eine gantz mäßige Wärme, dergleichen in ei- nem tieffen Keller ist, durch das dicke Erd- reich nicht durchdringen kan. Wir fin- den auch, daß einige Sachen die Wärme nicht durchdringen lassen, als z. E. Fe- dern und Wolle, und darunter gehöret auch der Schnee, ja selbst das Eis, damit die o- bere Erde überfroren, oder durchfroren ist. Und deswegen kan nicht die Wärme aus der unteren Erde in einer solchen Menge heraus fahren, daß es daselbst so kalt, Warumb im Fe- bruario der war- me Son- nenschein die Kälte nicht ver- treibet.oder doch bey nahe so kalt würde, wie oben.
§. 235.
Jm Hornunge kommet die Son- ne schon weit herauf, sonderlich gegen das Mittel, und scheinet daher warm (§. 227. Derowegen sehen wir auch, daß es in der Sonne thauet und der Schnee auf den Dächern und Feldern schmeltzet. Allein da die Erde gefroren und mit Schnee ü- berdeckt, andere Cörper aber, die über der Erde erhaben stehen, sehr kalt worden sind; so können sie noch nicht von der Sonne mercklich erwärmet werden. Die wenige Wärme, welche die Lufft in der Sonne bekommet, wird ihr im Schatten bald wie- der benommen, und des Nachts, die noch ziemlich lang ist, gehet alles wieder verloh- ren, was die Sonne den Tag über gewür- cket. Wer sich dieser Wahrheiten mehr versichern will, der darf nur mit Wetterglä- sern observiren und die Gelegenheit zu sol- chen Observationen, als er nöthig hat, su-
chen,
Cap. IV. Von den Witterungen
eine gantz maͤßige Waͤrme, dergleichen in ei- nem tieffen Keller iſt, durch das dicke Erd- reich nicht durchdringen kan. Wir fin- den auch, daß einige Sachen die Waͤrme nicht durchdringen laſſen, als z. E. Fe- dern und Wolle, und darunter gehoͤret auch der Schnee, ja ſelbſt das Eis, damit die o- bere Erde uͤberfroren, oder durchfroren iſt. Und deswegen kan nicht die Waͤrme aus der unteren Erde in einer ſolchen Menge heraus fahren, daß es daſelbſt ſo kalt, Warumb im Fe- bruario der war- me⃒ Son- nenſchein die Kaͤlte nicht ver- treibet.oder doch bey nahe ſo kalt wuͤrde, wie oben.
§. 235.
Jm Hornunge kommet die Son- ne ſchon weit herauf, ſonderlich gegen das Mittel, und ſcheinet daher warm (§. 227. Derowegen ſehen wir auch, daß es in der Sonne thauet und der Schnee auf den Daͤchern und Feldern ſchmeltzet. Allein da die Erde gefroren und mit Schnee uͤ- berdeckt, andere Coͤrper aber, die uͤber der Erde erhaben ſtehen, ſehr kalt worden ſind; ſo koͤnnen ſie noch nicht von der Sonne mercklich erwaͤrmet werden. Die wenige Waͤrme, welche die Lufft in der Sonne bekommet, wird ihr im Schatten bald wie- der benommen, und des Nachts, die noch ziemlich lang iſt, gehet alles wieder verloh- ren, was die Sonne den Tag uͤber gewuͤr- cket. Wer ſich dieſer Wahrheiten mehr verſichern will, der darf nur mit Wetterglaͤ- ſern obſerviren und die Gelegenheit zu ſol- chen Obſervationen, als er noͤthig hat, ſu-
chen,
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Cap. IV. Von den Witterungen
eine gantz maͤßige Waͤrme, dergleichen in ei-
nem tieffen Keller iſt, durch das dicke Erd-
reich nicht durchdringen kan. Wir fin-
den auch, daß einige Sachen die Waͤrme
nicht durchdringen laſſen, als z. E. Fe-
dern und Wolle, und darunter gehoͤret auch
der Schnee, ja ſelbſt das Eis, damit die o-
bere Erde uͤberfroren, oder durchfroren iſt.
Und deswegen kan nicht die Waͤrme aus
der unteren Erde in einer ſolchen Menge
heraus fahren, daß es daſelbſt ſo kalt,
oder doch bey nahe ſo kalt wuͤrde, wie oben.
Warumb
im Fe-
bruario
der war-
me⃒ Son-
nenſchein
die Kaͤlte
nicht ver-
treibet.
§. 235. Jm Hornunge kommet die Son-
ne ſchon weit herauf, ſonderlich gegen das
Mittel, und ſcheinet daher warm (§. 227.
Derowegen ſehen wir auch, daß es in der
Sonne thauet und der Schnee auf den
Daͤchern und Feldern ſchmeltzet. Allein
da die Erde gefroren und mit Schnee uͤ-
berdeckt, andere Coͤrper aber, die uͤber der
Erde erhaben ſtehen, ſehr kalt worden ſind;
ſo koͤnnen ſie noch nicht von der Sonne
mercklich erwaͤrmet werden. Die wenige
Waͤrme, welche die Lufft in der Sonne
bekommet, wird ihr im Schatten bald wie-
der benommen, und des Nachts, die noch
ziemlich lang iſt, gehet alles wieder verloh-
ren, was die Sonne den Tag uͤber gewuͤr-
cket. Wer ſich dieſer Wahrheiten mehr
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ſern obſerviren und die Gelegenheit zu ſol-
chen Obſervationen, als er noͤthig hat, ſu-
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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. 320. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/356>, abgerufen am 25.11.2024.
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