sre Sünden verschulden, und so viel Bedürfniße und Leiden über uns häufen, vor welchen uns die Liebe des Allgütigen, unsers Vaters, ewig be- wahren wollte, und die nur seine Gnade und Barmherzigkeit wieder von uns abwenden kann.
Daß wir noch Odem und Lebenskraft in uns fühlen; daß die Natur uns jährlich zu al- len Zeiten ihren Schooß eröffnet, uns zu näh- ren und zu ergotzen; daß jeder Sonnenstrahl uns Erquickung und Freude zuströmt; daß jede Nacht über uns zur Ruhe sich verdunkelt; daß jede freundschaftliche Verbindung mit unsern Neben- menschen, für uns eine so reiche Quelle von Freu- den wird; daß wir, in jeder Jahreszeit, in je- dem Lebensalter, in jedem Stande und Berufe, in jeder Art der irdischen Geschäfte, besondre Vortheile für uns bereitet finden: Woher wird uns dieses alles? Warum hat denn nicht viel- mehr jede sträfliche Begierde, -- deren so viele von je her in unserm Herzen aufgestiegen, genährt, zur That geworden sind, -- längst unser Herz schon mit einer tiefen peinlichen Unruhe verwun- det, die durch keine Freude des Lebens geheilt werden kann? Warum hat nicht jede ungestüme in uns wüthende Leidenschaft, längst schon unsre
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ſre Sünden verſchulden, und ſo viel Bedürfniße und Leiden über uns häufen, vor welchen uns die Liebe des Allgütigen, unſers Vaters, ewig be- wahren wollte, und die nur ſeine Gnade und Barmherzigkeit wieder von uns abwenden kann.
Daß wir noch Odem und Lebenskraft in uns fühlen; daß die Natur uns jährlich zu al- len Zeiten ihren Schooß eröffnet, uns zu näh- ren und zu ergotzen; daß jeder Sonnenſtrahl uns Erquickung und Freude zuſtrömt; daß jede Nacht über uns zur Ruhe ſich verdunkelt; daß jede freundſchaftliche Verbindung mit unſern Neben- menſchen, für uns eine ſo reiche Quelle von Freu- den wird; daß wir, in jeder Jahreszeit, in je- dem Lebensalter, in jedem Stande und Berufe, in jeder Art der irdiſchen Geſchäfte, beſondre Vortheile für uns bereitet finden: Woher wird uns dieſes alles? Warum hat denn nicht viel- mehr jede ſträfliche Begierde, — deren ſo viele von je her in unſerm Herzen aufgeſtiegen, genährt, zur That geworden ſind, — längſt unſer Herz ſchon mit einer tiefen peinlichen Unruhe verwun- det, die durch keine Freude des Lebens geheilt werden kann? Warum hat nicht jede ungeſtüme in uns wüthende Leidenſchaft, längſt ſchon unſre
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ſre Sünden verſchulden, und ſo viel Bedürfniße
und Leiden über uns häufen, vor welchen uns
die Liebe des Allgütigen, unſers Vaters, ewig be-
wahren wollte, und die nur ſeine Gnade und
Barmherzigkeit wieder von uns abwenden kann.
Daß wir noch Odem und Lebenskraft in
uns fühlen; daß die Natur uns jährlich zu al-
len Zeiten ihren Schooß eröffnet, uns zu näh-
ren und zu ergotzen; daß jeder Sonnenſtrahl uns
Erquickung und Freude zuſtrömt; daß jede Nacht
über uns zur Ruhe ſich verdunkelt; daß jede
freundſchaftliche Verbindung mit unſern Neben-
menſchen, für uns eine ſo reiche Quelle von Freu-
den wird; daß wir, in jeder Jahreszeit, in je-
dem Lebensalter, in jedem Stande und Berufe,
in jeder Art der irdiſchen Geſchäfte, beſondre
Vortheile für uns bereitet finden: Woher wird
uns dieſes alles? Warum hat denn nicht viel-
mehr jede ſträfliche Begierde, — deren ſo viele
von je her in unſerm Herzen aufgeſtiegen, genährt,
zur That geworden ſind, — längſt unſer Herz
ſchon mit einer tiefen peinlichen Unruhe verwun-
det, die durch keine Freude des Lebens geheilt
werden kann? Warum hat nicht jede ungeſtüme
in uns wüthende Leidenſchaft, längſt ſchon unſre
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Wolfrath, Friedrich Wilhelm: Freuden der einsamen Andacht für denkende Christen. Hamburg/Kiel, 1784, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolfrath_freuden_1784/173>, abgerufen am 21.11.2024.
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