vorstehendes Unrecht führen. Hieraus ist nun leicht zu erkennen, welche Beschwerden gerecht, und welche ungerecht sind. Zugleich erhellet auch, daß die Beschwerden auf- hören, wenn einem andern Volck sein Recht zugewand, des angethanen Un- rechts wegen Genüge geleistet, von dem zuzufügenden abgestanden, oder, daferne die Treue verdächtig ist, hin- längliche Sicherheit geschaffet wird. Und da man einem ieden sein Recht wieder- fahren lassen (§. 86.), auch kein Volck das andere beleidigen (§. 88.), oder mit Unrecht beladen soll (§. 1089.); so ist ein iegliches Volck verbunden die Beschwerden zu heben, wenn ein andres dergleichen wider dasselbe hat. Dieweil doch aber ein ieder von seinem Rechte nachlassen kann (§. 342.); so kann auch ein Volck, wenn es will, seine Beschwerden nachlassen. Und indem sich die Völcker unter einander des Rechts der Natur bedienen (§. 1088.); so müssen die Streitigkeiten der Völ- cker auf eben die Art beygeleget wer- den, nach welchem man die Streitig- keiten der Privatpersonen in dem na- türlichen Zustande zum Ende bringet, folglich entweder freundschaftlich, oder durch einen Vergleich, oder durch Ver- mittelung, oder durch einen Schieds- mann, und derowegen sind sie gehalten Zusammenkünfte zu halten, und in
Unter-
die Streitigkeiten der Voͤlcker beyzulegen.
vorſtehendes Unrecht fuͤhren. Hieraus iſt nun leicht zu erkennen, welche Beſchwerden gerecht, und welche ungerecht ſind. Zugleich erhellet auch, daß die Beſchwerden auf- hoͤren, wenn einem andern Volck ſein Recht zugewand, des angethanen Un- rechts wegen Genuͤge geleiſtet, von dem zuzufuͤgenden abgeſtanden, oder, daferne die Treue verdaͤchtig iſt, hin- laͤngliche Sicherheit geſchaffet wird. Und da man einem ieden ſein Recht wieder- fahren laſſen (§. 86.), auch kein Volck das andere beleidigen (§. 88.), oder mit Unrecht beladen ſoll (§. 1089.); ſo iſt ein iegliches Volck verbunden die Beſchwerden zu heben, wenn ein andres dergleichen wider daſſelbe hat. Dieweil doch aber ein ieder von ſeinem Rechte nachlaſſen kann (§. 342.); ſo kann auch ein Volck, wenn es will, ſeine Beſchwerden nachlaſſen. Und indem ſich die Voͤlcker unter einander des Rechts der Natur bedienen (§. 1088.); ſo muͤſſen die Streitigkeiten der Voͤl- cker auf eben die Art beygeleget wer- den, nach welchem man die Streitig- keiten der Privatperſonen in dem na- tuͤrlichen Zuſtande zum Ende bringet, folglich entweder freundſchaftlich, oder durch einen Vergleich, oder durch Ver- mittelung, oder durch einen Schieds- mann, und derowegen ſind ſie gehalten Zuſammenkuͤnfte zu halten, und in
Unter-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0883"n="847"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">die Streitigkeiten der Voͤlcker beyzulegen.</hi></fw><lb/>
vorſtehendes Unrecht fuͤhren. Hieraus iſt<lb/>
nun leicht zu erkennen, welche Beſchwerden<lb/>
gerecht, und welche ungerecht ſind. Zugleich<lb/>
erhellet auch, <hirendition="#fr">daß die Beſchwerden auf-<lb/>
hoͤren, wenn einem andern Volck ſein<lb/>
Recht zugewand, des angethanen Un-<lb/>
rechts wegen Genuͤge geleiſtet, von<lb/>
dem zuzufuͤgenden abgeſtanden, oder,<lb/>
daferne die Treue verdaͤchtig iſt, hin-<lb/>
laͤngliche Sicherheit geſchaffet wird.</hi><lb/>
Und da man einem ieden ſein Recht wieder-<lb/>
fahren laſſen (§. 86.), auch kein Volck das<lb/>
andere beleidigen (§. 88.), oder mit Unrecht<lb/>
beladen ſoll (§. 1089.); <hirendition="#fr">ſo iſt ein iegliches<lb/>
Volck verbunden die Beſchwerden zu<lb/>
heben, wenn ein andres dergleichen<lb/>
wider daſſelbe hat.</hi> Dieweil doch aber<lb/>
ein ieder von ſeinem Rechte nachlaſſen kann<lb/>
(§. 342.); <hirendition="#fr">ſo kann</hi> auch <hirendition="#fr">ein Volck, wenn<lb/>
es will, ſeine Beſchwerden nachlaſſen.</hi><lb/>
Und indem ſich die Voͤlcker unter einander<lb/>
des Rechts der Natur bedienen (§. 1088.);<lb/><hirendition="#fr">ſo muͤſſen die Streitigkeiten der Voͤl-<lb/>
cker auf eben die Art beygeleget wer-<lb/>
den, nach welchem man die Streitig-<lb/>
keiten der Privatperſonen in dem na-<lb/>
tuͤrlichen Zuſtande zum Ende bringet,</hi><lb/>
folglich <hirendition="#fr">entweder freundſchaftlich, oder<lb/>
durch einen Vergleich, oder durch Ver-<lb/>
mittelung, oder durch einen Schieds-<lb/>
mann,</hi> und derowegen <hirendition="#fr">ſind ſie gehalten<lb/>
Zuſammenkuͤnfte zu halten, und in</hi><lb/><fwplace="bottom"type="catch"><hirendition="#fr">Unter-</hi></fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[847/0883]
die Streitigkeiten der Voͤlcker beyzulegen.
vorſtehendes Unrecht fuͤhren. Hieraus iſt
nun leicht zu erkennen, welche Beſchwerden
gerecht, und welche ungerecht ſind. Zugleich
erhellet auch, daß die Beſchwerden auf-
hoͤren, wenn einem andern Volck ſein
Recht zugewand, des angethanen Un-
rechts wegen Genuͤge geleiſtet, von
dem zuzufuͤgenden abgeſtanden, oder,
daferne die Treue verdaͤchtig iſt, hin-
laͤngliche Sicherheit geſchaffet wird.
Und da man einem ieden ſein Recht wieder-
fahren laſſen (§. 86.), auch kein Volck das
andere beleidigen (§. 88.), oder mit Unrecht
beladen ſoll (§. 1089.); ſo iſt ein iegliches
Volck verbunden die Beſchwerden zu
heben, wenn ein andres dergleichen
wider daſſelbe hat. Dieweil doch aber
ein ieder von ſeinem Rechte nachlaſſen kann
(§. 342.); ſo kann auch ein Volck, wenn
es will, ſeine Beſchwerden nachlaſſen.
Und indem ſich die Voͤlcker unter einander
des Rechts der Natur bedienen (§. 1088.);
ſo muͤſſen die Streitigkeiten der Voͤl-
cker auf eben die Art beygeleget wer-
den, nach welchem man die Streitig-
keiten der Privatperſonen in dem na-
tuͤrlichen Zuſtande zum Ende bringet,
folglich entweder freundſchaftlich, oder
durch einen Vergleich, oder durch Ver-
mittelung, oder durch einen Schieds-
mann, und derowegen ſind ſie gehalten
Zuſammenkuͤnfte zu halten, und in
Unter-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 847. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/883>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.