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Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754.

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aus der ersten Gemeinschaft
nem Vermögen stehet, daß er sich die-die man
in der
äusser-
sten Noth
dem Ei-
gen-
thums-
herrn
wegnimmt.

selben für einen billigen Preis anschaf-
fen, oder durch geleistete Arbeit er-
werben, noch auch dieselben durch
Bitten von andern erhalten kann; so
kann er im natürlichen Stande sie dem
andern, welcher sie wohl entbehren
kann, wieder sein Wissen und Willen,
ja gar mit Gewalt wegnehmen
(§. 304.).
Weil man also dieses mit Recht thut, welches
aus der Gemeinschaft der ersten Zeit übrig
ist (§. 300.); so begeht man keinen Raub
oder Diebstahl.
Denn die äusserste Noth-
wendigkeit verwandelt das Recht zu bitten in
das Recht zu zwingen, daß man es uns
gebe.

§. 306.

Weil dieses Recht, welches nur bey derVon der
natürli-
chen Ver-
bindlich-
keit, die
daher
ent-
springt.

äussersten Nothwendigkeit statt hat, nicht wei-
ter gehet, als bis auf den nothwendigen Ge-
brauch, um dessen willen es gegeben worden
ist (§. 304.); so muß eine Sache, wel-
che durch den Gebrauch nicht verzehrt
wird, nach geendigtem Gebrauch wie-
dergegeben werden; wenn sie aber
durch den Gebrauch verzehrt worden
ist, und die Nothwendigkeit auf hö-
ret, und man so viel von eben der Art,
oder etwas, das eben so viel werth ist,
wiedergeben, oder den Werth bezah-
len kann; so muß dieses geschehen.

§. 307.

aus der erſten Gemeinſchaft
nem Vermoͤgen ſtehet, daß er ſich die-die man
in der
aͤuſſer-
ſten Noth
dem Ei-
gen-
thums-
herrn
wegnim̃t.

ſelben fuͤr einen billigen Preis anſchaf-
fen, oder durch geleiſtete Arbeit er-
werben, noch auch dieſelben durch
Bitten von andern erhalten kann; ſo
kann er im natuͤrlichen Stande ſie dem
andern, welcher ſie wohl entbehren
kann, wieder ſein Wiſſen und Willen,
ja gar mit Gewalt wegnehmen
(§. 304.).
Weil man alſo dieſes mit Recht thut, welches
aus der Gemeinſchaft der erſten Zeit uͤbrig
iſt (§. 300.); ſo begeht man keinen Raub
oder Diebſtahl.
Denn die aͤuſſerſte Noth-
wendigkeit verwandelt das Recht zu bitten in
das Recht zu zwingen, daß man es uns
gebe.

§. 306.

Weil dieſes Recht, welches nur bey derVon der
natuͤrli-
chen Ver-
bindlich-
keit, die
daher
ent-
ſpringt.

aͤuſſerſten Nothwendigkeit ſtatt hat, nicht wei-
ter gehet, als bis auf den nothwendigen Ge-
brauch, um deſſen willen es gegeben worden
iſt (§. 304.); ſo muß eine Sache, wel-
che durch den Gebrauch nicht verzehrt
wird, nach geendigtem Gebrauch wie-
dergegeben werden; wenn ſie aber
durch den Gebrauch verzehrt worden
iſt, und die Nothwendigkeit auf hoͤ-
ret, und man ſo viel von eben der Art,
oder etwas, das eben ſo viel werth iſt,
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len kann; ſo muß dieſes geſchehen.

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[189/0225] aus der erſten Gemeinſchaft nem Vermoͤgen ſtehet, daß er ſich die- ſelben fuͤr einen billigen Preis anſchaf- fen, oder durch geleiſtete Arbeit er- werben, noch auch dieſelben durch Bitten von andern erhalten kann; ſo kann er im natuͤrlichen Stande ſie dem andern, welcher ſie wohl entbehren kann, wieder ſein Wiſſen und Willen, ja gar mit Gewalt wegnehmen (§. 304.). Weil man alſo dieſes mit Recht thut, welches aus der Gemeinſchaft der erſten Zeit uͤbrig iſt (§. 300.); ſo begeht man keinen Raub oder Diebſtahl. Denn die aͤuſſerſte Noth- wendigkeit verwandelt das Recht zu bitten in das Recht zu zwingen, daß man es uns gebe. die man in der aͤuſſer- ſten Noth dem Ei- gen- thums- herrn wegnim̃t. §. 306. Weil dieſes Recht, welches nur bey der aͤuſſerſten Nothwendigkeit ſtatt hat, nicht wei- ter gehet, als bis auf den nothwendigen Ge- brauch, um deſſen willen es gegeben worden iſt (§. 304.); ſo muß eine Sache, wel- che durch den Gebrauch nicht verzehrt wird, nach geendigtem Gebrauch wie- dergegeben werden; wenn ſie aber durch den Gebrauch verzehrt worden iſt, und die Nothwendigkeit auf hoͤ- ret, und man ſo viel von eben der Art, oder etwas, das eben ſo viel werth iſt, wiedergeben, oder den Werth bezah- len kann; ſo muß dieſes geſchehen. Von der natuͤrli- chen Ver- bindlich- keit, die daher ent- ſpringt. §. 307.

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Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/225>, abgerufen am 27.04.2024.