Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723.der Pflantzen. vorhanden, warumb man mehr darinnenzugeben wollte. Die Hertzblättlein führen dem Auge die Nahrung zu, die sie durch das Stämmlein aus der Wurtzel erhalten, weil nicht allein die Blätter überhaupt den Augen zur Nahrung dienen, sondern auch insonderheit die Hertzblättlein nicht länger dauren, als bis das Auge zwischen ihnen auszuschlagen beginnet. Uberall, wo ein Blatt stehet, ist im Marcke ein Auge vor- handen, das daselbst heraus brechen kan und ein neues Reiß im kleinen in sich hält, und so wächset der Baum von Jahre zu Jahre fort. Die Wurtzeln haben ihre Absätze wie die Reiser mit den Blättern und treiben Würtzelchen daselbst, wo die Zwei- ge Augen bringen, die ausschlagen: sind auch in der That Augen, von denen nur die Wurtzeln wachsen. Da nun in dem Marcke jederzeit Augen zufinden, die in der Erden Wurtzeln, in der Lufft aber Reiser geben (§. 389.); so begreifft man, wie es möglich ist, daß ein Baum seine organische Theile erhält. Fraget man nun aber fer- ner wie sie vergrössert werden; so kan, es freylich nicht anders geschehen, als weil der Safft, so sich hinein ziehet, die Theilgen der Theile von einander treibet, wodurch sie verlängert werden. Da nun der gröste Theil von dem Saffte, das wäßerige, nach und nach verraucht (§. 394.) und das von fester
der Pflantzen. vorhanden, warumb man mehr darinnenzugeben wollte. Die Hertzblaͤttlein fuͤhren dem Auge die Nahrung zu, die ſie durch das Staͤmmlein aus der Wurtzel erhalten, weil nicht allein die Blaͤtter uͤberhaupt den Augen zur Nahrung dienen, ſondern auch inſonderheit die Hertzblaͤttlein nicht laͤnger dauren, als bis das Auge zwiſchen ihnen auszuſchlagen beginnet. Uberall, wo ein Blatt ſtehet, iſt im Marcke ein Auge vor- handen, das daſelbſt heraus brechen kan und ein neues Reiß im kleinen in ſich haͤlt, und ſo waͤchſet der Baum von Jahre zu Jahre fort. Die Wurtzeln haben ihre Abſaͤtze wie die Reiſer mit den Blaͤttern und treiben Wuͤrtzelchen daſelbſt, wo die Zwei- ge Augen bringen, die ausſchlagen: ſind auch in der That Augen, von denen nur die Wurtzeln wachſen. Da nun in dem Marcke jederzeit Augen zufinden, die in der Erden Wurtzeln, in der Lufft aber Reiſer geben (§. 389.); ſo begreifft man, wie es moͤglich iſt, daß ein Baum ſeine organiſche Theile erhaͤlt. Fraget man nun aber fer- ner wie ſie vergroͤſſert werden; ſo kan, es freylich nicht anders geſchehen, als weil der Safft, ſo ſich hinein ziehet, die Theilgen der Theile von einander treibet, wodurch ſie verlaͤngert werden. Da nun der groͤſte Theil von dem Saffte, das waͤßerige, nach und nach verraucht (§. 394.) und das von feſter
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0671" n="635"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">der Pflantzen.</hi></fw><lb/> vorhanden, warumb man mehr darinnen<lb/> zugeben wollte. Die Hertzblaͤttlein fuͤhren<lb/> dem Auge die Nahrung zu, die ſie durch<lb/> das Staͤmmlein aus der Wurtzel erhalten,<lb/> weil nicht allein die Blaͤtter uͤberhaupt den<lb/> Augen zur Nahrung dienen, ſondern auch<lb/> inſonderheit die Hertzblaͤttlein nicht laͤnger<lb/> dauren, als bis das Auge zwiſchen ihnen<lb/> auszuſchlagen beginnet. Uberall, wo ein<lb/> Blatt ſtehet, iſt im Marcke ein Auge vor-<lb/> handen, das daſelbſt heraus brechen kan<lb/> und ein neues Reiß im kleinen in ſich<lb/> haͤlt, und ſo waͤchſet der Baum von Jahre<lb/> zu Jahre fort. Die Wurtzeln haben ihre<lb/> Abſaͤtze wie die Reiſer mit den Blaͤttern und<lb/> treiben Wuͤrtzelchen daſelbſt, wo die Zwei-<lb/> ge Augen bringen, die ausſchlagen: ſind<lb/> auch in der That Augen, von denen nur<lb/> die Wurtzeln wachſen. Da nun in dem<lb/> Marcke jederzeit Augen zufinden, die in der<lb/> Erden Wurtzeln, in der Lufft aber Reiſer<lb/> geben (§. 389.); ſo begreifft man, wie es<lb/> moͤglich iſt, daß ein Baum ſeine organiſche<lb/> Theile erhaͤlt. Fraget man nun aber fer-<lb/> ner wie ſie vergroͤſſert werden; ſo kan, es<lb/> freylich nicht anders geſchehen, als weil der<lb/> Safft, ſo ſich hinein ziehet, die Theilgen<lb/> der Theile von einander treibet, wodurch<lb/> ſie verlaͤngert werden. Da nun der groͤſte<lb/> Theil von dem Saffte, das waͤßerige, nach<lb/> und nach verraucht (§. 394.) und das von<lb/> <fw place="bottom" type="catch">feſter</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [635/0671]
der Pflantzen.
vorhanden, warumb man mehr darinnen
zugeben wollte. Die Hertzblaͤttlein fuͤhren
dem Auge die Nahrung zu, die ſie durch
das Staͤmmlein aus der Wurtzel erhalten,
weil nicht allein die Blaͤtter uͤberhaupt den
Augen zur Nahrung dienen, ſondern auch
inſonderheit die Hertzblaͤttlein nicht laͤnger
dauren, als bis das Auge zwiſchen ihnen
auszuſchlagen beginnet. Uberall, wo ein
Blatt ſtehet, iſt im Marcke ein Auge vor-
handen, das daſelbſt heraus brechen kan
und ein neues Reiß im kleinen in ſich
haͤlt, und ſo waͤchſet der Baum von Jahre
zu Jahre fort. Die Wurtzeln haben ihre
Abſaͤtze wie die Reiſer mit den Blaͤttern und
treiben Wuͤrtzelchen daſelbſt, wo die Zwei-
ge Augen bringen, die ausſchlagen: ſind
auch in der That Augen, von denen nur
die Wurtzeln wachſen. Da nun in dem
Marcke jederzeit Augen zufinden, die in der
Erden Wurtzeln, in der Lufft aber Reiſer
geben (§. 389.); ſo begreifft man, wie es
moͤglich iſt, daß ein Baum ſeine organiſche
Theile erhaͤlt. Fraget man nun aber fer-
ner wie ſie vergroͤſſert werden; ſo kan, es
freylich nicht anders geſchehen, als weil der
Safft, ſo ſich hinein ziehet, die Theilgen
der Theile von einander treibet, wodurch
ſie verlaͤngert werden. Da nun der groͤſte
Theil von dem Saffte, das waͤßerige, nach
und nach verraucht (§. 394.) und das von
feſter
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/671 |
Zitationshilfe: | Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. 635. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/671>, abgerufen am 28.07.2024. |