und muß derowegen nach dem, was nö- thig ist die Gewalt des Feindes abzu- treiben, geschätzet werden (§. 90.). Demnach ist es nicht erlaubt die Unter- thanen dessen, der unrechtmäßiger Weise krieget, so lange sie sich aller Gewalt enthalten, und keinen Vor- satz Gewalt auszuüben zu Tage legen, zu tödten, oder auf eine andere Art wider ihren Leib zu wüten, gleichwie es auch nicht erlaubt ist die Kriegsge- fangenen, oder die sich ohne Bedin- gung ergeben haben ums Leben zu bringen, woferne nicht ein besonderes Verbrechen, wodurch sie der Todes- strafe schuldig worden wären, vorher- gegangen ist: vielweniger ist daher er- laubt diejenigen zu tödten, welche sich entweder in dem Treffen, oder in der Belagerung die Erhaltung ihres Le- bens ausgemacht haben, und muß die- se Bedingung nicht abgeschlagen wer- den. Eben dies ist von denen zu be- halten, welche in der Schlacht das Gewehr wegwerfen. Und weil das Nie- dermetzeln, wie aus angeführten erhellet, kein erlaubtes Mittel ist, wenn es etwas beyzu- tragen scheinet unser Recht wieder zu erlan- gen; so ist es nicht vergönnet Gefange- ne, solche die sich ergeben haben, oder die sich ergeben wollen, nieder zu ma- chen, oder sie an ihrem Leibe miszu-
han-
IV. Theil 8. Hauptſtuͤck.
und muß derowegen nach dem, was noͤ- thig iſt die Gewalt des Feindes abzu- treiben, geſchaͤtzet werden (§. 90.). Demnach iſt es nicht erlaubt die Unter- thanen deſſen, der unrechtmaͤßiger Weiſe krieget, ſo lange ſie ſich aller Gewalt enthalten, und keinen Vor- ſatz Gewalt auszuuͤben zu Tage legen, zu toͤdten, oder auf eine andere Art wider ihren Leib zu wuͤten, gleichwie es auch nicht erlaubt iſt die Kriegsge- fangenen, oder die ſich ohne Bedin- gung ergeben haben ums Leben zu bringen, woferne nicht ein beſonderes Verbrechen, wodurch ſie der Todes- ſtrafe ſchuldig worden waͤren, vorher- gegangen iſt: vielweniger iſt daher er- laubt diejenigen zu toͤdten, welche ſich entweder in dem Treffen, oder in der Belagerung die Erhaltung ihres Le- bens ausgemacht haben, und muß die- ſe Bedingung nicht abgeſchlagen wer- den. Eben dies iſt von denen zu be- halten, welche in der Schlacht das Gewehr wegwerfen. Und weil das Nie- dermetzeln, wie aus angefuͤhrten erhellet, kein erlaubtes Mittel iſt, wenn es etwas beyzu- tragen ſcheinet unſer Recht wieder zu erlan- gen; ſo iſt es nicht vergoͤnnet Gefange- ne, ſolche die ſich ergeben haben, oder die ſich ergeben wollen, nieder zu ma- chen, oder ſie an ihrem Leibe miszu-
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IV. Theil 8. Hauptſtuͤck.
und muß derowegen nach dem, was noͤ-
thig iſt die Gewalt des Feindes abzu-
treiben, geſchaͤtzet werden (§. 90.).
Demnach iſt es nicht erlaubt die Unter-
thanen deſſen, der unrechtmaͤßiger
Weiſe krieget, ſo lange ſie ſich aller
Gewalt enthalten, und keinen Vor-
ſatz Gewalt auszuuͤben zu Tage legen,
zu toͤdten, oder auf eine andere Art
wider ihren Leib zu wuͤten, gleichwie
es auch nicht erlaubt iſt die Kriegsge-
fangenen, oder die ſich ohne Bedin-
gung ergeben haben ums Leben zu
bringen, woferne nicht ein beſonderes
Verbrechen, wodurch ſie der Todes-
ſtrafe ſchuldig worden waͤren, vorher-
gegangen iſt: vielweniger iſt daher er-
laubt diejenigen zu toͤdten, welche ſich
entweder in dem Treffen, oder in der
Belagerung die Erhaltung ihres Le-
bens ausgemacht haben, und muß die-
ſe Bedingung nicht abgeſchlagen wer-
den. Eben dies iſt von denen zu be-
halten, welche in der Schlacht das
Gewehr wegwerfen. Und weil das Nie-
dermetzeln, wie aus angefuͤhrten erhellet, kein
erlaubtes Mittel iſt, wenn es etwas beyzu-
tragen ſcheinet unſer Recht wieder zu erlan-
gen; ſo iſt es nicht vergoͤnnet Gefange-
ne, ſolche die ſich ergeben haben, oder
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Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 876. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/912>, abgerufen am 23.11.2024.
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