tern aber müssen wenigstens einen Theil davon durch den Regen bekommen. Weil man doch aber auch nicht siehet, wo das ü- brige herkommet, und sonst dem Verfahren der Natur gemäß ist, daß sie einer Qvelle das Wasser daher gewehret, woher es die andere erhält; so müssen die beständigen Qvellen ihr Wasser gleichfals gantz von den Regen und Thaue haben, nur ist nö- thig, daß in einem gewissen Behältniße ein Vorrath gesammlet werde, der auf einige Zeit dauren kan. Weil wir oben gesehen, daß innerhalb den Bergen starcke Ausdün- stungen sind und dadurch den Qvellen das Wasser benommen wird, wenn sie Frey- heit haben in die Lufft zugehen (§. 342.); so kan es auch gar wohl seyn, daß die Be- hältnisse, da das Wasser gesammlet wird, sehr tief in der Erde sind, und daraus das- selbe starck ausdünstet, welche Dünste durch die Ritze und Räumlein zwischen den Stei- nen durchdringen und sich in anderen Be- hältnissen versammlen, wo sie durch Gänge heraus rinnen können. Die jenigen, wel- che den Ursprung der grossen Flüsse unter- sucht, haben gefunden, daß sich einige aus den Bergen so starck giessen, daß sie bald schiffreich werden. Wo das Wasser in solcher Menge hervor bricht, kan es nicht wohl anders seyn, als daß es schon unter der Erden durch viele Bäche zusammen geflos-
sen,
Cap. IX. Von dem Waſſer
tern aber muͤſſen wenigſtens einen Theil davon durch den Regen bekommen. Weil man doch aber auch nicht ſiehet, wo das uͤ- brige herkommet, und ſonſt dem Verfahren der Natur gemaͤß iſt, daß ſie einer Qvelle das Waſſer daher gewehret, woher es die andere erhaͤlt; ſo muͤſſen die beſtaͤndigen Qvellen ihr Waſſer gleichfals gantz von den Regen und Thaue haben, nur iſt noͤ- thig, daß in einem gewiſſen Behaͤltniße ein Vorrath geſammlet werde, der auf einige Zeit dauren kan. Weil wir oben geſehen, daß innerhalb den Bergen ſtarcke Ausduͤn- ſtungen ſind und dadurch den Qvellen das Waſſer benommen wird, wenn ſie Frey- heit haben in die Lufft zugehen (§. 342.); ſo kan es auch gar wohl ſeyn, daß die Be- haͤltniſſe, da das Waſſer geſammlet wird, ſehr tief in der Erde ſind, und daraus daſ- ſelbe ſtarck ausduͤnſtet, welche Duͤnſte durch die Ritze und Raͤumlein zwiſchen den Stei- nen durchdringen und ſich in anderen Be- haͤltniſſen verſammlen, wo ſie durch Gaͤnge heraus rinnen koͤnnen. Die jenigen, wel- che den Urſprung der groſſen Fluͤſſe unter- ſucht, haben gefunden, daß ſich einige aus den Bergen ſo ſtarck gieſſen, daß ſie bald ſchiffreich werden. Wo das Waſſer in ſolcher Menge hervor bricht, kan es nicht wohl anders ſeyn, als daß es ſchon unter der Erden durch viele Baͤche zuſammen gefloſ-
ſen,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0536"n="500"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">Cap. IX.</hi> Von dem Waſſer</hi></fw><lb/>
tern aber muͤſſen wenigſtens einen Theil<lb/>
davon durch den Regen bekommen. Weil<lb/>
man doch aber auch nicht ſiehet, wo das uͤ-<lb/>
brige herkommet, und ſonſt dem Verfahren<lb/>
der Natur gemaͤß iſt, daß ſie einer Qvelle<lb/>
das Waſſer daher gewehret, woher es die<lb/>
andere erhaͤlt; ſo muͤſſen die beſtaͤndigen<lb/>
Qvellen ihr Waſſer gleichfals gantz von<lb/>
den Regen und Thaue haben, nur iſt noͤ-<lb/>
thig, daß in einem gewiſſen Behaͤltniße ein<lb/>
Vorrath geſammlet werde, der auf einige<lb/>
Zeit dauren kan. Weil wir oben geſehen,<lb/>
daß innerhalb den Bergen ſtarcke Ausduͤn-<lb/>ſtungen ſind und dadurch den Qvellen das<lb/>
Waſſer benommen wird, wenn ſie Frey-<lb/>
heit haben in die Lufft zugehen (§. 342.);<lb/>ſo kan es auch gar wohl ſeyn, daß die Be-<lb/>
haͤltniſſe, da das Waſſer geſammlet wird,<lb/>ſehr tief in der Erde ſind, und daraus daſ-<lb/>ſelbe ſtarck ausduͤnſtet, welche Duͤnſte durch<lb/>
die Ritze und Raͤumlein zwiſchen den Stei-<lb/>
nen durchdringen und ſich in anderen Be-<lb/>
haͤltniſſen verſammlen, wo ſie durch Gaͤnge<lb/>
heraus rinnen koͤnnen. Die jenigen, wel-<lb/>
che den Urſprung der groſſen Fluͤſſe unter-<lb/>ſucht, haben gefunden, daß ſich einige aus<lb/>
den Bergen ſo ſtarck gieſſen, daß ſie bald<lb/>ſchiffreich werden. Wo das Waſſer in<lb/>ſolcher Menge hervor bricht, kan es nicht<lb/>
wohl anders ſeyn, als daß es ſchon unter der<lb/>
Erden durch viele Baͤche zuſammen gefloſ-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ſen,</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[500/0536]
Cap. IX. Von dem Waſſer
tern aber muͤſſen wenigſtens einen Theil
davon durch den Regen bekommen. Weil
man doch aber auch nicht ſiehet, wo das uͤ-
brige herkommet, und ſonſt dem Verfahren
der Natur gemaͤß iſt, daß ſie einer Qvelle
das Waſſer daher gewehret, woher es die
andere erhaͤlt; ſo muͤſſen die beſtaͤndigen
Qvellen ihr Waſſer gleichfals gantz von
den Regen und Thaue haben, nur iſt noͤ-
thig, daß in einem gewiſſen Behaͤltniße ein
Vorrath geſammlet werde, der auf einige
Zeit dauren kan. Weil wir oben geſehen,
daß innerhalb den Bergen ſtarcke Ausduͤn-
ſtungen ſind und dadurch den Qvellen das
Waſſer benommen wird, wenn ſie Frey-
heit haben in die Lufft zugehen (§. 342.);
ſo kan es auch gar wohl ſeyn, daß die Be-
haͤltniſſe, da das Waſſer geſammlet wird,
ſehr tief in der Erde ſind, und daraus daſ-
ſelbe ſtarck ausduͤnſtet, welche Duͤnſte durch
die Ritze und Raͤumlein zwiſchen den Stei-
nen durchdringen und ſich in anderen Be-
haͤltniſſen verſammlen, wo ſie durch Gaͤnge
heraus rinnen koͤnnen. Die jenigen, wel-
che den Urſprung der groſſen Fluͤſſe unter-
ſucht, haben gefunden, daß ſich einige aus
den Bergen ſo ſtarck gieſſen, daß ſie bald
ſchiffreich werden. Wo das Waſſer in
ſolcher Menge hervor bricht, kan es nicht
wohl anders ſeyn, als daß es ſchon unter der
Erden durch viele Baͤche zuſammen gefloſ-
ſen,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. 500. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/536>, abgerufen am 20.05.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.