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Wolff, Eugen: Poetik: Die Gesetze der Poesie in ihrer geschichtlichen Entwicklung. Ein Grundriß. Oldenburg u. a., 1899.

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Auch die Ausbildung der einzelnen dichterischen Gattungen wirkt, zum pwo_264.002
teil in Zusammenhang mit der Vortragsart, auf die Entwicklung der pwo_264.003
Verskunst umgestaltend.

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§ 108. pwo_264.005
Die Versmessung.
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Wir sind demnach genötigt, von der Verszeile auszugehen: nicht pwo_264.007
von ihrer Definition, in der unsere Untersuchung erst gipfeln soll, pwo_264.008
sondern von ihrer Gestaltung und Entwicklung.

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Die Versform der altorientalischen Poesieen unterlag lange fast pwo_264.010
völliger Verkennung; erst die letzten Jahrzehnte führten zu einer gewissen pwo_264.011
Aufklärung.

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R. Westphal hat nun im Zend-Avesta der alten Jranier einen pwo_264.013
regelmäßigen Abstand der Wort- und Satzschlüsse erkannt und demzufolge pwo_264.014
zu zweien zusammengehörige Langverse von je 16 Silben erschlossen, pwo_264.015
die durch Cäsur in zwei gleiche Halbverse zerfallen. Außer pwo_264.016
dieser bestimmten Anzahl von Silben ist kein metrisches Prinzip pwo_264.017
erkennbar.

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Weiter trat die Verwandtschaft dieses Versmaßes mit dem pwo_264.019
Anushtubh des indischen Rigveda hervor. Nur ist die bloße pwo_264.020
Silbenzählung bereits insoweit überwunden, daß der Schluß jedes pwo_264.021
Halbverses quantitativ bestimmt ist. Es läßt sich folgendes Schema pwo_264.022
gewinnen:

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- Breve | - Breve

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Nicht anders steht es prinzipiell um die übrigen Vedenverse, die sämtlich pwo_264.025
zählend einsetzen, um erst am Schluß für die Quantität eine pwo_264.026
feste Form geltend zu machen. Auch ist aus der Anushtubh-Strophe pwo_264.027
der epische Cloka hervorgegangen; dieses Distichon von Langzeilen pwo_264.028
zu 16 Silben mit Cäsur nach der 8. Silbe bewahrt in aller Mannigfaltigkeit pwo_264.029
die Norm des Anushtubh, nur daß die erste Vershälfte pwo_264.030
meist antispastisch ausgeht:

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Daß die Quantität der Silben zunächst gerade am Versschluß nach pwo_264.033
fester Geltung strebt, begreift sich wohl: tritt er doch am schärfsten

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Auch die Ausbildung der einzelnen dichterischen Gattungen wirkt, zum pwo_264.002
teil in Zusammenhang mit der Vortragsart, auf die Entwicklung der pwo_264.003
Verskunst umgestaltend.

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§ 108. pwo_264.005
Die Versmessung.
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  Wir sind demnach genötigt, von der Verszeile auszugehen: nicht pwo_264.007
von ihrer Definition, in der unsere Untersuchung erst gipfeln soll, pwo_264.008
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pwo_264.009

  Die Versform der altorientalischen Poesieen unterlag lange fast pwo_264.010
völliger Verkennung; erst die letzten Jahrzehnte führten zu einer gewissen pwo_264.011
Aufklärung.

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die durch Cäsur in zwei gleiche Halbverse zerfallen. Außer pwo_264.016
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erkennbar.

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  Weiter trat die Verwandtschaft dieses Versmaßes mit dem pwo_264.019
Anushtubh des indischen Rigveda hervor. Nur ist die bloße pwo_264.020
Silbenzählung bereits insoweit überwunden, daß der Schluß jedes pwo_264.021
Halbverses quantitativ bestimmt ist. Es läßt sich folgendes Schema pwo_264.022
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Nicht anders steht es prinzipiell um die übrigen Vedenverse, die sämtlich pwo_264.025
zählend einsetzen, um erst am Schluß für die Quantität eine pwo_264.026
feste Form geltend zu machen. Auch ist aus der Anushtubh-Strophe pwo_264.027
der epische Çloka hervorgegangen; dieses Distichon von Langzeilen pwo_264.028
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die Norm des Anushtubh, nur daß die erste Vershälfte pwo_264.030
meist antispastisch ausgeht:

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[264/0278] pwo_264.001 Auch die Ausbildung der einzelnen dichterischen Gattungen wirkt, zum pwo_264.002 teil in Zusammenhang mit der Vortragsart, auf die Entwicklung der pwo_264.003 Verskunst umgestaltend. pwo_264.004 § 108. pwo_264.005 Die Versmessung. pwo_264.006   Wir sind demnach genötigt, von der Verszeile auszugehen: nicht pwo_264.007 von ihrer Definition, in der unsere Untersuchung erst gipfeln soll, pwo_264.008 sondern von ihrer Gestaltung und Entwicklung. pwo_264.009   Die Versform der altorientalischen Poesieen unterlag lange fast pwo_264.010 völliger Verkennung; erst die letzten Jahrzehnte führten zu einer gewissen pwo_264.011 Aufklärung. pwo_264.012   R. Westphal hat nun im Zend-Avesta der alten Jranier einen pwo_264.013 regelmäßigen Abstand der Wort- und Satzschlüsse erkannt und demzufolge pwo_264.014 zu zweien zusammengehörige Langverse von je 16 Silben erschlossen, pwo_264.015 die durch Cäsur in zwei gleiche Halbverse zerfallen. Außer pwo_264.016 dieser bestimmten Anzahl von Silben ist kein metrisches Prinzip pwo_264.017 erkennbar. pwo_264.018   Weiter trat die Verwandtschaft dieses Versmaßes mit dem pwo_264.019 Anushtubh des indischen Rigveda hervor. Nur ist die bloße pwo_264.020 Silbenzählung bereits insoweit überwunden, daß der Schluß jedes pwo_264.021 Halbverses quantitativ bestimmt ist. Es läßt sich folgendes Schema pwo_264.022 gewinnen: pwo_264.023   ⏒ ⏒ ⏒ ⏒ ⏒ ─ ⏑ ⏓ │ ⏒ ⏒ ⏒ ⏒ ⏒ ─ ⏑ ⏓ pwo_264.024 Nicht anders steht es prinzipiell um die übrigen Vedenverse, die sämtlich pwo_264.025 zählend einsetzen, um erst am Schluß für die Quantität eine pwo_264.026 feste Form geltend zu machen. Auch ist aus der Anushtubh-Strophe pwo_264.027 der epische Çloka hervorgegangen; dieses Distichon von Langzeilen pwo_264.028 zu 16 Silben mit Cäsur nach der 8. Silbe bewahrt in aller Mannigfaltigkeit pwo_264.029 die Norm des Anushtubh, nur daß die erste Vershälfte pwo_264.030 meist antispastisch ausgeht: pwo_264.031   ⏒ ⏒ ⏒ ⏒ ⏒ ─ ─ ⏒ │ ⏒ ⏒ ⏒ ⏒ ⏒ ─ ⏑ ⏒ pwo_264.032 Daß die Quantität der Silben zunächst gerade am Versschluß nach pwo_264.033 fester Geltung strebt, begreift sich wohl: tritt er doch am schärfsten

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Zitationshilfe: Wolff, Eugen: Poetik: Die Gesetze der Poesie in ihrer geschichtlichen Entwicklung. Ein Grundriß. Oldenburg u. a., 1899, S. 264. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_poetik_1899/278>, abgerufen am 24.11.2024.