Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723.der Dünste, Nebel und Wolcken welche auf hohe Berge gestiegen sind, be-kräfftigen, daß, wenn sie durch die Wolcken durchgegangen, es nichts anders gewesen, als wenn sie durch einen starcken Nebel durchgiengen. Es zeigen aber die beyden von mir angeführten Erfahrungen, daß eine Menge Dünste auch noch von weitem wie ein Nebel aussichet, wenn hinter ihnen ein anderer Cörper ist, den man durch den Ne- bel sehen kan, als wie in den angeführten Fällen der Berge, hingegen die Gestalt ei- ner Wolcken bekommen, so bald sie in der freyen Lufft ist, da man nichts mehr durch- sehen kan. Der Unterscheid bestehet dem- nach bloß darinnen, daß eine Wolcke dich- ter zu seyn scheinet als ein Nebel. Sie scheinet aber in der That nur dichter zu seyn als ein Nebel, weil sie weit von dem Auge weg ist. Denn der grosse Raum, der eine Menge Dünste erfüllet, scheinet in der Wei- te klein zu seyn. Daher ist es eben soviel, als wenn die Dünste umb so viel dichter worden wären, soviel der Raum aus opti- schen Gründen verkleinert wird. Hieraus ist zuersehen, daß die Wolcken um soviel dichter aussehen müssen, je weiter sie von der Erde weg sind Und würde sich auch aus dem Ansehen der Wolcken vieles von ihnen urtheilen lassen, wenn man auf alles genauer acht zu geben gewohnet wäre als jetzund geschiehet. §. 262. Z 3
der Duͤnſte, Nebel und Wolcken welche auf hohe Berge geſtiegen ſind, be-kraͤfftigen, daß, wenn ſie durch die Wolcken durchgegangen, es nichts anders geweſen, als wenn ſie durch einen ſtarcken Nebel durchgiengen. Es zeigen aber die beyden von mir angefuͤhrten Erfahrungen, daß eine Menge Duͤnſte auch noch von weitem wie ein Nebel ausſichet, wenn hinter ihnen ein anderer Coͤrper iſt, den man durch den Ne- bel ſehen kan, als wie in den angefuͤhrten Faͤllen der Berge, hingegen die Geſtalt ei- ner Wolcken bekommen, ſo bald ſie in der freyen Lufft iſt, da man nichts mehr durch- ſehen kan. Der Unterſcheid beſtehet dem- nach bloß darinnen, daß eine Wolcke dich- ter zu ſeyn ſcheinet als ein Nebel. Sie ſcheinet aber in der That nur dichter zu ſeyn als ein Nebel, weil ſie weit von dem Auge weg iſt. Denn der groſſe Raum, der eine Menge Duͤnſte erfuͤllet, ſcheinet in der Wei- te klein zu ſeyn. Daher iſt es eben ſoviel, als wenn die Duͤnſte umb ſo viel dichter worden waͤren, ſoviel der Raum aus opti- ſchen Gruͤnden verkleinert wird. Hieraus iſt zuerſehen, daß die Wolcken um ſoviel dichter ausſehen muͤſſen, je weiter ſie von der Erde weg ſind Und wuͤrde ſich auch aus dem Anſehen der Wolcken vieles von ihnen urtheilen laſſen, wenn man auf alles genauer acht zu geben gewohnet waͤre als jetzund geſchiehet. §. 262. Z 3
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welche auf hohe Berge geſtiegen ſind, be-
kraͤfftigen, daß, wenn ſie durch die Wolcken
durchgegangen, es nichts anders geweſen,
als wenn ſie durch einen ſtarcken Nebel
durchgiengen. Es zeigen aber die beyden
von mir angefuͤhrten Erfahrungen, daß eine
Menge Duͤnſte auch noch von weitem wie
ein Nebel ausſichet, wenn hinter ihnen ein
anderer Coͤrper iſt, den man durch den Ne-
bel ſehen kan, als wie in den angefuͤhrten
Faͤllen der Berge, hingegen die Geſtalt ei-
ner Wolcken bekommen, ſo bald ſie in der
freyen Lufft iſt, da man nichts mehr durch-
ſehen kan. Der Unterſcheid beſtehet dem-
nach bloß darinnen, daß eine Wolcke dich-
ter zu ſeyn ſcheinet als ein Nebel. Sie
ſcheinet aber in der That nur dichter zu ſeyn
als ein Nebel, weil ſie weit von dem Auge
weg iſt. Denn der groſſe Raum, der eine
Menge Duͤnſte erfuͤllet, ſcheinet in der Wei-
te klein zu ſeyn. Daher iſt es eben ſoviel,
als wenn die Duͤnſte umb ſo viel dichter
worden waͤren, ſoviel der Raum aus opti-
ſchen Gruͤnden verkleinert wird. Hieraus
iſt zuerſehen, daß die Wolcken um ſoviel
dichter ausſehen muͤſſen, je weiter ſie von
der Erde weg ſind Und wuͤrde ſich auch
aus dem Anſehen der Wolcken vieles von
ihnen urtheilen laſſen, wenn man auf alles
genauer acht zu geben gewohnet waͤre als
jetzund geſchiehet.
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