Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723.

Bild:
<< vorherige Seite

der vier Jahrs-Zeiten.
wohl geschehen kan, daß, da wir in Som-
mer der Wärme gewohnet, uns der Herbst
im Anfange kälter vorkommt als der Früh-
ling, welcher auf den. Winter erfolget, da
wir die Kälte ausstehen müssen (§. 74.).
Denn der Anfang des Frühlinges folget auf
den Winter, da die Erde durchgefroren und
die darauf befindlichen Cörper sehr erkältet
worden, folgends da es gute Weile haben
will, ehe die erkalteten Cörper wieder durch-
wärmet werden: hingegen der Anfang des
Herbstes folget auf den Sommer, da die
Erde und die darauf befindlichen Cörper
starck durchwärmet worden, folgends da es
eine gute Weile brauchet, ehe die erwärme-
ten Cörper ihrer Wärme wiederum berau-
bet werden (§. 76.). Und dieses ist die Ur-
sache warum die Wärme auf dem Erdbo-
den nicht so zunimmet, wie die Krafft und
Würckung der Sonne zunimmet, noch
auch auf eben diese Art abnimmet, wie die
Krafft und Würckung der Sonne abnim-
met. Jch rede hier bloß von der Wärme
und Kälte, in so weit die Sonne in ihrer
Würckung weder durch zufällige Ursachen
gehindert, noch auch befördert wird.

§. 233.

Und eben dieses ist die Ursache,Warumb
die gröste
Kälte erst
im Hor-
nung
kommet.

warum die Kälte erst gegen den Hornung
kommet, wenn der Tag schon wieder zunim-
met und die Sonne wärmer zuscheinen be-

gin-

der vier Jahrs-Zeiten.
wohl geſchehen kan, daß, da wir in Som-
mer der Waͤrme gewohnet, uns der Herbſt
im Anfange kaͤlter vorkommt als der Fruͤh-
ling, welcher auf den. Winter erfolget, da
wir die Kaͤlte ausſtehen muͤſſen (§. 74.).
Denn der Anfang des Fruͤhlinges folget auf
den Winter, da die Erde durchgefroren und
die darauf befindlichen Coͤrper ſehr erkaͤltet
worden, folgends da es gute Weile haben
will, ehe die erkalteten Coͤrper wieder durch-
waͤrmet werden: hingegen der Anfang des
Herbſtes folget auf den Sommer, da die
Erde und die darauf befindlichen Coͤrper
ſtarck durchwaͤrmet worden, folgends da es
eine gute Weile brauchet, ehe die erwaͤrme-
ten Coͤrper ihrer Waͤrme wiederum berau-
bet werden (§. 76.). Und dieſes iſt die Ur-
ſache warum die Waͤrme auf dem Erdbo-
den nicht ſo zunimmet, wie die Krafft und
Wuͤrckung der Sonne zunimmet, noch
auch auf eben dieſe Art abnimmet, wie die
Krafft und Wuͤrckung der Sonne abnim-
met. Jch rede hier bloß von der Waͤrme
und Kaͤlte, in ſo weit die Sonne in ihrer
Wuͤrckung weder durch zufaͤllige Urſachen
gehindert, noch auch befoͤrdert wird.

§. 233.

Und eben dieſes iſt die Urſache,Warumb
die groͤſte
Kaͤlte erſt
im Hor-
nung
kommet.

warum die Kaͤlte erſt gegen den Hornung
kommet, wenn der Tag ſchon wieder zunim-
met und die Sonne waͤrmer zuſcheinen be-

gin-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0353" n="317"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">der vier Jahrs-Zeiten.</hi></fw><lb/>
wohl ge&#x017F;chehen kan, daß, da wir in Som-<lb/>
mer der Wa&#x0364;rme gewohnet, uns der Herb&#x017F;t<lb/>
im Anfange ka&#x0364;lter vorkommt als der Fru&#x0364;h-<lb/>
ling, welcher auf den. Winter erfolget, da<lb/>
wir die Ka&#x0364;lte aus&#x017F;tehen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en (§. 74.).<lb/>
Denn der Anfang des Fru&#x0364;hlinges folget auf<lb/>
den Winter, da die Erde durchgefroren und<lb/>
die darauf befindlichen Co&#x0364;rper &#x017F;ehr erka&#x0364;ltet<lb/>
worden, folgends da es gute Weile haben<lb/>
will, ehe die erkalteten Co&#x0364;rper wieder durch-<lb/>
wa&#x0364;rmet werden: hingegen der Anfang des<lb/>
Herb&#x017F;tes folget auf den Sommer, da die<lb/>
Erde und die darauf befindlichen Co&#x0364;rper<lb/>
&#x017F;tarck durchwa&#x0364;rmet worden, folgends da es<lb/>
eine gute Weile brauchet, ehe die erwa&#x0364;rme-<lb/>
ten Co&#x0364;rper ihrer Wa&#x0364;rme wiederum berau-<lb/>
bet werden (§. 76.). Und die&#x017F;es i&#x017F;t die Ur-<lb/>
&#x017F;ache warum die Wa&#x0364;rme auf dem Erdbo-<lb/>
den nicht &#x017F;o zunimmet, wie die Krafft und<lb/>
Wu&#x0364;rckung der Sonne zunimmet, noch<lb/>
auch auf eben die&#x017F;e Art abnimmet, wie die<lb/>
Krafft und Wu&#x0364;rckung der Sonne abnim-<lb/>
met. Jch rede hier bloß von der Wa&#x0364;rme<lb/>
und Ka&#x0364;lte, in &#x017F;o weit die Sonne in ihrer<lb/>
Wu&#x0364;rckung weder durch zufa&#x0364;llige Ur&#x017F;achen<lb/>
gehindert, noch auch befo&#x0364;rdert wird.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 233.</head>
              <p>Und eben die&#x017F;es i&#x017F;t die Ur&#x017F;ache,<note place="right">Warumb<lb/>
die gro&#x0364;&#x017F;te<lb/>
Ka&#x0364;lte er&#x017F;t<lb/>
im Hor-<lb/>
nung<lb/>
kommet.</note><lb/>
warum die Ka&#x0364;lte er&#x017F;t gegen den Hornung<lb/>
kommet, wenn der Tag &#x017F;chon wieder zunim-<lb/>
met und die Sonne wa&#x0364;rmer zu&#x017F;cheinen be-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">gin-</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[317/0353] der vier Jahrs-Zeiten. wohl geſchehen kan, daß, da wir in Som- mer der Waͤrme gewohnet, uns der Herbſt im Anfange kaͤlter vorkommt als der Fruͤh- ling, welcher auf den. Winter erfolget, da wir die Kaͤlte ausſtehen muͤſſen (§. 74.). Denn der Anfang des Fruͤhlinges folget auf den Winter, da die Erde durchgefroren und die darauf befindlichen Coͤrper ſehr erkaͤltet worden, folgends da es gute Weile haben will, ehe die erkalteten Coͤrper wieder durch- waͤrmet werden: hingegen der Anfang des Herbſtes folget auf den Sommer, da die Erde und die darauf befindlichen Coͤrper ſtarck durchwaͤrmet worden, folgends da es eine gute Weile brauchet, ehe die erwaͤrme- ten Coͤrper ihrer Waͤrme wiederum berau- bet werden (§. 76.). Und dieſes iſt die Ur- ſache warum die Waͤrme auf dem Erdbo- den nicht ſo zunimmet, wie die Krafft und Wuͤrckung der Sonne zunimmet, noch auch auf eben dieſe Art abnimmet, wie die Krafft und Wuͤrckung der Sonne abnim- met. Jch rede hier bloß von der Waͤrme und Kaͤlte, in ſo weit die Sonne in ihrer Wuͤrckung weder durch zufaͤllige Urſachen gehindert, noch auch befoͤrdert wird. §. 233. Und eben dieſes iſt die Urſache, warum die Kaͤlte erſt gegen den Hornung kommet, wenn der Tag ſchon wieder zunim- met und die Sonne waͤrmer zuſcheinen be- gin- Warumb die groͤſte Kaͤlte erſt im Hor- nung kommet.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/353
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. 317. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/353>, abgerufen am 18.05.2024.