Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Caspar Friedrich: Theorie von der Generation. Berlin, 1764.

Bild:
<< vorherige Seite

des Herrn Bonnet.
so gut, als ich Sie kenne mein Freund; und ich
weis auch, wie die innere glatte Membran der Ge-
fäße, imgleichen wie die äußere dicke Haut dersel-
ben unter dem Mikroscop aussieht. Wenn ich
nun also einen kleinen Theil aus der Substanz des
Uteri, worin sich mein Gefäß befindet, heraus-
schneide, ihn unter dem Mikroscop bringe, der
Länge nach zerschneide, und die innere Fläche mei-
nes Gefäßes untersuche; alsdann aber finde, daß
die Substanz, die diese innere Fläche ausmacht,
nach allen Kennzeichen und Eigenschaften eben die-
selbe bloße reine Substanz ist, die ich als die Sub-
stanz des Uteri beschrieben habe; so kann ich ja noth-
wendig am Ende nichts anders, als ich muß den
Ausspruch thun; die Substanz des Uteri selbst
terminirt rings herum die Höle des Gefäßes; die-
se Höle hat um sich keine andere besondere Substanz,
wodurch sie eingeschloßen ist, die von der Substanz
des Uteri verschieden wäre; Sie hat also keine ei-
gene Haut, und das ganze Gefäß ist weiter nichts
als eine bloße Höle.

Mir selbst ist übrigens dieser Begriff von den
Gefäßen anfänglich, nachdem ich ihn mir aus vie-
lerley Erfahrungen herausgebracht hatte, paradox
vorgekommen. Man stellt sich gemeiniglich die
Gefäße als Röhren vor, die vor sich ohne der
Substanz des Theiles, darin sie befindlich sind,
besonders bestehn, und die nur von dem Zellenge-
webe umgeben sind, und in demselben eingewickelt
liegen. Das sind sie aber eigentlich nicht; sie sind,

auch
J

des Herrn Bonnet.
ſo gut, als ich Sie kenne mein Freund; und ich
weis auch, wie die innere glatte Membran der Ge-
faͤße, imgleichen wie die aͤußere dicke Haut derſel-
ben unter dem Mikroſcop ausſieht. Wenn ich
nun alſo einen kleinen Theil aus der Subſtanz des
Uteri, worin ſich mein Gefaͤß befindet, heraus-
ſchneide, ihn unter dem Mikroſcop bringe, der
Laͤnge nach zerſchneide, und die innere Flaͤche mei-
nes Gefaͤßes unterſuche; alsdann aber finde, daß
die Subſtanz, die dieſe innere Flaͤche ausmacht,
nach allen Kennzeichen und Eigenſchaften eben die-
ſelbe bloße reine Subſtanz iſt, die ich als die Sub-
ſtanz des Uteri beſchrieben habe; ſo kann ich ja noth-
wendig am Ende nichts anders, als ich muß den
Ausſpruch thun; die Subſtanz des Uteri ſelbſt
terminirt rings herum die Hoͤle des Gefaͤßes; die-
ſe Hoͤle hat um ſich keine andere beſondere Subſtanz,
wodurch ſie eingeſchloßen iſt, die von der Subſtanz
des Uteri verſchieden waͤre; Sie hat alſo keine ei-
gene Haut, und das ganze Gefaͤß iſt weiter nichts
als eine bloße Hoͤle.

Mir ſelbſt iſt uͤbrigens dieſer Begriff von den
Gefaͤßen anfaͤnglich, nachdem ich ihn mir aus vie-
lerley Erfahrungen herausgebracht hatte, paradox
vorgekommen. Man ſtellt ſich gemeiniglich die
Gefaͤße als Roͤhren vor, die vor ſich ohne der
Subſtanz des Theiles, darin ſie befindlich ſind,
beſonders beſtehn, und die nur von dem Zellenge-
webe umgeben ſind, und in demſelben eingewickelt
liegen. Das ſind ſie aber eigentlich nicht; ſie ſind,

auch
J
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0151" n="129"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">des Herrn Bonnet.</hi></fw><lb/>
&#x017F;o gut, als ich Sie kenne mein Freund; und ich<lb/>
weis auch, wie die innere glatte Membran der Ge-<lb/>
fa&#x0364;ße, imgleichen wie die a&#x0364;ußere dicke Haut der&#x017F;el-<lb/>
ben unter dem Mikro&#x017F;cop aus&#x017F;ieht. Wenn ich<lb/>
nun al&#x017F;o einen kleinen Theil aus der Sub&#x017F;tanz des<lb/><hi rendition="#aq">Uteri,</hi> worin &#x017F;ich mein Gefa&#x0364;ß befindet, heraus-<lb/>
&#x017F;chneide, ihn unter dem Mikro&#x017F;cop bringe, der<lb/>
La&#x0364;nge nach zer&#x017F;chneide, und die innere Fla&#x0364;che mei-<lb/>
nes Gefa&#x0364;ßes unter&#x017F;uche; alsdann aber finde, daß<lb/>
die Sub&#x017F;tanz, die die&#x017F;e innere Fla&#x0364;che ausmacht,<lb/>
nach allen Kennzeichen und Eigen&#x017F;chaften eben die-<lb/>
&#x017F;elbe bloße reine Sub&#x017F;tanz i&#x017F;t, die ich als die Sub-<lb/>
&#x017F;tanz des <hi rendition="#aq">Uteri</hi> be&#x017F;chrieben habe; &#x017F;o kann ich ja noth-<lb/>
wendig am Ende nichts anders, als ich muß den<lb/>
Aus&#x017F;pruch thun; die Sub&#x017F;tanz des <hi rendition="#aq">Uteri</hi> &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
terminirt rings herum die Ho&#x0364;le des Gefa&#x0364;ßes; die-<lb/>
&#x017F;e Ho&#x0364;le hat um &#x017F;ich keine andere be&#x017F;ondere Sub&#x017F;tanz,<lb/>
wodurch &#x017F;ie einge&#x017F;chloßen i&#x017F;t, die von der Sub&#x017F;tanz<lb/>
des <hi rendition="#aq">Uteri</hi> ver&#x017F;chieden wa&#x0364;re; Sie hat al&#x017F;o keine ei-<lb/>
gene Haut, und das ganze Gefa&#x0364;ß i&#x017F;t weiter nichts<lb/>
als eine bloße Ho&#x0364;le.</p><lb/>
            <p>Mir &#x017F;elb&#x017F;t i&#x017F;t u&#x0364;brigens die&#x017F;er Begriff von den<lb/>
Gefa&#x0364;ßen anfa&#x0364;nglich, nachdem ich ihn mir aus vie-<lb/>
lerley Erfahrungen herausgebracht hatte, paradox<lb/>
vorgekommen. Man &#x017F;tellt &#x017F;ich gemeiniglich die<lb/>
Gefa&#x0364;ße als Ro&#x0364;hren vor, die vor &#x017F;ich ohne der<lb/>
Sub&#x017F;tanz des Theiles, darin &#x017F;ie befindlich &#x017F;ind,<lb/>
be&#x017F;onders be&#x017F;tehn, und die nur von dem Zellenge-<lb/>
webe umgeben &#x017F;ind, und in dem&#x017F;elben eingewickelt<lb/>
liegen. Das &#x017F;ind &#x017F;ie aber eigentlich nicht; &#x017F;ie &#x017F;ind,<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">J</fw><fw place="bottom" type="catch">auch</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[129/0151] des Herrn Bonnet. ſo gut, als ich Sie kenne mein Freund; und ich weis auch, wie die innere glatte Membran der Ge- faͤße, imgleichen wie die aͤußere dicke Haut derſel- ben unter dem Mikroſcop ausſieht. Wenn ich nun alſo einen kleinen Theil aus der Subſtanz des Uteri, worin ſich mein Gefaͤß befindet, heraus- ſchneide, ihn unter dem Mikroſcop bringe, der Laͤnge nach zerſchneide, und die innere Flaͤche mei- nes Gefaͤßes unterſuche; alsdann aber finde, daß die Subſtanz, die dieſe innere Flaͤche ausmacht, nach allen Kennzeichen und Eigenſchaften eben die- ſelbe bloße reine Subſtanz iſt, die ich als die Sub- ſtanz des Uteri beſchrieben habe; ſo kann ich ja noth- wendig am Ende nichts anders, als ich muß den Ausſpruch thun; die Subſtanz des Uteri ſelbſt terminirt rings herum die Hoͤle des Gefaͤßes; die- ſe Hoͤle hat um ſich keine andere beſondere Subſtanz, wodurch ſie eingeſchloßen iſt, die von der Subſtanz des Uteri verſchieden waͤre; Sie hat alſo keine ei- gene Haut, und das ganze Gefaͤß iſt weiter nichts als eine bloße Hoͤle. Mir ſelbſt iſt uͤbrigens dieſer Begriff von den Gefaͤßen anfaͤnglich, nachdem ich ihn mir aus vie- lerley Erfahrungen herausgebracht hatte, paradox vorgekommen. Man ſtellt ſich gemeiniglich die Gefaͤße als Roͤhren vor, die vor ſich ohne der Subſtanz des Theiles, darin ſie befindlich ſind, beſonders beſtehn, und die nur von dem Zellenge- webe umgeben ſind, und in demſelben eingewickelt liegen. Das ſind ſie aber eigentlich nicht; ſie ſind, auch J

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_theorie_1764
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_theorie_1764/151
Zitationshilfe: Wolff, Caspar Friedrich: Theorie von der Generation. Berlin, 1764, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_theorie_1764/151>, abgerufen am 22.11.2024.