Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

Cap. IX. Von dem Wasser
wenn das ausgetretene Wasser grosse Holtz-
Stösse umbwerffen soll. Denn man stelle
sich vor, daß dasselbe rings herum den Holtz-
Stoß umbfliesse, so daß ein Theil Schei-
te von dem Boden an nach einander gantz im
Wasser stehen. Weil das Wasser auch
zwischen die Scheite dringet, wo ein leerer
Raum ist; so ist es eben so viel, als wenn sie
im Wasser lägen und verlieren daher darin-
nen ihre Schweere, ja von dem Wasser wer-
den sie gar etwas in die Höhe getrieben
(§. 195. T. I. Exper.). Derowegen bekom-
men sie einen wackelnden Grund und wenn
nur etwan an einem Orte ein Scheitt her-
aus gehet, so fallen die übrigen nach. Wenn
das Wasser geschwinde wieder den Stoß
geschossen kommet; so gehet es eben zu wie
vorhin bey der Brücke (§. 349.). Unterwei-
len hat das Wasser gantze Stücke Landes
mit einem Hause von einem Orte fortgeführet
und an einem andern niedergesetzet. Die-
ses aber ist sich weniger zu verwundern.
Denn wenn das Wasser rings herumb al-
les loß gerissen und sich durch die Erde unter
den Hause durch gearbeitet; so ist das Erd-
reich mit dem darauf stehenden Gebäude
nicht anders anzusehen gewesen als ein
Schiff, oder eine andere Sache, die auf dem
Wasser schwimmet: denn da im Gebäude
sehr viel Lufft ist; so machet es auch einen
Cörper von viel leichterer Art aus als das

Wasser,

Cap. IX. Von dem Waſſer
wenn das ausgetretene Waſſer groſſe Holtz-
Stoͤſſe umbwerffen ſoll. Denn man ſtelle
ſich vor, daß daſſelbe rings herum den Holtz-
Stoß umbflieſſe, ſo daß ein Theil Schei-
te von dem Boden an nach einander gantz im
Waſſer ſtehen. Weil das Waſſer auch
zwiſchen die Scheite dringet, wo ein leerer
Raum iſt; ſo iſt es eben ſo viel, als wenn ſie
im Waſſer laͤgen und verlieren daher darin-
nen ihre Schweere, ja von dem Waſſer wer-
den ſie gar etwas in die Hoͤhe getrieben
(§. 195. T. I. Exper.). Derowegen bekom-
men ſie einen wackelnden Grund und wenn
nur etwan an einem Orte ein Scheitt her-
aus gehet, ſo fallen die uͤbrigen nach. Wenn
das Waſſer geſchwinde wieder den Stoß
geſchoſſen kommet; ſo gehet es eben zu wie
vorhin bey der Bruͤcke (§. 349.). Unterwei-
len hat das Waſſer gantze Stuͤcke Landes
mit einem Hauſe von einem Orte fortgefuͤhret
und an einem andern niedergeſetzet. Die-
ſes aber iſt ſich weniger zu verwundern.
Denn wenn das Waſſer rings herumb al-
les loß geriſſen und ſich durch die Erde unter
den Hauſe durch gearbeitet; ſo iſt das Erd-
reich mit dem darauf ſtehenden Gebaͤude
nicht anders anzuſehen geweſen als ein
Schiff, oder eine andere Sache, die auf dem
Waſſer ſchwimmet: denn da im Gebaͤude
ſehr viel Lufft iſt; ſo machet es auch einen
Coͤrper von viel leichterer Art aus als das

Waſſer,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0550" n="514"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">Cap. IX.</hi> Von dem Wa&#x017F;&#x017F;er</hi></fw><lb/>
wenn das ausgetretene Wa&#x017F;&#x017F;er gro&#x017F;&#x017F;e Holtz-<lb/>
Sto&#x0364;&#x017F;&#x017F;e umbwerffen &#x017F;oll. Denn man &#x017F;telle<lb/>
&#x017F;ich vor, daß da&#x017F;&#x017F;elbe rings herum den Holtz-<lb/>
Stoß umbflie&#x017F;&#x017F;e, &#x017F;o daß ein Theil Schei-<lb/>
te von dem Boden an nach einander gantz im<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;er &#x017F;tehen. Weil das Wa&#x017F;&#x017F;er auch<lb/>
zwi&#x017F;chen die Scheite dringet, wo ein leerer<lb/>
Raum i&#x017F;t; &#x017F;o i&#x017F;t es eben &#x017F;o viel, als wenn &#x017F;ie<lb/>
im Wa&#x017F;&#x017F;er la&#x0364;gen und verlieren daher darin-<lb/>
nen ihre Schweere, ja von dem Wa&#x017F;&#x017F;er wer-<lb/>
den &#x017F;ie gar etwas in die Ho&#x0364;he getrieben<lb/>
(§. 195. <hi rendition="#aq">T. I. Exper.</hi>). Derowegen bekom-<lb/>
men &#x017F;ie einen wackelnden Grund und wenn<lb/>
nur etwan an einem Orte ein Scheitt her-<lb/>
aus gehet, &#x017F;o fallen die u&#x0364;brigen nach. Wenn<lb/>
das Wa&#x017F;&#x017F;er ge&#x017F;chwinde wieder den Stoß<lb/>
ge&#x017F;cho&#x017F;&#x017F;en kommet; &#x017F;o gehet es eben zu wie<lb/>
vorhin bey der Bru&#x0364;cke (§. 349.). Unterwei-<lb/>
len hat das Wa&#x017F;&#x017F;er gantze Stu&#x0364;cke Landes<lb/>
mit einem Hau&#x017F;e von einem Orte fortgefu&#x0364;hret<lb/>
und an einem andern niederge&#x017F;etzet. Die-<lb/>
&#x017F;es aber i&#x017F;t &#x017F;ich weniger zu verwundern.<lb/>
Denn wenn das Wa&#x017F;&#x017F;er rings herumb al-<lb/>
les loß geri&#x017F;&#x017F;en und &#x017F;ich durch die Erde unter<lb/>
den Hau&#x017F;e durch gearbeitet; &#x017F;o i&#x017F;t das Erd-<lb/>
reich mit dem darauf &#x017F;tehenden Geba&#x0364;ude<lb/>
nicht anders anzu&#x017F;ehen gewe&#x017F;en als ein<lb/>
Schiff, oder eine andere Sache, die auf dem<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;er &#x017F;chwimmet: denn da im Geba&#x0364;ude<lb/>
&#x017F;ehr viel Lufft i&#x017F;t; &#x017F;o machet es auch einen<lb/>
Co&#x0364;rper von viel leichterer Art aus als das<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Wa&#x017F;&#x017F;er,</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[514/0550] Cap. IX. Von dem Waſſer wenn das ausgetretene Waſſer groſſe Holtz- Stoͤſſe umbwerffen ſoll. Denn man ſtelle ſich vor, daß daſſelbe rings herum den Holtz- Stoß umbflieſſe, ſo daß ein Theil Schei- te von dem Boden an nach einander gantz im Waſſer ſtehen. Weil das Waſſer auch zwiſchen die Scheite dringet, wo ein leerer Raum iſt; ſo iſt es eben ſo viel, als wenn ſie im Waſſer laͤgen und verlieren daher darin- nen ihre Schweere, ja von dem Waſſer wer- den ſie gar etwas in die Hoͤhe getrieben (§. 195. T. I. Exper.). Derowegen bekom- men ſie einen wackelnden Grund und wenn nur etwan an einem Orte ein Scheitt her- aus gehet, ſo fallen die uͤbrigen nach. Wenn das Waſſer geſchwinde wieder den Stoß geſchoſſen kommet; ſo gehet es eben zu wie vorhin bey der Bruͤcke (§. 349.). Unterwei- len hat das Waſſer gantze Stuͤcke Landes mit einem Hauſe von einem Orte fortgefuͤhret und an einem andern niedergeſetzet. Die- ſes aber iſt ſich weniger zu verwundern. Denn wenn das Waſſer rings herumb al- les loß geriſſen und ſich durch die Erde unter den Hauſe durch gearbeitet; ſo iſt das Erd- reich mit dem darauf ſtehenden Gebaͤude nicht anders anzuſehen geweſen als ein Schiff, oder eine andere Sache, die auf dem Waſſer ſchwimmet: denn da im Gebaͤude ſehr viel Lufft iſt; ſo machet es auch einen Coͤrper von viel leichterer Art aus als das Waſſer,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/550
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. 514. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/550>, abgerufen am 20.05.2024.