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Wolff, Caspar Friedrich: Theorie von der Generation. Berlin, 1764.

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Körper und auch bey den Pflanzen (man sehe hier-
von meine Dissertation, wo ich diese Sache aus
ihren Gründen vorgetragen habe §. 237.): Die
Gefäße des Theiles entstehen allemahl aus
den Gefäßen des Gantzen; niemahls
umgekehrt.
Man wird auch leicht einse-
hen, daß eine unumgängliche Nothwendigkeit
dieses so mit sich bringt. Da nun also der Em-
bryo ein Theil des Gelben ist, der innerhalb der
äußern Membran des Gelben, so wie das Ey im
Eyerstocke, so wie der Lobus pulmonis in der Lun-
ge, und wie ein Glomer in der Glandula conglo-
merata,
eingeschloßen liegt; und da ferner das Ey
ein Theil des Eyerstocks ist; so müssen die ei-
gentlichen Gefäße des Eyes, wodurch es nu-
trirt wird, aus den Gefäßen des Eyersto-
ckes, und sie können keinesweges aus den
Gefäßen des Embryo entspringen.
Sollte
also der Herr von Haller, der die allgemeine Re-
geln der Einrichtung des thierischen Körpers so
wohl kennt, nicht eben so denken? Jch bin ver-
sichert, daß Er, wenn ich Jhn nur an diese Gründe,
die ich vorgetragen habe, und die Jhm alle sehr
wohl bekannt sind, erinnern könnte, mir bald voll-
kommen Recht geben, und das Argument von der
Continuation wieder fahren lassen würde. Vom
Herren Bonnet kann ich eben dasselbe nicht hof-
fen. Er scheint mir, wie viele, die sich für Phy-
siologen halten, von einer solchen Kenntniß der
Natur der Thiere sehr entfernt zu seyn.

Der
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des Herrn Bonnet.
Koͤrper und auch bey den Pflanzen (man ſehe hier-
von meine Diſſertation, wo ich dieſe Sache aus
ihren Gruͤnden vorgetragen habe §. 237.): Die
Gefaͤße des Theiles entſtehen allemahl aus
den Gefaͤßen des Gantzen; niemahls
umgekehrt.
Man wird auch leicht einſe-
hen, daß eine unumgaͤngliche Nothwendigkeit
dieſes ſo mit ſich bringt. Da nun alſo der Em-
bryo ein Theil des Gelben iſt, der innerhalb der
aͤußern Membran des Gelben, ſo wie das Ey im
Eyerſtocke, ſo wie der Lobus pulmonis in der Lun-
ge, und wie ein Glomer in der Glandula conglo-
merata,
eingeſchloßen liegt; und da ferner das Ey
ein Theil des Eyerſtocks iſt; ſo muͤſſen die ei-
gentlichen Gefaͤße des Eyes, wodurch es nu-
trirt wird, aus den Gefaͤßen des Eyerſto-
ckes, und ſie koͤnnen keinesweges aus den
Gefaͤßen des Embryo entſpringen.
Sollte
alſo der Herr von Haller, der die allgemeine Re-
geln der Einrichtung des thieriſchen Koͤrpers ſo
wohl kennt, nicht eben ſo denken? Jch bin ver-
ſichert, daß Er, wenn ich Jhn nur an dieſe Gruͤnde,
die ich vorgetragen habe, und die Jhm alle ſehr
wohl bekannt ſind, erinnern koͤnnte, mir bald voll-
kommen Recht geben, und das Argument von der
Continuation wieder fahren laſſen wuͤrde. Vom
Herren Bonnet kann ich eben daſſelbe nicht hof-
fen. Er ſcheint mir, wie viele, die ſich fuͤr Phy-
ſiologen halten, von einer ſolchen Kenntniß der
Natur der Thiere ſehr entfernt zu ſeyn.

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[117/0139] des Herrn Bonnet. Koͤrper und auch bey den Pflanzen (man ſehe hier- von meine Diſſertation, wo ich dieſe Sache aus ihren Gruͤnden vorgetragen habe §. 237.): Die Gefaͤße des Theiles entſtehen allemahl aus den Gefaͤßen des Gantzen; niemahls umgekehrt. Man wird auch leicht einſe- hen, daß eine unumgaͤngliche Nothwendigkeit dieſes ſo mit ſich bringt. Da nun alſo der Em- bryo ein Theil des Gelben iſt, der innerhalb der aͤußern Membran des Gelben, ſo wie das Ey im Eyerſtocke, ſo wie der Lobus pulmonis in der Lun- ge, und wie ein Glomer in der Glandula conglo- merata, eingeſchloßen liegt; und da ferner das Ey ein Theil des Eyerſtocks iſt; ſo muͤſſen die ei- gentlichen Gefaͤße des Eyes, wodurch es nu- trirt wird, aus den Gefaͤßen des Eyerſto- ckes, und ſie koͤnnen keinesweges aus den Gefaͤßen des Embryo entſpringen. Sollte alſo der Herr von Haller, der die allgemeine Re- geln der Einrichtung des thieriſchen Koͤrpers ſo wohl kennt, nicht eben ſo denken? Jch bin ver- ſichert, daß Er, wenn ich Jhn nur an dieſe Gruͤnde, die ich vorgetragen habe, und die Jhm alle ſehr wohl bekannt ſind, erinnern koͤnnte, mir bald voll- kommen Recht geben, und das Argument von der Continuation wieder fahren laſſen wuͤrde. Vom Herren Bonnet kann ich eben daſſelbe nicht hof- fen. Er ſcheint mir, wie viele, die ſich fuͤr Phy- ſiologen halten, von einer ſolchen Kenntniß der Natur der Thiere ſehr entfernt zu ſeyn. Der H 3

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Zitationshilfe: Wolff, Caspar Friedrich: Theorie von der Generation. Berlin, 1764, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_theorie_1764/139>, abgerufen am 25.11.2024.