Wolfrath, Friedrich Wilhelm: Freuden der einsamen Andacht für denkende Christen. Hamburg/Kiel, 1784.nehmlichkeit ausarten, und manchen Nach- theil veranlaßen würde, wenn wir nicht eine weise Abwechselung unter ihrem einsamen und gesellschaftlichen Genuß zu treffen wißen. Der Aufenthalt in der pa- radiesischsten Gegend, würde dem, der dar- inn auf immer von aller Gesellschaft der Menschen entfernt wäre, bald zur trauri- gen Einöde werden; und dennoch ist dem Herzen so wohl, wenn es manchmal, in der unzugänglichsten Einsamkeit, seine fro- hen Empfindungen, über die Harmonie und den Wohllaut der Natur, vor sich selbst ausschütten kann. Der Weise ent- flieht in die Einsamkeit, wenn er, für sich und seine Mitbrüder, Wahrheit erforschen, Zweifel enthüllen, Vorurtheile zerstreuen, Plane zur Beförderung der gemeinen Wohl- fart entwerfen, und Mittel zu ihrer glückli- chen Ausführung ersinnen will: und den- noch wird er nur zu leicht von seiner Ein- bildungskraft hintergangen, von seinen Zweifeln verwirrt, von neuen Vorurtheilen ge- a 5
nehmlichkeit ausarten, und manchen Nach- theil veranlaßen würde, wenn wir nicht eine weiſe Abwechſelung unter ihrem einſamen und geſellſchaftlichen Genuß zu treffen wißen. Der Aufenthalt in der pa- radieſiſchſten Gegend, würde dem, der dar- inn auf immer von aller Geſellſchaft der Menſchen entfernt wäre, bald zur trauri- gen Einöde werden; und dennoch iſt dem Herzen ſo wohl, wenn es manchmal, in der unzugänglichſten Einſamkeit, ſeine fro- hen Empfindungen, über die Harmonie und den Wohllaut der Natur, vor ſich ſelbſt ausſchütten kann. Der Weiſe ent- flieht in die Einſamkeit, wenn er, für ſich und ſeine Mitbrüder, Wahrheit erforſchen, Zweifel enthüllen, Vorurtheile zerſtreuen, Plane zur Beförderung der gemeinen Wohl- fart entwerfen, und Mittel zu ihrer glückli- chen Ausführung erſinnen will: und den- noch wird er nur zu leicht von ſeiner Ein- bildungskraft hintergangen, von ſeinen Zweifeln verwirrt, von neuen Vorurtheilen ge- a 5
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nehmlichkeit ausarten, und manchen Nach-
theil veranlaßen würde, wenn wir nicht
eine weiſe Abwechſelung unter ihrem
einſamen und geſellſchaftlichen Genuß zu
treffen wißen. Der Aufenthalt in der pa-
radieſiſchſten Gegend, würde dem, der dar-
inn auf immer von aller Geſellſchaft der
Menſchen entfernt wäre, bald zur trauri-
gen Einöde werden; und dennoch iſt dem
Herzen ſo wohl, wenn es manchmal, in
der unzugänglichſten Einſamkeit, ſeine fro-
hen Empfindungen, über die Harmonie
und den Wohllaut der Natur, vor ſich
ſelbſt ausſchütten kann. Der Weiſe ent-
flieht in die Einſamkeit, wenn er, für ſich
und ſeine Mitbrüder, Wahrheit erforſchen,
Zweifel enthüllen, Vorurtheile zerſtreuen,
Plane zur Beförderung der gemeinen Wohl-
fart entwerfen, und Mittel zu ihrer glückli-
chen Ausführung erſinnen will: und den-
noch wird er nur zu leicht von ſeiner Ein-
bildungskraft hintergangen, von ſeinen
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