sie haben will, sein Eigenthum erweisen muß (§. 262.), als welches nicht geschehen kann, wenn der Besitz von undencklichen Zei- ten her gewesen ist(possessio immemo- rialis), dessen Anfang sich nämlich niemand erinnern kann; so ist unter den Völckern eine Verjährung von undencklichen Zeiten her zu gestatten. Unterdessen weil die Völcker über Dinge, die zum gemeinen Nutzen gehören, unter einander Verträge er- richten können (§. 1091.); so wird die Ver- jährung, wenn benachbarte Völcker sich desfalls unter einander vereinigt haben, auf die Art gelten, wie es ver- glichen worden. Und daß dies geschehen mögte, erfordert der Endzweck des grössesten Staats gar sehr.
Das fünfte Hauptstück.
Von den Bündnissen und Zusa- gen ohne Vollmacht.
§. 1140.
Die höchsten Gewaltigen(potesta-Welche man Ge- waltige nennet. tes summae) werden diejenigen Per- sonen genennet, welche in einem Staat die höchste Herrschaft haben: Die kleineren Gewaltigen(potestates mino- res) sind die, welche einen Theil der Herr- schaft unter und im Nahmen der höchsten aus- üben, z. E. die Obrigkeiten und Generals.
§. 1141.
Vom Eigenthum eines Volckes.
ſie haben will, ſein Eigenthum erweiſen muß (§. 262.), als welches nicht geſchehen kann, wenn der Beſitz von undencklichen Zei- ten her geweſen iſt(poſſeſſio immemo- rialis), deſſen Anfang ſich naͤmlich niemand erinnern kann; ſo iſt unter den Voͤlckern eine Verjaͤhrung von undencklichen Zeiten her zu geſtatten. Unterdeſſen weil die Voͤlcker uͤber Dinge, die zum gemeinen Nutzen gehoͤren, unter einander Vertraͤge er- richten koͤnnen (§. 1091.); ſo wird die Ver- jaͤhrung, wenn benachbarte Voͤlcker ſich desfalls unter einander vereinigt haben, auf die Art gelten, wie es ver- glichen worden. Und daß dies geſchehen moͤgte, erfordert der Endzweck des groͤſſeſten Staats gar ſehr.
Das fuͤnfte Hauptſtuͤck.
Von den Buͤndniſſen und Zuſa- gen ohne Vollmacht.
§. 1140.
Die hoͤchſten Gewaltigen(poteſta-Welche man Ge- waltige nennet. tes ſummæ) werden diejenigen Per- ſonen genennet, welche in einem Staat die hoͤchſte Herrſchaft haben: Die kleineren Gewaltigen(poteſtates mino- res) ſind die, welche einen Theil der Herr- ſchaft unter und im Nahmen der hoͤchſten aus- uͤben, z. E. die Obrigkeiten und Generals.
§. 1141.
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Vom Eigenthum eines Volckes.
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(§. 262.), als welches nicht geſchehen kann,
wenn der Beſitz von undencklichen Zei-
ten her geweſen iſt (poſſeſſio immemo-
rialis), deſſen Anfang ſich naͤmlich niemand
erinnern kann; ſo iſt unter den Voͤlckern
eine Verjaͤhrung von undencklichen
Zeiten her zu geſtatten. Unterdeſſen weil
die Voͤlcker uͤber Dinge, die zum gemeinen
Nutzen gehoͤren, unter einander Vertraͤge er-
richten koͤnnen (§. 1091.); ſo wird die Ver-
jaͤhrung, wenn benachbarte Voͤlcker
ſich desfalls unter einander vereinigt
haben, auf die Art gelten, wie es ver-
glichen worden. Und daß dies geſchehen
moͤgte, erfordert der Endzweck des groͤſſeſten
Staats gar ſehr.
Das fuͤnfte Hauptſtuͤck.
Von den Buͤndniſſen und Zuſa-
gen ohne Vollmacht.
§. 1140.
Die hoͤchſten Gewaltigen (poteſta-
tes ſummæ) werden diejenigen Per-
ſonen genennet, welche in einem
Staat die hoͤchſte Herrſchaft haben: Die
kleineren Gewaltigen (poteſtates mino-
res) ſind die, welche einen Theil der Herr-
ſchaft unter und im Nahmen der hoͤchſten aus-
uͤben, z. E. die Obrigkeiten und Generals.
Welche
man Ge-
waltige
nennet.
§. 1141.
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Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 831. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/867>, abgerufen am 21.11.2024.
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