Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723.

Bild:
<< vorherige Seite

Cap. I. Von dem Wesen
rie gesaget wird, nicht erdichtet. Man
hat auch schon untersuchet, wie subtile sich
das Gold ausbreiten lässet auf den Sil-
ber-Faden, die verguldet werden. De Reau-
mur
(b) mercket an, daß ein Goldblätt-
lein nicht über einer Linie dicke sey: hin-
gegen zeiget er, daß das Gold, damit die
Silber-Faden verguldet sind, nicht über
einer Linie austrage. Wenn man
nun das Gold so subtile ausgezogen anneh-
men wollte, so würde man in dem vorher-
gehenden Beweise noch weit mehrere Thei-
le heraus bekommen, massen die Anzahl der
Theile sich in der Verhältnis wie
30000 zu 175000, das ist, wie 6 zu 35
vermehren muß. Man bekommet demnach
bey nahe 6 mahl soviel Theile als vorhin,
nemlich an Theilen, die man mit blossen
Augen sehen kan, an stat 2000000 bey na-
he 12000000. Und dieses allein ist genung
die Subtilität der Materie zubewundern,
welche die Natur zeiget, daß in einem
Räumlein, das nicht über 2/5 einer Linie lang,
breit und dicke ist, zwölff Millionen Theile
seyn können, deren einen man noch mit blossen
Auge sehen kan. Der gelehrte Engellän-
der Herr Halley (c) hat gleichfalls untersu-

chet,
(b) Memoire de l' Acad. Roy des Seienc. An.
1713. p. m.
270.
(c) Vid. Miscellanea curiosa Lond. 1705 edita
p.
246.

Cap. I. Von dem Weſen
rie geſaget wird, nicht erdichtet. Man
hat auch ſchon unterſuchet, wie ſubtile ſich
das Gold ausbreiten laͤſſet auf den Sil-
ber-Faden, die verguldet werden. De Reau-
mur
(b) mercket an, daß ein Goldblaͤtt-
lein nicht uͤber einer Linie dicke ſey: hin-
gegen zeiget er, daß das Gold, damit die
Silber-Faden verguldet ſind, nicht uͤber
einer Linie austrage. Wenn man
nun das Gold ſo ſubtile ausgezogen anneh-
men wollte, ſo wuͤrde man in dem vorher-
gehenden Beweiſe noch weit mehrere Thei-
le heraus bekommen, maſſen die Anzahl der
Theile ſich in der Verhaͤltnis wie
30000 zu 175000, das iſt, wie 6 zu 35
vermehren muß. Man bekommet demnach
bey nahe 6 mahl ſoviel Theile als vorhin,
nemlich an Theilen, die man mit bloſſen
Augen ſehen kan, an ſtat 2000000 bey na-
he 12000000. Und dieſes allein iſt genung
die Subtilitaͤt der Materie zubewundern,
welche die Natur zeiget, daß in einem
Raͤumlein, das nicht uͤber ⅖ einer Linie lang,
breit und dicke iſt, zwoͤlff Millionen Theile
ſeyn koͤñen, deren einen man noch mit bloſſen
Auge ſehen kan. Der gelehrte Engellaͤn-
der Herr Halley (c) hat gleichfalls unterſu-

chet,
(b) Memoire de l’ Acad. Roy des Seienc. An.
1713. p. m.
270.
(c) Vid. Miſcellanea curioſa Lond. 1705 edita
p.
246.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0044" n="8"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">Cap. I.</hi> Von dem We&#x017F;en</hi></fw><lb/>
rie ge&#x017F;aget wird, nicht erdichtet. Man<lb/>
hat auch &#x017F;chon unter&#x017F;uchet, wie &#x017F;ubtile &#x017F;ich<lb/>
das Gold ausbreiten la&#x0364;&#x017F;&#x017F;et auf den Sil-<lb/>
ber-Faden, die verguldet werden. <hi rendition="#aq">De Reau-<lb/>
mur</hi> <note place="foot" n="(b)"><hi rendition="#aq">Memoire de l&#x2019; Acad. Roy des Seienc. An.<lb/>
1713. p. m.</hi> 270.</note> mercket an, daß ein Goldbla&#x0364;tt-<lb/>
lein nicht u&#x0364;ber <formula notation="TeX">\frac {1}{3000}</formula> einer Linie dicke &#x017F;ey: hin-<lb/>
gegen zeiget er, daß das Gold, damit die<lb/>
Silber-Faden verguldet &#x017F;ind, nicht u&#x0364;ber<lb/>
einer Linie austrage. Wenn man<lb/>
nun das Gold &#x017F;o &#x017F;ubtile ausgezogen anneh-<lb/>
men wollte, &#x017F;o wu&#x0364;rde man in dem vorher-<lb/>
gehenden Bewei&#x017F;e noch weit mehrere Thei-<lb/>
le heraus bekommen, ma&#x017F;&#x017F;en die Anzahl der<lb/>
Theile &#x017F;ich in der Verha&#x0364;ltnis wie<lb/>
30000 zu 175000, das i&#x017F;t, wie 6 zu 35<lb/>
vermehren muß. Man bekommet demnach<lb/>
bey nahe 6 mahl &#x017F;oviel Theile als vorhin,<lb/>
nemlich an Theilen, die man mit blo&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Augen &#x017F;ehen kan, an &#x017F;tat 2000000 bey na-<lb/>
he 12000000. Und die&#x017F;es allein i&#x017F;t genung<lb/>
die Subtilita&#x0364;t der Materie zubewundern,<lb/>
welche die Natur zeiget, daß in einem<lb/>
Ra&#x0364;umlein, das nicht u&#x0364;ber &#x2156; einer Linie lang,<lb/>
breit und dicke i&#x017F;t, zwo&#x0364;lff Millionen Theile<lb/>
&#x017F;eyn ko&#x0364;ñen, deren einen man noch mit blo&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Auge &#x017F;ehen kan. Der gelehrte Engella&#x0364;n-<lb/>
der Herr <hi rendition="#fr">Halley</hi> <note place="foot" n="(c)"><hi rendition="#aq">Vid. Mi&#x017F;cellanea curio&#x017F;a Lond. 1705 edita<lb/>
p.</hi> 246.</note> hat gleichfalls unter&#x017F;u-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">chet,</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[8/0044] Cap. I. Von dem Weſen rie geſaget wird, nicht erdichtet. Man hat auch ſchon unterſuchet, wie ſubtile ſich das Gold ausbreiten laͤſſet auf den Sil- ber-Faden, die verguldet werden. De Reau- mur (b) mercket an, daß ein Goldblaͤtt- lein nicht uͤber [FORMEL] einer Linie dicke ſey: hin- gegen zeiget er, daß das Gold, damit die Silber-Faden verguldet ſind, nicht uͤber einer Linie austrage. Wenn man nun das Gold ſo ſubtile ausgezogen anneh- men wollte, ſo wuͤrde man in dem vorher- gehenden Beweiſe noch weit mehrere Thei- le heraus bekommen, maſſen die Anzahl der Theile ſich in der Verhaͤltnis wie 30000 zu 175000, das iſt, wie 6 zu 35 vermehren muß. Man bekommet demnach bey nahe 6 mahl ſoviel Theile als vorhin, nemlich an Theilen, die man mit bloſſen Augen ſehen kan, an ſtat 2000000 bey na- he 12000000. Und dieſes allein iſt genung die Subtilitaͤt der Materie zubewundern, welche die Natur zeiget, daß in einem Raͤumlein, das nicht uͤber ⅖ einer Linie lang, breit und dicke iſt, zwoͤlff Millionen Theile ſeyn koͤñen, deren einen man noch mit bloſſen Auge ſehen kan. Der gelehrte Engellaͤn- der Herr Halley (c) hat gleichfalls unterſu- chet, (b) Memoire de l’ Acad. Roy des Seienc. An. 1713. p. m. 270. (c) Vid. Miſcellanea curioſa Lond. 1705 edita p. 246.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/44
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/44>, abgerufen am 19.04.2024.