Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolfrath, Friedrich Wilhelm: Freuden der einsamen Andacht für denkende Christen. Hamburg/Kiel, 1784.

Bild:
<< vorherige Seite



Ists nicht vielmehr ein Denkmal der erstaunens-
würdigsten Weisheit, durch die kleinsten, ohn-
mächtigsten Geschöpfe, die in unsern Händen
nichts vermögen, weitverbreitete Veränderungen
zu würken, ganze Menschengeschlechter und Wel-
ten zu segnen? Die Religion Jesu Christi selbst,
die Weisheit dieses Lebens, die Wegweise-
rinn zur bessern Welt, die Wonne der Ewig-
keit,
ward nicht mit lautem Gepränge vom
Thron verkündigt, sie überwältigte nicht durch Feu-
er und Schwerdt, sie setzte nicht durch künstliche
rednerische Empfelungen die Gemüther in Erstau-
nen: -- niedrige, verachtete, ungelehrte Män-
ner verkündigten sie, mit den einfachsten unge-
künsteltsten Worten; und dennoch ist sie, ange-
nommen in ganzen Welttheilen, der Segen so
vieler Jahrhunderte geworden. -- Wer darf es
wagen, zu behaupten: Gott habe in irgend einem
Fall zuviel angewandt, wo geringere Mittel
hinreichend gewesen wären? wo bessere, leichtere
Mittel mehr ausgerichtet hätten? Wer darf
fragen, warum der Sohn Gottes auf Erden
kam, die Menschen mit Gott zu versöhnen?
da uns sein Wort versichert, daß der Segen
seines Lebens und Todes, den wir hienieden er-
fahren, so unaussprechlich groß er ist, doch nur

der
F 2



Iſts nicht vielmehr ein Denkmal der erſtaunens-
würdigſten Weisheit, durch die kleinſten, ohn-
mächtigſten Geſchöpfe, die in unſern Händen
nichts vermögen, weitverbreitete Veränderungen
zu würken, ganze Menſchengeſchlechter und Wel-
ten zu ſegnen? Die Religion Jeſu Chriſti ſelbſt,
die Weisheit dieſes Lebens, die Wegweiſe-
rinn zur beſſern Welt, die Wonne der Ewig-
keit,
ward nicht mit lautem Gepränge vom
Thron verkündigt, ſie überwältigte nicht durch Feu-
er und Schwerdt, ſie ſetzte nicht durch künſtliche
redneriſche Empfelungen die Gemüther in Erſtau-
nen: — niedrige, verachtete, ungelehrte Män-
ner verkündigten ſie, mit den einfachſten unge-
künſteltſten Worten; und dennoch iſt ſie, ange-
nommen in ganzen Welttheilen, der Segen ſo
vieler Jahrhunderte geworden. — Wer darf es
wagen, zu behaupten: Gott habe in irgend einem
Fall zuviel angewandt, wo geringere Mittel
hinreichend geweſen wären? wo beſſere, leichtere
Mittel mehr ausgerichtet hätten? Wer darf
fragen, warum der Sohn Gottes auf Erden
kam, die Menſchen mit Gott zu verſöhnen?
da uns ſein Wort verſichert, daß der Segen
ſeines Lebens und Todes, den wir hienieden er-
fahren, ſo unausſprechlich groß er iſt, doch nur

der
F 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0135" n="83"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
I&#x017F;ts nicht vielmehr ein Denkmal der er&#x017F;taunens-<lb/>
würdig&#x017F;ten Weisheit, durch die klein&#x017F;ten, ohn-<lb/>
mächtig&#x017F;ten Ge&#x017F;chöpfe, die in un&#x017F;ern Händen<lb/>
nichts vermögen, weitverbreitete Veränderungen<lb/>
zu würken, ganze Men&#x017F;chenge&#x017F;chlechter und Wel-<lb/>
ten zu &#x017F;egnen? <hi rendition="#fr">Die Religion Je&#x017F;u Chri&#x017F;ti &#x017F;elb&#x017F;t,<lb/>
die Weisheit die&#x017F;es Lebens, die Wegwei&#x017F;e-<lb/>
rinn zur be&#x017F;&#x017F;ern Welt, die Wonne der Ewig-<lb/>
keit,</hi> ward nicht mit lautem Gepränge vom<lb/>
Thron verkündigt, &#x017F;ie überwältigte nicht durch Feu-<lb/>
er und Schwerdt, &#x017F;ie &#x017F;etzte nicht durch kün&#x017F;tliche<lb/>
redneri&#x017F;che Empfelungen die Gemüther in Er&#x017F;tau-<lb/>
nen: &#x2014; niedrige, verachtete, ungelehrte Män-<lb/>
ner verkündigten &#x017F;ie, mit den einfach&#x017F;ten unge-<lb/>
kün&#x017F;telt&#x017F;ten Worten; und dennoch i&#x017F;t &#x017F;ie, ange-<lb/>
nommen in ganzen Welttheilen, der Segen &#x017F;o<lb/>
vieler Jahrhunderte geworden. &#x2014; Wer darf es<lb/>
wagen, zu behaupten: Gott habe in irgend einem<lb/>
Fall zuviel angewandt, wo geringere Mittel<lb/>
hinreichend gewe&#x017F;en wären? wo be&#x017F;&#x017F;ere, leichtere<lb/>
Mittel mehr ausgerichtet hätten? Wer darf<lb/>
fragen, warum der Sohn Gottes auf Erden<lb/>
kam, die Men&#x017F;chen mit Gott zu ver&#x017F;öhnen?<lb/>
da uns &#x017F;ein Wort ver&#x017F;ichert, daß der Segen<lb/>
&#x017F;eines Lebens und Todes, den wir hienieden er-<lb/>
fahren, &#x017F;o unaus&#x017F;prechlich groß er i&#x017F;t, doch nur<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">F 2</fw><fw place="bottom" type="catch">der</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[83/0135] Iſts nicht vielmehr ein Denkmal der erſtaunens- würdigſten Weisheit, durch die kleinſten, ohn- mächtigſten Geſchöpfe, die in unſern Händen nichts vermögen, weitverbreitete Veränderungen zu würken, ganze Menſchengeſchlechter und Wel- ten zu ſegnen? Die Religion Jeſu Chriſti ſelbſt, die Weisheit dieſes Lebens, die Wegweiſe- rinn zur beſſern Welt, die Wonne der Ewig- keit, ward nicht mit lautem Gepränge vom Thron verkündigt, ſie überwältigte nicht durch Feu- er und Schwerdt, ſie ſetzte nicht durch künſtliche redneriſche Empfelungen die Gemüther in Erſtau- nen: — niedrige, verachtete, ungelehrte Män- ner verkündigten ſie, mit den einfachſten unge- künſteltſten Worten; und dennoch iſt ſie, ange- nommen in ganzen Welttheilen, der Segen ſo vieler Jahrhunderte geworden. — Wer darf es wagen, zu behaupten: Gott habe in irgend einem Fall zuviel angewandt, wo geringere Mittel hinreichend geweſen wären? wo beſſere, leichtere Mittel mehr ausgerichtet hätten? Wer darf fragen, warum der Sohn Gottes auf Erden kam, die Menſchen mit Gott zu verſöhnen? da uns ſein Wort verſichert, daß der Segen ſeines Lebens und Todes, den wir hienieden er- fahren, ſo unausſprechlich groß er iſt, doch nur der F 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW): Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolfrath_freuden_1784
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolfrath_freuden_1784/135
Zitationshilfe: Wolfrath, Friedrich Wilhelm: Freuden der einsamen Andacht für denkende Christen. Hamburg/Kiel, 1784, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolfrath_freuden_1784/135>, abgerufen am 05.12.2024.