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Wolfrath, Friedrich Wilhelm: Freuden der einsamen Andacht für denkende Christen. Hamburg/Kiel, 1784.

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(Es. 40, 28.) Der Herr der ewige Gott,
der die Ende der Welten erschaffen hat,
wird nie müde noch matt, seinen Rath in Ewig-
keit hinaus zu führen.

Aber darum ist auch dieser große ewige
Rath Gottes, für uns so unerforschlich: Wer
sind doch wir sterbliche Geschöpfe vom Stau-
be, gegen den Gott, der von Ewigkeit zu Ewig-
keit lebt? Nach so unzähligen, schon verfloßnen
Jahrtausenden der Zeit, betreten wir, auf
seinen Wink, diese Erde, kaum unserer selbst be-
wust; unfähig, sobald wir zur Reife unsers Ver-
standes gelangen, bis zu diesen ersten Augenblik-
ken zurückzudenken; unfähig, unser ganzes Leben
lang, einen Sch[r]itt vor uns in die Zukunft zu
sehn: die Menge unsrer Vorfahren überzählen
wir nicht; wie groß unsre Nachkommenschaft
seyn werde, wissen wir nicht; unser Leben rech-
nen wir nach Stunden, und sie entfliehn uns
unter den Händen, wie ein Traum; unsre Tage
sind kaum eine Spanne lang, unsre Jahre ver-
schwinden wie Schatten; und wenn endlich un-
sre Zeit gekommen ist, treten wir, einer nach
dem andern, von dem enge begränzten Schau-
platze der Zeit ab, um in einer andern Welt un-

auf-



(Eſ. 40, 28.) Der Herr der ewige Gott,
der die Ende der Welten erſchaffen hat,
wird nie müde noch matt, ſeinen Rath in Ewig-
keit hinaus zu führen.

Aber darum iſt auch dieſer große ewige
Rath Gottes, für uns ſo unerforſchlich: Wer
ſind doch wir ſterbliche Geſchöpfe vom Stau-
be, gegen den Gott, der von Ewigkeit zu Ewig-
keit lebt? Nach ſo unzähligen, ſchon verfloßnen
Jahrtauſenden der Zeit, betreten wir, auf
ſeinen Wink, dieſe Erde, kaum unſerer ſelbſt be-
wuſt; unfähig, ſobald wir zur Reife unſers Ver-
ſtandes gelangen, bis zu dieſen erſten Augenblik-
ken zurückzudenken; unfähig, unſer ganzes Leben
lang, einen Sch[r]itt vor uns in die Zukunft zu
ſehn: die Menge unſrer Vorfahren überzählen
wir nicht; wie groß unſre Nachkommenſchaft
ſeyn werde, wiſſen wir nicht; unſer Leben rech-
nen wir nach Stunden, und ſie entfliehn uns
unter den Händen, wie ein Traum; unſre Tage
ſind kaum eine Spanne lang, unſre Jahre ver-
ſchwinden wie Schatten; und wenn endlich un-
ſre Zeit gekommen iſt, treten wir, einer nach
dem andern, von dem enge begränzten Schau-
platze der Zeit ab, um in einer andern Welt un-

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[75/0127] (Eſ. 40, 28.) Der Herr der ewige Gott, der die Ende der Welten erſchaffen hat, wird nie müde noch matt, ſeinen Rath in Ewig- keit hinaus zu führen. Aber darum iſt auch dieſer große ewige Rath Gottes, für uns ſo unerforſchlich: Wer ſind doch wir ſterbliche Geſchöpfe vom Stau- be, gegen den Gott, der von Ewigkeit zu Ewig- keit lebt? Nach ſo unzähligen, ſchon verfloßnen Jahrtauſenden der Zeit, betreten wir, auf ſeinen Wink, dieſe Erde, kaum unſerer ſelbſt be- wuſt; unfähig, ſobald wir zur Reife unſers Ver- ſtandes gelangen, bis zu dieſen erſten Augenblik- ken zurückzudenken; unfähig, unſer ganzes Leben lang, einen Schritt vor uns in die Zukunft zu ſehn: die Menge unſrer Vorfahren überzählen wir nicht; wie groß unſre Nachkommenſchaft ſeyn werde, wiſſen wir nicht; unſer Leben rech- nen wir nach Stunden, und ſie entfliehn uns unter den Händen, wie ein Traum; unſre Tage ſind kaum eine Spanne lang, unſre Jahre ver- ſchwinden wie Schatten; und wenn endlich un- ſre Zeit gekommen iſt, treten wir, einer nach dem andern, von dem enge begränzten Schau- platze der Zeit ab, um in einer andern Welt un- auf-

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Zitationshilfe: Wolfrath, Friedrich Wilhelm: Freuden der einsamen Andacht für denkende Christen. Hamburg/Kiel, 1784, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolfrath_freuden_1784/127>, abgerufen am 05.12.2024.