Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723.

Bild:
<< vorherige Seite

auf dem Erdboden.
re; so muß das Wasser sich im ersten Falle
geschwinder, im andern längsamer bewegen.
Wenn die Bewegung des Wassers schnelle
ist, so wird die Fluth grösser als wenn sie
geringer ist. Und also folget abermahls
vor sich gantz natürlich aus der Newtoni-
schen Theorie, was Cassini observiret, daß
die Grösse der Fluth mit der Declination
des Monds abnimmet Eine gleiche Bewand-
nis hat es mit der Sonne, daß ihre Wür-
ckung stärcker ist als sonst, wenn sie in dem
AEquatore oder doch wenigsten demselben
nahe ist, und hingegen am schwächsten,
wenn sie von ihm an weitesten weg, das ist,
in Tropicis ist. Derowegen verstärcket
sie auch um den Anfang des Frühlings und
Herbstes die Fluthen; hingegen um den An-
fang des Sommers und des Winters
schwächt sie dieselben am meisten (§. 225).
Jedoch da die Würckung der Sonne in An-
sehung des Monds geringe ist, kan es gar
wohl geschehen, daß nach Beschaffenheit
der Umstände der Mond die Fluth mehr
vermindert, als sie durch die Sonne um den
Anfang des Frühlings und Herbstes ver-
grössert wird, und man dannenhero nicht
spüret, daß die grösten Fluthen zu derselben
Zeit grösser sind als zu anderer Zeit des Jah-
res. Gleichergestalt kan nach Beschaffen-
heit der Umstände der Mond umb den An-
fang des Sommers und Winters die Fluth

mehr

auf dem Erdboden.
re; ſo muß das Waſſer ſich im erſten Falle
geſchwinder, im andern laͤngſamer bewegen.
Wenn die Bewegung des Waſſers ſchnelle
iſt, ſo wird die Fluth groͤſſer als wenn ſie
geringer iſt. Und alſo folget abermahls
vor ſich gantz natuͤrlich aus der Newtoni-
ſchen Theorie, was Caſſini obſerviret, daß
die Groͤſſe der Fluth mit der Declination
des Monds abnim̃et Eine gleiche Bewand-
nis hat es mit der Sonne, daß ihre Wuͤr-
ckung ſtaͤrcker iſt als ſonſt, wenn ſie in dem
Æquatore oder doch wenigſten demſelben
nahe iſt, und hingegen am ſchwaͤchſten,
wenn ſie von ihm an weiteſten weg, das iſt,
in Tropicis iſt. Derowegen verſtaͤrcket
ſie auch um den Anfang des Fruͤhlings und
Herbſtes die Fluthen; hingegen um den An-
fang des Sommers und des Winters
ſchwaͤcht ſie dieſelben am meiſten (§. 225).
Jedoch da die Wuͤrckung der Sonne in An-
ſehung des Monds geringe iſt, kan es gar
wohl geſchehen, daß nach Beſchaffenheit
der Umſtaͤnde der Mond die Fluth mehr
vermindert, als ſie durch die Sonne um den
Anfang des Fruͤhlings und Herbſtes ver-
groͤſſert wird, und man dannenhero nicht
ſpuͤret, daß die groͤſten Fluthen zu derſelben
Zeit groͤſſer ſind als zu anderer Zeit des Jah-
res. Gleichergeſtalt kan nach Beſchaffen-
heit der Umſtaͤnde der Mond umb den An-
fang des Sommers und Winters die Fluth

mehr
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0579" n="543"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">auf dem Erdboden.</hi></fw><lb/>
re; &#x017F;o muß das Wa&#x017F;&#x017F;er &#x017F;ich im er&#x017F;ten Falle<lb/>
ge&#x017F;chwinder, im andern la&#x0364;ng&#x017F;amer bewegen.<lb/>
Wenn die Bewegung des Wa&#x017F;&#x017F;ers &#x017F;chnelle<lb/>
i&#x017F;t, &#x017F;o wird die Fluth gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;er als wenn &#x017F;ie<lb/>
geringer i&#x017F;t. Und al&#x017F;o folget abermahls<lb/>
vor &#x017F;ich gantz natu&#x0364;rlich aus der Newtoni-<lb/>
&#x017F;chen Theorie, was <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Ca&#x017F;&#x017F;ini</hi></hi> ob&#x017F;erviret, daß<lb/>
die Gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e der Fluth mit der Declination<lb/>
des Monds abnim&#x0303;et Eine gleiche Bewand-<lb/>
nis hat es mit der Sonne, daß ihre Wu&#x0364;r-<lb/>
ckung &#x017F;ta&#x0364;rcker i&#x017F;t als &#x017F;on&#x017F;t, wenn &#x017F;ie in dem<lb/><hi rendition="#aq">Æquatore</hi> oder doch wenig&#x017F;ten dem&#x017F;elben<lb/>
nahe i&#x017F;t, und hingegen am &#x017F;chwa&#x0364;ch&#x017F;ten,<lb/>
wenn &#x017F;ie von ihm an weite&#x017F;ten weg, das i&#x017F;t,<lb/>
in <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">T</hi>ropicis</hi> i&#x017F;t. Derowegen ver&#x017F;ta&#x0364;rcket<lb/>
&#x017F;ie auch um den Anfang des Fru&#x0364;hlings und<lb/>
Herb&#x017F;tes die Fluthen; hingegen um den An-<lb/>
fang des Sommers und des Winters<lb/>
&#x017F;chwa&#x0364;cht &#x017F;ie die&#x017F;elben am mei&#x017F;ten (§. 225).<lb/>
Jedoch da die Wu&#x0364;rckung der Sonne in An-<lb/>
&#x017F;ehung des Monds geringe i&#x017F;t, kan es gar<lb/>
wohl ge&#x017F;chehen, daß nach Be&#x017F;chaffenheit<lb/>
der Um&#x017F;ta&#x0364;nde der Mond die Fluth mehr<lb/>
vermindert, als &#x017F;ie durch die Sonne um den<lb/>
Anfang des Fru&#x0364;hlings und Herb&#x017F;tes ver-<lb/>
gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;ert wird, und man dannenhero nicht<lb/>
&#x017F;pu&#x0364;ret, daß die gro&#x0364;&#x017F;ten Fluthen zu der&#x017F;elben<lb/>
Zeit gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;er &#x017F;ind als zu anderer Zeit des Jah-<lb/>
res. Gleicherge&#x017F;talt kan nach Be&#x017F;chaffen-<lb/>
heit der Um&#x017F;ta&#x0364;nde der Mond umb den An-<lb/>
fang des Sommers und Winters die Fluth<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">mehr</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[543/0579] auf dem Erdboden. re; ſo muß das Waſſer ſich im erſten Falle geſchwinder, im andern laͤngſamer bewegen. Wenn die Bewegung des Waſſers ſchnelle iſt, ſo wird die Fluth groͤſſer als wenn ſie geringer iſt. Und alſo folget abermahls vor ſich gantz natuͤrlich aus der Newtoni- ſchen Theorie, was Caſſini obſerviret, daß die Groͤſſe der Fluth mit der Declination des Monds abnim̃et Eine gleiche Bewand- nis hat es mit der Sonne, daß ihre Wuͤr- ckung ſtaͤrcker iſt als ſonſt, wenn ſie in dem Æquatore oder doch wenigſten demſelben nahe iſt, und hingegen am ſchwaͤchſten, wenn ſie von ihm an weiteſten weg, das iſt, in Tropicis iſt. Derowegen verſtaͤrcket ſie auch um den Anfang des Fruͤhlings und Herbſtes die Fluthen; hingegen um den An- fang des Sommers und des Winters ſchwaͤcht ſie dieſelben am meiſten (§. 225). Jedoch da die Wuͤrckung der Sonne in An- ſehung des Monds geringe iſt, kan es gar wohl geſchehen, daß nach Beſchaffenheit der Umſtaͤnde der Mond die Fluth mehr vermindert, als ſie durch die Sonne um den Anfang des Fruͤhlings und Herbſtes ver- groͤſſert wird, und man dannenhero nicht ſpuͤret, daß die groͤſten Fluthen zu derſelben Zeit groͤſſer ſind als zu anderer Zeit des Jah- res. Gleichergeſtalt kan nach Beſchaffen- heit der Umſtaͤnde der Mond umb den An- fang des Sommers und Winters die Fluth mehr

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/579
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. 543. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/579>, abgerufen am 01.06.2024.