Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolfrath, Friedrich Wilhelm: Freuden der einsamen Andacht für denkende Christen. Hamburg/Kiel, 1784.

Bild:
<< vorherige Seite



guten Vaters obliegt: da, wo uns allen
ohne Unterschied die Freuden der Religion
dargeboten werden, und der den grösten
Antheil an denselben empfängt, dessen
Herz durch gottergebne Gesinnungen ihrer
am fähigsten ist; da können wir doch wohl
am leichtesten zurückekommen, von den
stolzen Einbildungen auf Reichthum und
Ehre und Macht, mit welchen wir uns,
unter äußern uns von Gott verliehenen
Vorzügen, so gern täuschen; da am leich-
testen lernen, wie wenig der auszeichnen-
de Unterschied des Vermögens und Stan-
des, uns einen höhern Rang in den Au-
gen des Gottes gebe, der über alles Sicht-
bare und Vergängliche in unendlicher Ma-
jestät erhaben ist, lernen, daß der in sei-
nen Augen
der wertheste, und daher auch
in den Augen aller guten weisen Men-
schen
der ehrwürdigste seyn müße, der
durch unverfälschte Tugend und wahre
Verdienste um seine Mitbrüder, Gott am
ähnlichsten wird: da kann sich also, der

Un-



guten Vaters obliegt: da, wo uns allen
ohne Unterſchied die Freuden der Religion
dargeboten werden, und der den gröſten
Antheil an denſelben empfängt, deſſen
Herz durch gottergebne Geſinnungen ihrer
am fähigſten iſt; da können wir doch wohl
am leichteſten zurückekommen, von den
ſtolzen Einbildungen auf Reichthum und
Ehre und Macht, mit welchen wir uns,
unter äußern uns von Gott verliehenen
Vorzügen, ſo gern täuſchen; da am leich-
teſten lernen, wie wenig der auszeichnen-
de Unterſchied des Vermögens und Stan-
des, uns einen höhern Rang in den Au-
gen des Gottes gebe, der über alles Sicht-
bare und Vergängliche in unendlicher Ma-
jeſtät erhaben iſt, lernen, daß der in ſei-
nen Augen
der wertheſte, und daher auch
in den Augen aller guten weiſen Men-
ſchen
der ehrwürdigſte ſeyn müße, der
durch unverfälſchte Tugend und wahre
Verdienſte um ſeine Mitbrüder, Gott am
ähnlichſten wird: da kann ſich alſo, der

Un-
<TEI>
  <text>
    <front>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0026" n="XXII"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
guten Vaters obliegt: da, wo uns allen<lb/>
ohne Unter&#x017F;chied die Freuden der Religion<lb/>
dargeboten werden, und <hi rendition="#fr">der</hi> den grö&#x017F;ten<lb/>
Antheil an den&#x017F;elben empfängt, de&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Herz durch gottergebne Ge&#x017F;innungen ihrer<lb/>
am fähig&#x017F;ten i&#x017F;t; da können wir doch wohl<lb/>
am leichte&#x017F;ten zurückekommen, von den<lb/>
&#x017F;tolzen Einbildungen auf Reichthum und<lb/>
Ehre und Macht, mit welchen wir uns,<lb/>
unter äußern uns von Gott verliehenen<lb/>
Vorzügen, &#x017F;o gern täu&#x017F;chen; da am leich-<lb/>
te&#x017F;ten lernen, wie wenig der auszeichnen-<lb/>
de Unter&#x017F;chied des Vermögens und Stan-<lb/>
des, uns einen höhern Rang in den Au-<lb/>
gen des Gottes gebe, der über alles Sicht-<lb/>
bare und Vergängliche in unendlicher Ma-<lb/>
je&#x017F;tät erhaben i&#x017F;t, lernen, daß <hi rendition="#fr">der in &#x017F;ei-<lb/>
nen Augen</hi> der werthe&#x017F;te, und daher auch<lb/>
in den Augen aller <hi rendition="#fr">guten wei&#x017F;en Men-<lb/>
&#x017F;chen</hi> der ehrwürdig&#x017F;te &#x017F;eyn müße, der<lb/>
durch unverfäl&#x017F;chte Tugend und wahre<lb/>
Verdien&#x017F;te um &#x017F;eine Mitbrüder, Gott am<lb/>
ähnlich&#x017F;ten wird: da kann &#x017F;ich al&#x017F;o, der<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Un-</fw><lb/></p>
      </div>
    </front>
  </text>
</TEI>
[XXII/0026] guten Vaters obliegt: da, wo uns allen ohne Unterſchied die Freuden der Religion dargeboten werden, und der den gröſten Antheil an denſelben empfängt, deſſen Herz durch gottergebne Geſinnungen ihrer am fähigſten iſt; da können wir doch wohl am leichteſten zurückekommen, von den ſtolzen Einbildungen auf Reichthum und Ehre und Macht, mit welchen wir uns, unter äußern uns von Gott verliehenen Vorzügen, ſo gern täuſchen; da am leich- teſten lernen, wie wenig der auszeichnen- de Unterſchied des Vermögens und Stan- des, uns einen höhern Rang in den Au- gen des Gottes gebe, der über alles Sicht- bare und Vergängliche in unendlicher Ma- jeſtät erhaben iſt, lernen, daß der in ſei- nen Augen der wertheſte, und daher auch in den Augen aller guten weiſen Men- ſchen der ehrwürdigſte ſeyn müße, der durch unverfälſchte Tugend und wahre Verdienſte um ſeine Mitbrüder, Gott am ähnlichſten wird: da kann ſich alſo, der Un-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW): Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolfrath_freuden_1784
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolfrath_freuden_1784/26
Zitationshilfe: Wolfrath, Friedrich Wilhelm: Freuden der einsamen Andacht für denkende Christen. Hamburg/Kiel, 1784, S. XXII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolfrath_freuden_1784/26>, abgerufen am 01.06.2024.