Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723.Cap. VIII. Von dem Blitze er in einer geraden Linie wieder das Dachund warf daselbst die Ziegel herab, daß er auf den Boden kommen konnte. Er durch- brach den Boden und beschädigte alles, wo er anstieß. Wir haben dergleichen auch schon vorhin (§. 330) wahrgenommen. Der Blitz ist eine Flamme, die mit einer Krafft versehen sich auszubreiten, und wird durch die ungemein geschwinde Bewegung zusam- men gehalten, daß sie sich nicht zerstreuen kan (§. cit.). Eine Materie, die schnelle beweget wird, hat eine grosse Krafft, ob sie gleich an sich nicht viel Raum erfüllet, und es ist glaublich, daß auch viel Materie, die inner- halb den Zwischenräumlein der Flamme ist, mit durch dieschnelle Bewegung dahin geris- sen wird u. solchergestalt die eigenthümliche Materie nicht eine geringe Grösse erhält (§. 13). Und demnach besitzet auch der Blitz an sich eine grosse Krafft, damit er Gewalt ausüben kan. Zu dem wissen wir, daß die Flamme des entzündeten Pulvers wegen seiner ausdehnenden Krafft grosse Gewalt ausüben kan, und demnach finden wir kei- nen Grund, warumb wir dem Blitze derglei- chen absprechen wollten. Freylich ist wohl wahr, daß die Lufft von dem Blitze eben da- hin gestossen wird, wo er hinfähret und da- her ihre Gewalt auch dahin erstrecket: al- lein deswegen können wir dem Blitze seine Krafft nicht absprechen, sondern wir erken- nen
Cap. VIII. Von dem Blitze er in einer geraden Linie wieder das Dachund warf daſelbſt die Ziegel herab, daß er auf den Boden kommen konnte. Er durch- brach den Boden und beſchaͤdigte alles, wo er anſtieß. Wir haben dergleichen auch ſchon vorhin (§. 330) wahrgenommen. Der Blitz iſt eine Flamme, die mit einer Krafft verſehen ſich auszubreiten, und wird durch die ungemein geſchwinde Bewegung zuſam- men gehalten, daß ſie ſich nicht zerſtreuen kan (§. cit.). Eine Materie, die ſchnelle beweget wird, hat eine groſſe Krafft, ob ſie gleich an ſich nicht viel Raum erfuͤllet, und es iſt glaublich, daß auch viel Materie, die iñer- halb den Zwiſchenraͤumlein der Flamme iſt, mit durch dieſchnelle Bewegung dahin geriſ- ſen wird u. ſolchergeſtalt die eigenthuͤmliche Materie nicht eine geringe Groͤſſe erhaͤlt (§. 13). Und demnach beſitzet auch der Blitz an ſich eine groſſe Krafft, damit er Gewalt ausuͤben kan. Zu dem wiſſen wir, daß die Flamme des entzuͤndeten Pulvers wegen ſeiner ausdehnenden Krafft groſſe Gewalt ausuͤben kan, und demnach finden wir kei- nen Grund, warumb wir dem Blitze derglei- chen abſprechen wollten. Freylich iſt wohl wahr, daß die Lufft von dem Blitze eben da- hin geſtoſſen wird, wo er hinfaͤhret und da- her ihre Gewalt auch dahin erſtrecket: al- lein deswegen koͤnnen wir dem Blitze ſeine Krafft nicht abſprechen, ſondern wir erken- nen
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0496" n="460"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">Cap. VIII.</hi> Von dem Blitze</hi></fw><lb/> er in einer geraden Linie wieder das Dach<lb/> und warf daſelbſt die Ziegel herab, daß er<lb/> auf den Boden kommen konnte. Er durch-<lb/> brach den Boden und beſchaͤdigte alles, wo<lb/> er anſtieß. Wir haben dergleichen auch<lb/> ſchon vorhin (§. 330) wahrgenommen. Der<lb/> Blitz iſt eine Flamme, die mit einer Krafft<lb/> verſehen ſich auszubreiten, und wird durch<lb/> die ungemein geſchwinde Bewegung zuſam-<lb/> men gehalten, daß ſie ſich nicht zerſtreuen<lb/> kan (§. <hi rendition="#aq">cit.</hi>). Eine Materie, die ſchnelle<lb/> beweget wird, hat eine groſſe Krafft, ob ſie<lb/> gleich an ſich nicht viel Raum erfuͤllet, und es<lb/> iſt glaublich, daß auch viel Materie, die iñer-<lb/> halb den Zwiſchenraͤumlein der Flamme iſt,<lb/> mit durch dieſchnelle Bewegung dahin geriſ-<lb/> ſen wird u. ſolchergeſtalt die eigenthuͤmliche<lb/> Materie nicht eine geringe Groͤſſe erhaͤlt (§.<lb/> 13). Und demnach beſitzet auch der Blitz<lb/> an ſich eine groſſe Krafft, damit er Gewalt<lb/> ausuͤben kan. Zu dem wiſſen wir, daß die<lb/> Flamme des entzuͤndeten Pulvers wegen<lb/> ſeiner ausdehnenden Krafft groſſe Gewalt<lb/> ausuͤben kan, und demnach finden wir kei-<lb/> nen Grund, warumb wir dem Blitze derglei-<lb/> chen abſprechen wollten. Freylich iſt wohl<lb/> wahr, daß die Lufft von dem Blitze eben da-<lb/> hin geſtoſſen wird, wo er hinfaͤhret und da-<lb/> her ihre Gewalt auch dahin erſtrecket: al-<lb/> lein deswegen koͤnnen wir dem Blitze ſeine<lb/> Krafft nicht abſprechen, ſondern wir erken-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">nen</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [460/0496]
Cap. VIII. Von dem Blitze
er in einer geraden Linie wieder das Dach
und warf daſelbſt die Ziegel herab, daß er
auf den Boden kommen konnte. Er durch-
brach den Boden und beſchaͤdigte alles, wo
er anſtieß. Wir haben dergleichen auch
ſchon vorhin (§. 330) wahrgenommen. Der
Blitz iſt eine Flamme, die mit einer Krafft
verſehen ſich auszubreiten, und wird durch
die ungemein geſchwinde Bewegung zuſam-
men gehalten, daß ſie ſich nicht zerſtreuen
kan (§. cit.). Eine Materie, die ſchnelle
beweget wird, hat eine groſſe Krafft, ob ſie
gleich an ſich nicht viel Raum erfuͤllet, und es
iſt glaublich, daß auch viel Materie, die iñer-
halb den Zwiſchenraͤumlein der Flamme iſt,
mit durch dieſchnelle Bewegung dahin geriſ-
ſen wird u. ſolchergeſtalt die eigenthuͤmliche
Materie nicht eine geringe Groͤſſe erhaͤlt (§.
13). Und demnach beſitzet auch der Blitz
an ſich eine groſſe Krafft, damit er Gewalt
ausuͤben kan. Zu dem wiſſen wir, daß die
Flamme des entzuͤndeten Pulvers wegen
ſeiner ausdehnenden Krafft groſſe Gewalt
ausuͤben kan, und demnach finden wir kei-
nen Grund, warumb wir dem Blitze derglei-
chen abſprechen wollten. Freylich iſt wohl
wahr, daß die Lufft von dem Blitze eben da-
hin geſtoſſen wird, wo er hinfaͤhret und da-
her ihre Gewalt auch dahin erſtrecket: al-
lein deswegen koͤnnen wir dem Blitze ſeine
Krafft nicht abſprechen, ſondern wir erken-
nen
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |