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Wolff, Caspar Friedrich: Theorie von der Generation. Berlin, 1764.

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des Herrn Bonnet.
Gedärme und in das Peritonäum, und die inner-
ste Haut desselben in die zottigte Haut (villosam) der
Gedärme; daß also überhaupt und kurz das Gelbe
des Eyes in den Embryo continuirt; kann man,
sage ich, daraus schließen, daß beyde Stücke, das
Ey und der Embryo deswegen nothwendig zu-
gleich, es sey zu welcher Zeit es wolle, vor oder
nach dem Beyschlaf oder bey der Schöpfung, zu
existiren haben anfangen müssen? Würde ich nicht
auch schließen müssen, wenn ich behaupte, daß
die Flügel und Füße aus dem vorhergehenden Rück-
grad abgesondert werden, so daß sie nachhero, be-
sonders wenn sie in der Folge beyde ihre äußerliche
gemeinschaftliche Haut bekommen haben, wenig-
stens dem äußern Ansehen nach als ein einziger
fortgesetzter Theil aussehn, daß auch die Flügel
und Füße mit dem Rückgrad zugleich zu existiren
haben anfangen müssen, und daß das eine ohne
dem andern nicht habe bestehen können? Allein
folgt dieses? Kann nicht ganz natürlicher Weise
der Rückgrad eher existirt haben? und kann dieser
nicht, nachdem er eine Zeitlang allein existirt hat,
eine flüßige Substanz seitwärts abgesondert haben,
die, indem sie solide wird und in Flügel übergeht,
auch überdem in der Folge noch erst durch ein Aus-
schwitzen mit dem Rückgrad zugleich eine gemein-
schaftliche Haut bekommt; vollkommen, ich will
nicht sagen nur äußerlich, sondern vollkommen
das Ansehen haben könnte, als wenn sie mit dem
Rückgrad ein einziger continuirter Theil wäre?
Jch sehe gar nicht den Zusammenhang zwischen

die-
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des Herrn Bonnet.
Gedaͤrme und in das Peritonaͤum, und die inner-
ſte Haut deſſelben in die zottigte Haut (villoſam) der
Gedaͤrme; daß alſo uͤberhaupt und kurz das Gelbe
des Eyes in den Embryo continuirt; kann man,
ſage ich, daraus ſchließen, daß beyde Stuͤcke, das
Ey und der Embryo deswegen nothwendig zu-
gleich, es ſey zu welcher Zeit es wolle, vor oder
nach dem Beyſchlaf oder bey der Schoͤpfung, zu
exiſtiren haben anfangen muͤſſen? Wuͤrde ich nicht
auch ſchließen muͤſſen, wenn ich behaupte, daß
die Fluͤgel und Fuͤße aus dem vorhergehenden Ruͤck-
grad abgeſondert werden, ſo daß ſie nachhero, be-
ſonders wenn ſie in der Folge beyde ihre aͤußerliche
gemeinſchaftliche Haut bekommen haben, wenig-
ſtens dem aͤußern Anſehen nach als ein einziger
fortgeſetzter Theil ausſehn, daß auch die Fluͤgel
und Fuͤße mit dem Ruͤckgrad zugleich zu exiſtiren
haben anfangen muͤſſen, und daß das eine ohne
dem andern nicht habe beſtehen koͤnnen? Allein
folgt dieſes? Kann nicht ganz natuͤrlicher Weiſe
der Ruͤckgrad eher exiſtirt haben? und kann dieſer
nicht, nachdem er eine Zeitlang allein exiſtirt hat,
eine fluͤßige Subſtanz ſeitwaͤrts abgeſondert haben,
die, indem ſie ſolide wird und in Fluͤgel uͤbergeht,
auch uͤberdem in der Folge noch erſt durch ein Aus-
ſchwitzen mit dem Ruͤckgrad zugleich eine gemein-
ſchaftliche Haut bekommt; vollkommen, ich will
nicht ſagen nur aͤußerlich, ſondern vollkommen
das Anſehen haben koͤnnte, als wenn ſie mit dem
Ruͤckgrad ein einziger continuirter Theil waͤre?
Jch ſehe gar nicht den Zuſammenhang zwiſchen

die-
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[105/0127] des Herrn Bonnet. Gedaͤrme und in das Peritonaͤum, und die inner- ſte Haut deſſelben in die zottigte Haut (villoſam) der Gedaͤrme; daß alſo uͤberhaupt und kurz das Gelbe des Eyes in den Embryo continuirt; kann man, ſage ich, daraus ſchließen, daß beyde Stuͤcke, das Ey und der Embryo deswegen nothwendig zu- gleich, es ſey zu welcher Zeit es wolle, vor oder nach dem Beyſchlaf oder bey der Schoͤpfung, zu exiſtiren haben anfangen muͤſſen? Wuͤrde ich nicht auch ſchließen muͤſſen, wenn ich behaupte, daß die Fluͤgel und Fuͤße aus dem vorhergehenden Ruͤck- grad abgeſondert werden, ſo daß ſie nachhero, be- ſonders wenn ſie in der Folge beyde ihre aͤußerliche gemeinſchaftliche Haut bekommen haben, wenig- ſtens dem aͤußern Anſehen nach als ein einziger fortgeſetzter Theil ausſehn, daß auch die Fluͤgel und Fuͤße mit dem Ruͤckgrad zugleich zu exiſtiren haben anfangen muͤſſen, und daß das eine ohne dem andern nicht habe beſtehen koͤnnen? Allein folgt dieſes? Kann nicht ganz natuͤrlicher Weiſe der Ruͤckgrad eher exiſtirt haben? und kann dieſer nicht, nachdem er eine Zeitlang allein exiſtirt hat, eine fluͤßige Subſtanz ſeitwaͤrts abgeſondert haben, die, indem ſie ſolide wird und in Fluͤgel uͤbergeht, auch uͤberdem in der Folge noch erſt durch ein Aus- ſchwitzen mit dem Ruͤckgrad zugleich eine gemein- ſchaftliche Haut bekommt; vollkommen, ich will nicht ſagen nur aͤußerlich, ſondern vollkommen das Anſehen haben koͤnnte, als wenn ſie mit dem Ruͤckgrad ein einziger continuirter Theil waͤre? Jch ſehe gar nicht den Zuſammenhang zwiſchen die- G 5

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Zitationshilfe: Wolff, Caspar Friedrich: Theorie von der Generation. Berlin, 1764, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_theorie_1764/127>, abgerufen am 18.05.2024.