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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723.

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der vier Jahrs-Zeiten.
§. 242.

Unterdessen kan doch auch imWarumb
er es im
Wiuter
warm
machet.

kalten Wetter der Regen es wärmer ma-
chen. Wenn der Erdboden und sonder-
lich die Steine sehr kalt sind, und es fället
ein subtiler Regen; so werden die Steine
mit einer dünnen Schaale von Eis überzo-
gen. Nun gefrieret das Wasser bloß da-
durch, daß ihm die Wärme entgehet (§.
119 T. II. Exper.). Derowegen muß
der Regen wärmer seyn als die Steine und
der Erdboden und diesen ihre Wärme mit-
theilen. Wiederum wenn das Erdreich
und die Dächer mit Schnee bedecket sind
und es fället ein Regen darein, so thauet der
Schnee viel stärcker auf als im Sonnen-
scheine. Ja überhaupt ist das Thauwet-
ter stärcker bey feuchter Lufft als bey trocke-
ner. Der Schnee und das Eis thauen
nicht auf als wenn sie wieder so viel Wärme
erhalten, als zur Flüßigkeit des Wassers
nöthig ist (§. cit. T. II. Exper.). Dero-
wegen da beyde von dem Regen aufthauen
und gleichwvhl dieser nicht gefrieret, so muß
er nicht allein so viel Wärme haben, als
ihn in seiner Flüßigkeit zuerhalten erfordert
wird, sondern auch noch so viel darüber als
der Schnee und das Eis, so er schmeltzet, zu
ihrer Flüßigkeit brauchen. Derowegen
hat der Regen so viel Wärme, daß er auch
der Lufft und dem Erdboden einige mitthei-
len kan, folgends kan er wieder zu Winters-

Zeit
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der vier Jahrs-Zeiten.
§. 242.

Unterdeſſen kan doch auch imWarumb
er es im
Wiuter
warm
machet.

kalten Wetter der Regen es waͤrmer ma-
chen. Wenn der Erdboden und ſonder-
lich die Steine ſehr kalt ſind, und es faͤllet
ein ſubtiler Regen; ſo werden die Steine
mit einer duͤnnen Schaale von Eis uͤberzo-
gen. Nun gefrieret das Waſſer bloß da-
durch, daß ihm die Waͤrme entgehet (§.
119 T. II. Exper.). Derowegen muß
der Regen waͤrmer ſeyn als die Steine und
der Erdboden und dieſen ihre Waͤrme mit-
theilen. Wiederum wenn das Erdreich
und die Daͤcher mit Schnee bedecket ſind
und es faͤllet ein Regen darein, ſo thauet der
Schnee viel ſtaͤrcker auf als im Sonnen-
ſcheine. Ja uͤberhaupt iſt das Thauwet-
ter ſtaͤrcker bey feuchter Lufft als bey trocke-
ner. Der Schnee und das Eis thauen
nicht auf als wenn ſie wieder ſo viel Waͤrme
erhalten, als zur Fluͤßigkeit des Waſſers
noͤthig iſt (§. cit. T. II. Exper.). Dero-
wegen da beyde von dem Regen aufthauen
und gleichwvhl dieſer nicht gefrieret, ſo muß
er nicht allein ſo viel Waͤrme haben, als
ihn in ſeiner Fluͤßigkeit zuerhalten erfordert
wird, ſondern auch noch ſo viel daruͤber als
der Schnee und das Eis, ſo er ſchmeltzet, zu
ihrer Fluͤßigkeit brauchen. Derowegen
hat der Regen ſo viel Waͤrme, daß er auch
der Lufft und dem Erdboden einige mitthei-
len kan, folgends kan er wieder zu Winters-

Zeit
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[329/0365] der vier Jahrs-Zeiten. §. 242. Unterdeſſen kan doch auch im kalten Wetter der Regen es waͤrmer ma- chen. Wenn der Erdboden und ſonder- lich die Steine ſehr kalt ſind, und es faͤllet ein ſubtiler Regen; ſo werden die Steine mit einer duͤnnen Schaale von Eis uͤberzo- gen. Nun gefrieret das Waſſer bloß da- durch, daß ihm die Waͤrme entgehet (§. 119 T. II. Exper.). Derowegen muß der Regen waͤrmer ſeyn als die Steine und der Erdboden und dieſen ihre Waͤrme mit- theilen. Wiederum wenn das Erdreich und die Daͤcher mit Schnee bedecket ſind und es faͤllet ein Regen darein, ſo thauet der Schnee viel ſtaͤrcker auf als im Sonnen- ſcheine. Ja uͤberhaupt iſt das Thauwet- ter ſtaͤrcker bey feuchter Lufft als bey trocke- ner. Der Schnee und das Eis thauen nicht auf als wenn ſie wieder ſo viel Waͤrme erhalten, als zur Fluͤßigkeit des Waſſers noͤthig iſt (§. cit. T. II. Exper.). Dero- wegen da beyde von dem Regen aufthauen und gleichwvhl dieſer nicht gefrieret, ſo muß er nicht allein ſo viel Waͤrme haben, als ihn in ſeiner Fluͤßigkeit zuerhalten erfordert wird, ſondern auch noch ſo viel daruͤber als der Schnee und das Eis, ſo er ſchmeltzet, zu ihrer Fluͤßigkeit brauchen. Derowegen hat der Regen ſo viel Waͤrme, daß er auch der Lufft und dem Erdboden einige mitthei- len kan, folgends kan er wieder zu Winters- Zeit Warumb er es im Wiuter warm machet. X 5

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Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. 329. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/365>, abgerufen am 18.05.2024.