verlohrne Sache hat wieder bekommen kön- nen, zu bemerken hat, ist daraus klar, was wir erst von dem Besitzer einer einem andern zugehörigen Sache bewiesen haben; denn die Ersetzung der Unkosten gründet sich dar- auf, was einer auf eines andern Sache ge- wandt hat.
§. 286.
Vom Betrug sowohl dem vor- sätzlichen, als dem ohne Vorwis- sen ge- schehe- nen.
Man sagt einer betriege den andern (alterum defraudare) wer mit Wissen und Willen entweder mit der That oder mit Wor- ten, den andern um das Seine bringet, oder was er ihm schuldig ist. Der Betrug ist also eine Handlung, durch welche man dem andern, mit dem wir zu thun haben, ohne daß er es weiß, im Schaden bringet. Wenn dieses mit Wissen und Willen geschieht, so ist es ein vorbedachter, oder vorsätzli- cher Betrug(fraus consilii): geschiehet es aber unwissende, als wenn einer einen un- echten Edelstein, anstatt eines echten, oh- ne daß er es weiß, verkauft, so ist es ein un- wissender, oder unvorsetzlicher Betrug (fraus eventus). Da man niemanden weder vorsetzlicher, noch unvorsetzlicher Weise in Schaden bringen soll (§. 269.); so darf man auch niemanden betriegen, und ist ein- jeder vorbedachter Betrug unerlaubt. Weil aber auch der Schade, in welchen man einen bringet, ersetzet werden muß (§. 270.); so muß nicht nur dasjenige, warum der andere betrogen ist, wieder gege-
ben,
II. Th. 3. H. Von Recht und Verbindl.
verlohrne Sache hat wieder bekommen koͤn- nen, zu bemerken hat, iſt daraus klar, was wir erſt von dem Beſitzer einer einem andern zugehoͤrigen Sache bewieſen haben; denn die Erſetzung der Unkoſten gruͤndet ſich dar- auf, was einer auf eines andern Sache ge- wandt hat.
§. 286.
Vom Betrug ſowohl dem vor- ſaͤtzlichen, als dem ohne Vorwiſ- ſen ge- ſchehe- nen.
Man ſagt einer betriege den andern (alterum defraudare) wer mit Wiſſen und Willen entweder mit der That oder mit Wor- ten, den andern um das Seine bringet, oder was er ihm ſchuldig iſt. Der Betrug iſt alſo eine Handlung, durch welche man dem andern, mit dem wir zu thun haben, ohne daß er es weiß, im Schaden bringet. Wenn dieſes mit Wiſſen und Willen geſchieht, ſo iſt es ein vorbedachter, oder vorſaͤtzli- cher Betrug(fraus conſilii): geſchiehet es aber unwiſſende, als wenn einer einen un- echten Edelſtein, anſtatt eines echten, oh- ne daß er es weiß, verkauft, ſo iſt es ein un- wiſſender, oder unvorſetzlicher Betrug (fraus eventus). Da man niemanden weder vorſetzlicher, noch unvorſetzlicher Weiſe in Schaden bringen ſoll (§. 269.); ſo darf man auch niemanden betriegen, und iſt ein- jeder vorbedachter Betrug unerlaubt. Weil aber auch der Schade, in welchen man einen bringet, erſetzet werden muß (§. 270.); ſo muß nicht nur dasjenige, warum der andere betrogen iſt, wieder gege-
ben,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0214"n="178"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">II.</hi> Th. 3. H. Von Recht und Verbindl.</hi></fw><lb/>
verlohrne Sache hat wieder bekommen koͤn-<lb/>
nen, zu bemerken hat, iſt daraus klar, was<lb/>
wir erſt von dem Beſitzer einer einem andern<lb/>
zugehoͤrigen Sache bewieſen haben; denn<lb/>
die Erſetzung der Unkoſten gruͤndet ſich dar-<lb/>
auf, was einer auf eines andern Sache ge-<lb/>
wandt hat.</p></div><lb/><divn="4"><head>§. 286.</head><lb/><noteplace="left">Vom<lb/>
Betrug<lb/>ſowohl<lb/>
dem vor-<lb/>ſaͤtzlichen,<lb/>
als dem<lb/>
ohne<lb/>
Vorwiſ-<lb/>ſen ge-<lb/>ſchehe-<lb/>
nen.</note><p>Man ſagt <hirendition="#fr">einer betriege den andern</hi><lb/><hirendition="#aq">(alterum defraudare)</hi> wer mit Wiſſen und<lb/>
Willen entweder mit der That oder mit Wor-<lb/>
ten, den andern um das Seine bringet, oder<lb/>
was er ihm ſchuldig iſt. <hirendition="#fr">Der Betrug</hi> iſt<lb/>
alſo eine Handlung, durch welche man dem<lb/>
andern, mit dem wir zu thun haben, ohne<lb/>
daß er es weiß, im Schaden bringet. Wenn<lb/>
dieſes mit Wiſſen und Willen geſchieht, ſo<lb/>
iſt es <hirendition="#fr">ein vorbedachter,</hi> oder <hirendition="#fr">vorſaͤtzli-<lb/>
cher Betrug</hi><hirendition="#aq">(fraus conſilii):</hi> geſchiehet es<lb/>
aber unwiſſende, als wenn einer einen un-<lb/>
echten Edelſtein, anſtatt eines echten, oh-<lb/>
ne daß er es weiß, verkauft, ſo iſt es <hirendition="#fr">ein un-<lb/>
wiſſender,</hi> oder <hirendition="#fr">unvorſetzlicher Betrug</hi><lb/><hirendition="#aq">(fraus eventus).</hi> Da man niemanden weder<lb/>
vorſetzlicher, noch unvorſetzlicher Weiſe in<lb/>
Schaden bringen ſoll (§. 269.); ſo <hirendition="#fr">darf man</hi><lb/>
auch <hirendition="#fr">niemanden betriegen, und iſt ein-<lb/>
jeder vorbedachter Betrug unerlaubt.</hi><lb/>
Weil aber auch der Schade, in welchen man<lb/>
einen bringet, erſetzet werden muß (§. 270.);<lb/>ſo <hirendition="#fr">muß nicht nur dasjenige, warum<lb/>
der andere betrogen iſt, wieder gege-</hi><lb/><fwplace="bottom"type="catch"><hirendition="#fr">ben,</hi></fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[178/0214]
II. Th. 3. H. Von Recht und Verbindl.
verlohrne Sache hat wieder bekommen koͤn-
nen, zu bemerken hat, iſt daraus klar, was
wir erſt von dem Beſitzer einer einem andern
zugehoͤrigen Sache bewieſen haben; denn
die Erſetzung der Unkoſten gruͤndet ſich dar-
auf, was einer auf eines andern Sache ge-
wandt hat.
§. 286.
Man ſagt einer betriege den andern
(alterum defraudare) wer mit Wiſſen und
Willen entweder mit der That oder mit Wor-
ten, den andern um das Seine bringet, oder
was er ihm ſchuldig iſt. Der Betrug iſt
alſo eine Handlung, durch welche man dem
andern, mit dem wir zu thun haben, ohne
daß er es weiß, im Schaden bringet. Wenn
dieſes mit Wiſſen und Willen geſchieht, ſo
iſt es ein vorbedachter, oder vorſaͤtzli-
cher Betrug (fraus conſilii): geſchiehet es
aber unwiſſende, als wenn einer einen un-
echten Edelſtein, anſtatt eines echten, oh-
ne daß er es weiß, verkauft, ſo iſt es ein un-
wiſſender, oder unvorſetzlicher Betrug
(fraus eventus). Da man niemanden weder
vorſetzlicher, noch unvorſetzlicher Weiſe in
Schaden bringen ſoll (§. 269.); ſo darf man
auch niemanden betriegen, und iſt ein-
jeder vorbedachter Betrug unerlaubt.
Weil aber auch der Schade, in welchen man
einen bringet, erſetzet werden muß (§. 270.);
ſo muß nicht nur dasjenige, warum
der andere betrogen iſt, wieder gege-
ben,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/214>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.