Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723.

Bild:
<< vorherige Seite

und der Natur der Cörper.
wird das Mehl im Wasser gekocht. Das
Wasser ziehet sich in die von eigenthümli-
cher Materie leeren Räumlein der Mehl-
Stäublein und treibet die kleineren Theile,
daraus sie bestehen, weiter von einander
und, wenn man das Mehl im Wasser ko-
chet, kan die Wärme, welche in die Zwi-
schen-Räumlein des Wassers und des
Mehles dringet, vermöge seiner schnellen
Bewegung, nichts anders verursachen (§.
104 T. II. Exper.), als daß die Mehl-
Stäublein weiter getheilet, von dem Was-
ser einige subtile Materie ausgezogen und,
indem das überflüßige durch die Wärme
ausdunstet, auf andere Weise wieder gleich-
sam zusammen geleimet werden. Hier
findet man demnach weiter nichts anders,
als Veränderungen in der Figur, Grösse
und Lage der Theile und kan demnach auch
in nichts anders der Unterscheid zwischen
dem Mehle und Kleister gesucht werden.
Von den übrigen Arten der Cörper, die
aus dem Weitzen-Korne kommen, mag ich
nichts ausführlicheres anführen. Ein an-
deres Exempel giebet der Flachs ab, der
nachdem er ausgeraufft und getrocknet
worden, durch Rösten und Brechen zum
Spinnen zubereitet wird, und daraus nach
diesem Garn gesponnen, aus dem Garne
Leinwand gewebet, aus den zerstossenen
Lumpen von der alten Leinwand in der

Pa-

und der Natur der Coͤrper.
wird das Mehl im Waſſer gekocht. Das
Waſſer ziehet ſich in die von eigenthuͤmli-
cher Materie leeren Raͤumlein der Mehl-
Staͤublein und treibet die kleineren Theile,
daraus ſie beſtehen, weiter von einander
und, wenn man das Mehl im Waſſer ko-
chet, kan die Waͤrme, welche in die Zwi-
ſchen-Raͤumlein des Waſſers und des
Mehles dringet, vermoͤge ſeiner ſchnellen
Bewegung, nichts anders verurſachen (§.
104 T. II. Exper.), als daß die Mehl-
Staͤublein weiter getheilet, von dem Waſ-
ſer einige ſubtile Materie ausgezogen und,
indem das uͤberfluͤßige durch die Waͤrme
ausdunſtet, auf andere Weiſe wieder gleich-
ſam zuſammen geleimet werden. Hier
findet man demnach weiter nichts anders,
als Veraͤnderungen in der Figur, Groͤſſe
und Lage der Theile und kan demnach auch
in nichts anders der Unterſcheid zwiſchen
dem Mehle und Kleiſter geſucht werden.
Von den uͤbrigen Arten der Coͤrper, die
aus dem Weitzen-Korne kommen, mag ich
nichts ausfuͤhrlicheres anfuͤhren. Ein an-
deres Exempel giebet der Flachs ab, der
nachdem er ausgeraufft und getrocknet
worden, durch Roͤſten und Brechen zum
Spinnen zubereitet wird, und daraus nach
dieſem Garn geſponnen, aus dem Garne
Leinwand gewebet, aus den zerſtoſſenen
Lumpen von der alten Leinwand in der

Pa-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0079" n="43"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">und der Natur der Co&#x0364;rper.</hi></fw><lb/>
wird das Mehl im Wa&#x017F;&#x017F;er gekocht. Das<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;er ziehet &#x017F;ich in die von eigenthu&#x0364;mli-<lb/>
cher Materie leeren Ra&#x0364;umlein der Mehl-<lb/>
Sta&#x0364;ublein und treibet die kleineren Theile,<lb/>
daraus &#x017F;ie be&#x017F;tehen, weiter von einander<lb/>
und, wenn man das Mehl im Wa&#x017F;&#x017F;er ko-<lb/>
chet, kan die Wa&#x0364;rme, welche in die Zwi-<lb/>
&#x017F;chen-Ra&#x0364;umlein des Wa&#x017F;&#x017F;ers und des<lb/>
Mehles dringet, vermo&#x0364;ge &#x017F;einer &#x017F;chnellen<lb/>
Bewegung, nichts anders verur&#x017F;achen (§.<lb/>
104 <hi rendition="#aq">T. II. Exper.</hi>), als daß die Mehl-<lb/>
Sta&#x0364;ublein weiter getheilet, von dem Wa&#x017F;-<lb/>
&#x017F;er einige &#x017F;ubtile Materie ausgezogen und,<lb/>
indem das u&#x0364;berflu&#x0364;ßige durch die Wa&#x0364;rme<lb/>
ausdun&#x017F;tet, auf andere Wei&#x017F;e wieder gleich-<lb/>
&#x017F;am zu&#x017F;ammen geleimet werden. Hier<lb/>
findet man demnach weiter nichts anders,<lb/>
als Vera&#x0364;nderungen in der Figur, Gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e<lb/>
und Lage der Theile und kan demnach auch<lb/>
in nichts anders der Unter&#x017F;cheid zwi&#x017F;chen<lb/>
dem Mehle und Klei&#x017F;ter ge&#x017F;ucht werden.<lb/>
Von den u&#x0364;brigen Arten der Co&#x0364;rper, die<lb/>
aus dem Weitzen-Korne kommen, mag ich<lb/>
nichts ausfu&#x0364;hrlicheres anfu&#x0364;hren. Ein an-<lb/>
deres Exempel giebet der Flachs ab, der<lb/>
nachdem er ausgeraufft und getrocknet<lb/>
worden, durch Ro&#x0364;&#x017F;ten und Brechen zum<lb/>
Spinnen zubereitet wird, und daraus nach<lb/>
die&#x017F;em Garn ge&#x017F;ponnen, aus dem Garne<lb/>
Leinwand gewebet, aus den zer&#x017F;to&#x017F;&#x017F;enen<lb/>
Lumpen von der alten Leinwand in der<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Pa-</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[43/0079] und der Natur der Coͤrper. wird das Mehl im Waſſer gekocht. Das Waſſer ziehet ſich in die von eigenthuͤmli- cher Materie leeren Raͤumlein der Mehl- Staͤublein und treibet die kleineren Theile, daraus ſie beſtehen, weiter von einander und, wenn man das Mehl im Waſſer ko- chet, kan die Waͤrme, welche in die Zwi- ſchen-Raͤumlein des Waſſers und des Mehles dringet, vermoͤge ſeiner ſchnellen Bewegung, nichts anders verurſachen (§. 104 T. II. Exper.), als daß die Mehl- Staͤublein weiter getheilet, von dem Waſ- ſer einige ſubtile Materie ausgezogen und, indem das uͤberfluͤßige durch die Waͤrme ausdunſtet, auf andere Weiſe wieder gleich- ſam zuſammen geleimet werden. Hier findet man demnach weiter nichts anders, als Veraͤnderungen in der Figur, Groͤſſe und Lage der Theile und kan demnach auch in nichts anders der Unterſcheid zwiſchen dem Mehle und Kleiſter geſucht werden. Von den uͤbrigen Arten der Coͤrper, die aus dem Weitzen-Korne kommen, mag ich nichts ausfuͤhrlicheres anfuͤhren. Ein an- deres Exempel giebet der Flachs ab, der nachdem er ausgeraufft und getrocknet worden, durch Roͤſten und Brechen zum Spinnen zubereitet wird, und daraus nach dieſem Garn geſponnen, aus dem Garne Leinwand gewebet, aus den zerſtoſſenen Lumpen von der alten Leinwand in der Pa-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/79
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/79>, abgerufen am 30.04.2024.