F. v. W. [Margarethe von Wolff]: Gemüth und Selbstsucht. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 16. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–86. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.französischen Handelshauses den größten Theil seines Vermögens verloren hat. Sophie erbleichte und schwieg lange, endlich entgegnete sie: R. ist Ihnen hinlänglich bekannt geworden, damit Sie sich sagen können, nie hätte ein Verlust der Art Jemanden unglücklicher betreffen können. Die liebenswürdigen Eigenschaften, welche ihn auszeichnen, würden bei erzwungener Abhängigkeit zu Grunde gehen. Sternheim, ich wende mich an Sie mit dem Vertrauen einer Schwester, helfen Sie mir mit ihrem Einflusse, mit Ihrer guten Gesinnung. Sie wissen, daß ich durch das Vermächtniß meiner Tante im Stande sein werde, R.'s Verlust zu ersetzen, bereden Sie mit mir meinen Vater, daß er es gestatte, aber nie, nie darf R. es erfahren, der sich leider um seine Angelegenheiten nur zu wenig bekümmert. Wollen Sie mir helfen? -- Sternheim ward so blaß, daß selbst seine Lippen erbleichten, dann wieder goß helle Röthe sich über sein Antlitz, und er entgegnete freundlich: Ich verspreche es Ihnen, wenn Sie es verlangen, aber gerne möchte ich in dieser Angelegenheit Ihre Stelle vertreten. Ich bin sehr bemittelt, der Einzige meines Namens, und stehe ganz allein in der Welt, für wen sollte ich sparen? -- Für wen? für Ihre Frau. -- Er schüttelte den Kopf und sagte ernst: Ich werde schwerlich jemals heirathen. Nehmen Sie denn diese Summe als ein Darlehen von mir an, und im Falle meiner Verheirathung will ich als Ihr Gläubiger vor Ihnen erscheinen. Sophie stand lebhaft französischen Handelshauses den größten Theil seines Vermögens verloren hat. Sophie erbleichte und schwieg lange, endlich entgegnete sie: R. ist Ihnen hinlänglich bekannt geworden, damit Sie sich sagen können, nie hätte ein Verlust der Art Jemanden unglücklicher betreffen können. Die liebenswürdigen Eigenschaften, welche ihn auszeichnen, würden bei erzwungener Abhängigkeit zu Grunde gehen. Sternheim, ich wende mich an Sie mit dem Vertrauen einer Schwester, helfen Sie mir mit ihrem Einflusse, mit Ihrer guten Gesinnung. Sie wissen, daß ich durch das Vermächtniß meiner Tante im Stande sein werde, R.'s Verlust zu ersetzen, bereden Sie mit mir meinen Vater, daß er es gestatte, aber nie, nie darf R. es erfahren, der sich leider um seine Angelegenheiten nur zu wenig bekümmert. Wollen Sie mir helfen? — Sternheim ward so blaß, daß selbst seine Lippen erbleichten, dann wieder goß helle Röthe sich über sein Antlitz, und er entgegnete freundlich: Ich verspreche es Ihnen, wenn Sie es verlangen, aber gerne möchte ich in dieser Angelegenheit Ihre Stelle vertreten. Ich bin sehr bemittelt, der Einzige meines Namens, und stehe ganz allein in der Welt, für wen sollte ich sparen? — Für wen? für Ihre Frau. — Er schüttelte den Kopf und sagte ernst: Ich werde schwerlich jemals heirathen. Nehmen Sie denn diese Summe als ein Darlehen von mir an, und im Falle meiner Verheirathung will ich als Ihr Gläubiger vor Ihnen erscheinen. Sophie stand lebhaft <TEI> <text> <body> <div type="letter"> <p><pb facs="#f0062"/> französischen Handelshauses den größten Theil seines Vermögens verloren hat. Sophie erbleichte und schwieg lange, endlich entgegnete sie: R. ist Ihnen hinlänglich bekannt geworden, damit Sie sich sagen können, nie hätte ein Verlust der Art Jemanden unglücklicher betreffen können. Die liebenswürdigen Eigenschaften, welche ihn auszeichnen, würden bei erzwungener Abhängigkeit zu Grunde gehen. Sternheim, ich wende mich an Sie mit dem Vertrauen einer Schwester, helfen Sie mir mit ihrem Einflusse, mit Ihrer guten Gesinnung. Sie wissen, daß ich durch das Vermächtniß meiner Tante im Stande sein werde, R.'s Verlust zu ersetzen, bereden Sie mit mir meinen Vater, daß er es gestatte, aber nie, nie darf R. es erfahren, der sich leider um seine Angelegenheiten nur zu wenig bekümmert. Wollen Sie mir helfen? — Sternheim ward so blaß, daß selbst seine Lippen erbleichten, dann wieder goß helle Röthe sich über sein Antlitz, und er entgegnete freundlich: Ich verspreche es Ihnen, wenn Sie es verlangen, aber gerne möchte ich in dieser Angelegenheit Ihre Stelle vertreten. Ich bin sehr bemittelt, der Einzige meines Namens, und stehe ganz allein in der Welt, für wen sollte ich sparen? — Für wen? für Ihre Frau. — Er schüttelte den Kopf und sagte ernst: Ich werde schwerlich jemals heirathen. Nehmen Sie denn diese Summe als ein Darlehen von mir an, und im Falle meiner Verheirathung will ich als Ihr Gläubiger vor Ihnen erscheinen. Sophie stand lebhaft<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0062]
französischen Handelshauses den größten Theil seines Vermögens verloren hat. Sophie erbleichte und schwieg lange, endlich entgegnete sie: R. ist Ihnen hinlänglich bekannt geworden, damit Sie sich sagen können, nie hätte ein Verlust der Art Jemanden unglücklicher betreffen können. Die liebenswürdigen Eigenschaften, welche ihn auszeichnen, würden bei erzwungener Abhängigkeit zu Grunde gehen. Sternheim, ich wende mich an Sie mit dem Vertrauen einer Schwester, helfen Sie mir mit ihrem Einflusse, mit Ihrer guten Gesinnung. Sie wissen, daß ich durch das Vermächtniß meiner Tante im Stande sein werde, R.'s Verlust zu ersetzen, bereden Sie mit mir meinen Vater, daß er es gestatte, aber nie, nie darf R. es erfahren, der sich leider um seine Angelegenheiten nur zu wenig bekümmert. Wollen Sie mir helfen? — Sternheim ward so blaß, daß selbst seine Lippen erbleichten, dann wieder goß helle Röthe sich über sein Antlitz, und er entgegnete freundlich: Ich verspreche es Ihnen, wenn Sie es verlangen, aber gerne möchte ich in dieser Angelegenheit Ihre Stelle vertreten. Ich bin sehr bemittelt, der Einzige meines Namens, und stehe ganz allein in der Welt, für wen sollte ich sparen? — Für wen? für Ihre Frau. — Er schüttelte den Kopf und sagte ernst: Ich werde schwerlich jemals heirathen. Nehmen Sie denn diese Summe als ein Darlehen von mir an, und im Falle meiner Verheirathung will ich als Ihr Gläubiger vor Ihnen erscheinen. Sophie stand lebhaft
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Zitationshilfe: | F. v. W. [Margarethe von Wolff]: Gemüth und Selbstsucht. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 16. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–86. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_selbstsucht_1910/62>, abgerufen am 16.02.2025. |