst ist der menschliche
Leib, oder besser der gantze Mensch, obgleich einige negiren, daß die Seele
Kranckheiten unterworffen sey; der Endzweck oder Finis ist die Gesund-
heit, solcher ist entweder internus, der innerliche, und solcher stehet nicht
in der Macht und Kunst des Medici, denn es bleibt wohl dabey:

Non est in Medico, semper relevetur ut aeger,

Interdum docta plus valet arte malum;

wird mit dem Wort curare ausgedrucket; oder externus, der äusserliche,
heist sanare, gesund machen, wenn man die verlohrne Gesundheit wieder
ersetzet. Einige Araber haben die Medicin eine kleine Kunst genennet,
denen der alte Hippocrates billig zuruffet: Ars longa, vita brevis, die
Kunst ist sehr lang und weitläufftig, das Leben aber kurtz, dahero mag man
wohl sagen: quantum est, quod nescimus, was stehet noch zurück, so wir
nicht wissen!

Medicus, ein Artzt, Artzney-Verständiger, ist, welcher sich in
allen Theilen und Stücken der Medicin gründlich umgesehen hat, und der
Natur, als ein Diener, die Hand bietet. Die vornehmsten Tugenden und

Eigen-

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angehengten Hertz-Saͤcklein in die Hoͤhe, (3) ſo unterſtuͤtzet es die zu dem
Magen und Scheidewand gehenden Gefaͤſſe.

Medica, Schnecken-Klee, wird alſo genennet, weil die Blaͤtter dem
Klee-Blatt, die Huͤlſen aber einer Schnecken gleich ſehen, wird in der
Provintz Languedoc, und in der Normandie, das Vieh damit zu maͤſten,
in groſſer Menge gezogen.

Medicamentum, Artzney-Mittel, Huͤlffs-Mittel zur Geſund-
heit,
iſt, insgemein betrachtet, alle dasjenige, was die Kranckheit zu he-
ben, und die Geſundheit zu erhalten angewendet wird.

Medicina, die Artzney-Kunſt, iſt eine Dienerin der Natur, welche
trachtet, die verlohrne Geſundheit der Menſchen durch tuͤchtige Mittel wie-
der zu erlangen, und die gegenwaͤrtige zu erhalten. Die Medicin wird
von Sennert und andern in fuͤnff Theile getheilet, davon das I. die Phyſio-
logia
iſt, ſolche erklaͤret den geſunden Zuſtand des Menſchen, oder alle na-
tuͤrliche Functiones, ſowol der Seelen als des Leibes; zu dieſem Theil
wird billig die Anatomie gebracht. II. Die Pathologia, lehret die wider-
natuͤrliche Conſtitution des Leibes, oder erzehlet die Kranckheit deſſen, zu-
ſamt deren Urſachen und Zufaͤllen. III. Semiotica, erklaͤret die Zeichen
der Geſundheit und Kranckheit. IV. Hygiena, giebet Geſetze und Re-
geln, die Geſundheit zu erhalten. V. Therapia, lehret die Diæt, Chirurgie
und Pharmacie. Das Subjectum der Artzney-Kunſt iſt der menſchliche
Leib, oder beſſer der gantze Menſch, obgleich einige negiren, daß die Seele
Kranckheiten unterworffen ſey; der Endzweck oder Finis iſt die Geſund-
heit, ſolcher iſt entweder internus, der innerliche, und ſolcher ſtehet nicht
in der Macht und Kunſt des Medici, denn es bleibt wohl dabey:

Non eſt in Medico, ſemper relevetur ut æger,

Interdum docta plus valet arte malum;

wird mit dem Wort curare ausgedrucket; oder externus, der aͤuſſerliche,
heiſt ſanare, geſund machen, wenn man die verlohrne Geſundheit wieder
erſetzet. Einige Araber haben die Medicin eine kleine Kunſt genennet,
denen der alte Hippocrates billig zuruffet: Ars longa, vita brevis, die
Kunſt iſt ſehr lang und weitlaͤufftig, das Leben aber kurtz, dahero mag man
wohl ſagen: quantum eſt, quod neſcimus, was ſtehet noch zuruͤck, ſo wir
nicht wiſſen!

Medicus, ein Artzt, Artzney-Verſtaͤndiger, iſt, welcher ſich in
allen Theilen und Stuͤcken der Medicin gruͤndlich umgeſehen hat, und der
Natur, als ein Diener, die Hand bietet. Die vornehmſten Tugenden und

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[558/0570] ME angehengten Hertz-Saͤcklein in die Hoͤhe, (3) ſo unterſtuͤtzet es die zu dem Magen und Scheidewand gehenden Gefaͤſſe. Medica, Schnecken-Klee, wird alſo genennet, weil die Blaͤtter dem Klee-Blatt, die Huͤlſen aber einer Schnecken gleich ſehen, wird in der Provintz Languedoc, und in der Normandie, das Vieh damit zu maͤſten, in groſſer Menge gezogen. Medicamentum, Artzney-Mittel, Huͤlffs-Mittel zur Geſund- heit, iſt, insgemein betrachtet, alle dasjenige, was die Kranckheit zu he- ben, und die Geſundheit zu erhalten angewendet wird. Medicina, die Artzney-Kunſt, iſt eine Dienerin der Natur, welche trachtet, die verlohrne Geſundheit der Menſchen durch tuͤchtige Mittel wie- der zu erlangen, und die gegenwaͤrtige zu erhalten. Die Medicin wird von Sennert und andern in fuͤnff Theile getheilet, davon das I. die Phyſio- logia iſt, ſolche erklaͤret den geſunden Zuſtand des Menſchen, oder alle na- tuͤrliche Functiones, ſowol der Seelen als des Leibes; zu dieſem Theil wird billig die Anatomie gebracht. II. Die Pathologia, lehret die wider- natuͤrliche Conſtitution des Leibes, oder erzehlet die Kranckheit deſſen, zu- ſamt deren Urſachen und Zufaͤllen. III. Semiotica, erklaͤret die Zeichen der Geſundheit und Kranckheit. IV. Hygiena, giebet Geſetze und Re- geln, die Geſundheit zu erhalten. V. Therapia, lehret die Diæt, Chirurgie und Pharmacie. Das Subjectum der Artzney-Kunſt iſt der menſchliche Leib, oder beſſer der gantze Menſch, obgleich einige negiren, daß die Seele Kranckheiten unterworffen ſey; der Endzweck oder Finis iſt die Geſund- heit, ſolcher iſt entweder internus, der innerliche, und ſolcher ſtehet nicht in der Macht und Kunſt des Medici, denn es bleibt wohl dabey: Non eſt in Medico, ſemper relevetur ut æger, Interdum docta plus valet arte malum; wird mit dem Wort curare ausgedrucket; oder externus, der aͤuſſerliche, heiſt ſanare, geſund machen, wenn man die verlohrne Geſundheit wieder erſetzet. Einige Araber haben die Medicin eine kleine Kunſt genennet, denen der alte Hippocrates billig zuruffet: Ars longa, vita brevis, die Kunſt iſt ſehr lang und weitlaͤufftig, das Leben aber kurtz, dahero mag man wohl ſagen: quantum eſt, quod neſcimus, was ſtehet noch zuruͤck, ſo wir nicht wiſſen! Medicus, ein Artzt, Artzney-Verſtaͤndiger, iſt, welcher ſich in allen Theilen und Stuͤcken der Medicin gruͤndlich umgeſehen hat, und der Natur, als ein Diener, die Hand bietet. Die vornehmſten Tugenden und Eigen-

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Zitationshilfe: Woyt, Johann Jacob: Gazophylacium Medico-Physicum, Oder Schatz-Kammer Medicinisch- und Natürlicher Dinge. 9. Aufl. Leipzig, 1737, S. 558. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/woyt_gazophylacium_1737/570>, abgerufen am 22.11.2024.