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Woyt, Johann Jacob: Gazophylacium Medico-Physicum, Oder Schatz-Kammer Medicinisch- und Natürlicher Dinge. 9. Aufl. Leipzig, 1737.

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dieser Balsam fliesset, soll nur ein kleiner Strauch seyn, so etwa zwey
Ellen hoch von der Erden mit langen, schmalen, röthlichen und knotich-
ten Aestlein wächset, welche wie die Wein-Reben abgeschnitten, und in
kleine Büschlein gebunden, auch also von den Türcken heraus geschicket,
und von den Materialisten Xylobalsamum genennet werden. An diesen
Stänglein wachsen einige Blätter, den Rauten nicht viel ungleich, doch
weisser, und immer grünend. Die Blümlein aber sind klein, weiß und
zart, fast wie Schlehen-Blüt, nach welchen länglicht-runde, röthliche und
wohlriechende Beerlein, so etwas kleiner als Erbsen sind, erfolgen, die
man in den Apothecken Carpobalsamum heisset. Heut zu Tage aber soll
niemand mehr darzu kommen können, indem auf Befehl des Türckischen
Kaysers, als er sich des Heiligen Landes bemächtiget, alle Balsam-
Sträuchlein versetzet, und in einen gemeinen, darzu gewiedmeten Bal-
sam-Garten zu Matara, zwey Meilen von Cairo gelegen, gebracht worden,
welcher immer verschlossen gehalten, und von den Janitscharen bewachet
wird. Der Balsam selbst wird in den heissen Monaten, als Junio, Julio
und Augusto gesammlet, und ist dreyerley, indem er entweder von sich
selbsten aus dem Sträuchlein rinnet, welcher Anfangs weiß, nachmalen
gränlicht, und dann gelb werden soll. Oder es werden die Bäumlein zu-
vor geritzet, woraus ein etwas schwartzer Balsam fliessen, und in die an-
gehenckten Gefässe tröpffeln soll. Uber welche 2. auch ein dergleichen
Balsam aus den abgeschnittenen und gesottenen Zweiglein künstlicher
Weise bereitet werden soll, mit welchem die vorigen vermischet werden.
Es werden diesem Orientalischen Balsam unbeschreibliche und unver-
gleichliche Tugenden zugeschrieben, und ist billig für diejenige Salbe in Gi-
lead, deren in Heil. Schrifft gedacht wird, zu halten. Er stärcket die Na-
tur und Lebens-Geister, ermuntert die Sinnen, und erhält den Leib und
dessen Gliedmassen für Fäulniß, weswegen er auch bey der Balsamirung
der Königlichen Cörper und zu den Mumien hauptsächlich gebrauchet, und
innerlich zum Theriac genommen worden: wegen seiner balsamischen
Krafft aber dienet er wider die Schwind- und Lungensucht, langwieriges
Keuchen, heilet auch die Wunden. Die Frucht, oder Carpobalsamum,
muß noch frisch, aromatisch und guten Geruchs seyn, auch eine rauhe und
mit vier Strichen unterschie dene Schale haben. Das Balsam-Holtz,
oder Xylobalsamum aber soll knoticht, auswendig röthlich und inwendig
weiß, hartzigt und wohlriechend seyn, beyde sind insgemein alt und
verlegen.

Balsa-

BA
dieſer Balſam flieſſet, ſoll nur ein kleiner Strauch ſeyn, ſo etwa zwey
Ellen hoch von der Erden mit langen, ſchmalen, roͤthlichen und knotich-
ten Aeſtlein waͤchſet, welche wie die Wein-Reben abgeſchnitten, und in
kleine Buͤſchlein gebunden, auch alſo von den Tuͤrcken heraus geſchicket,
und von den Materialiſten Xylobalſamum genennet werden. An dieſen
Staͤnglein wachſen einige Blaͤtter, den Rauten nicht viel ungleich, doch
weiſſer, und immer gruͤnend. Die Bluͤmlein aber ſind klein, weiß und
zart, faſt wie Schlehen-Bluͤt, nach welchen laͤnglicht-runde, roͤthliche und
wohlriechende Beerlein, ſo etwas kleiner als Erbſen ſind, erfolgen, die
man in den Apothecken Carpobalſamum heiſſet. Heut zu Tage aber ſoll
niemand mehr darzu kommen koͤnnen, indem auf Befehl des Tuͤrckiſchen
Kayſers, als er ſich des Heiligen Landes bemaͤchtiget, alle Balſam-
Straͤuchlein verſetzet, und in einen gemeinen, darzu gewiedmeten Bal-
ſam-Garten zu Matara, zwey Meilen von Cairo gelegen, gebracht worden,
welcher immer verſchloſſen gehalten, und von den Janitſcharen bewachet
wird. Der Balſam ſelbſt wird in den heiſſen Monaten, als Junio, Julio
und Auguſto geſammlet, und iſt dreyerley, indem er entweder von ſich
ſelbſten aus dem Straͤuchlein rinnet, welcher Anfangs weiß, nachmalen
graͤnlicht, und dann gelb werden ſoll. Oder es werden die Baͤumlein zu-
vor geritzet, woraus ein etwas ſchwartzer Balſam flieſſen, und in die an-
gehenckten Gefaͤſſe troͤpffeln ſoll. Uber welche 2. auch ein dergleichen
Balſam aus den abgeſchnittenen und geſottenen Zweiglein kuͤnſtlicher
Weiſe bereitet werden ſoll, mit welchem die vorigen vermiſchet werden.
Es werden dieſem Orientaliſchen Balſam unbeſchreibliche und unver-
gleichliche Tugenden zugeſchrieben, und iſt billig fuͤr diejenige Salbe in Gi-
lead, deren in Heil. Schrifft gedacht wird, zu halten. Er ſtaͤrcket die Na-
tur und Lebens-Geiſter, ermuntert die Sinnen, und erhaͤlt den Leib und
deſſen Gliedmaſſen fuͤr Faͤulniß, weswegen er auch bey der Balſamirung
der Koͤniglichen Coͤrper und zu den Mumien hauptſaͤchlich gebrauchet, und
innerlich zum Theriac genommen worden: wegen ſeiner balſamiſchen
Krafft aber dienet er wider die Schwind- und Lungenſucht, langwieriges
Keuchen, heilet auch die Wunden. Die Frucht, oder Carpobalſamum,
muß noch friſch, aromatiſch und guten Geruchs ſeyn, auch eine rauhe und
mit vier Strichen unterſchie dene Schale haben. Das Balſam-Holtz,
oder Xylobalſamum aber ſoll knoticht, auswendig roͤthlich und inwendig
weiß, hartzigt und wohlriechend ſeyn, beyde ſind insgemein alt und
verlegen.

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[116/0128] BA dieſer Balſam flieſſet, ſoll nur ein kleiner Strauch ſeyn, ſo etwa zwey Ellen hoch von der Erden mit langen, ſchmalen, roͤthlichen und knotich- ten Aeſtlein waͤchſet, welche wie die Wein-Reben abgeſchnitten, und in kleine Buͤſchlein gebunden, auch alſo von den Tuͤrcken heraus geſchicket, und von den Materialiſten Xylobalſamum genennet werden. An dieſen Staͤnglein wachſen einige Blaͤtter, den Rauten nicht viel ungleich, doch weiſſer, und immer gruͤnend. Die Bluͤmlein aber ſind klein, weiß und zart, faſt wie Schlehen-Bluͤt, nach welchen laͤnglicht-runde, roͤthliche und wohlriechende Beerlein, ſo etwas kleiner als Erbſen ſind, erfolgen, die man in den Apothecken Carpobalſamum heiſſet. Heut zu Tage aber ſoll niemand mehr darzu kommen koͤnnen, indem auf Befehl des Tuͤrckiſchen Kayſers, als er ſich des Heiligen Landes bemaͤchtiget, alle Balſam- Straͤuchlein verſetzet, und in einen gemeinen, darzu gewiedmeten Bal- ſam-Garten zu Matara, zwey Meilen von Cairo gelegen, gebracht worden, welcher immer verſchloſſen gehalten, und von den Janitſcharen bewachet wird. Der Balſam ſelbſt wird in den heiſſen Monaten, als Junio, Julio und Auguſto geſammlet, und iſt dreyerley, indem er entweder von ſich ſelbſten aus dem Straͤuchlein rinnet, welcher Anfangs weiß, nachmalen graͤnlicht, und dann gelb werden ſoll. Oder es werden die Baͤumlein zu- vor geritzet, woraus ein etwas ſchwartzer Balſam flieſſen, und in die an- gehenckten Gefaͤſſe troͤpffeln ſoll. Uber welche 2. auch ein dergleichen Balſam aus den abgeſchnittenen und geſottenen Zweiglein kuͤnſtlicher Weiſe bereitet werden ſoll, mit welchem die vorigen vermiſchet werden. Es werden dieſem Orientaliſchen Balſam unbeſchreibliche und unver- gleichliche Tugenden zugeſchrieben, und iſt billig fuͤr diejenige Salbe in Gi- lead, deren in Heil. Schrifft gedacht wird, zu halten. Er ſtaͤrcket die Na- tur und Lebens-Geiſter, ermuntert die Sinnen, und erhaͤlt den Leib und deſſen Gliedmaſſen fuͤr Faͤulniß, weswegen er auch bey der Balſamirung der Koͤniglichen Coͤrper und zu den Mumien hauptſaͤchlich gebrauchet, und innerlich zum Theriac genommen worden: wegen ſeiner balſamiſchen Krafft aber dienet er wider die Schwind- und Lungenſucht, langwieriges Keuchen, heilet auch die Wunden. Die Frucht, oder Carpobalſamum, muß noch friſch, aromatiſch und guten Geruchs ſeyn, auch eine rauhe und mit vier Strichen unterſchie dene Schale haben. Das Balſam-Holtz, oder Xylobalſamum aber ſoll knoticht, auswendig roͤthlich und inwendig weiß, hartzigt und wohlriechend ſeyn, beyde ſind insgemein alt und verlegen. Balſa-

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Zitationshilfe: Woyt, Johann Jacob: Gazophylacium Medico-Physicum, Oder Schatz-Kammer Medicinisch- und Natürlicher Dinge. 9. Aufl. Leipzig, 1737, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/woyt_gazophylacium_1737/128>, abgerufen am 21.11.2024.