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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723.

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Vorrede.
zeit für ein übeles Zeichen, wo man
alles durch Zwang suchen muß. Wer
bloß mit Zwang durchdringen will,
der muß schlechtes Vertrauen zu sei-
ner Wahre haben. Darunter aber
rechne ich auch die Anfänger unter den
Marckt - Schreyern, die umb ihrem
Wurm-Saamen einen Credit zu ma-
chen die erfahrensten Aertzte herunter
machen. Jch habe diesen Weg alle-
zeit für unanständig gehalten, und
würde ich es als einen unauslöschli-
chen Schand - Flecken ansehen, wenn
ich mich in meiner Jugend hierinnen
übereilet hätte. Gleichwie ich aber
in gegenwärtigem Wercke bloß gezei-
get habe, wie die Veränderungen in
der Natur aus einander erfolgen und
ihre nächste Ursachen, die sie haben,
untersuchet: also habe ich mir nun auch
vorgenommen noch in einem besonde-
ren Theile die Absichten der natürli-
chen Dinge zuerklären, damit dadurch
der Haupt-Nutzen von der Erkäntniß
der Natur erhalten, nemlich GOT-
TES verborgene Majestät in den

Wer-

Vorrede.
zeit fuͤr ein uͤbeles Zeichen, wo man
alles durch Zwang ſuchen muß. Wer
bloß mit Zwang durchdringen will,
der muß ſchlechtes Vertrauen zu ſei-
ner Wahre haben. Darunter aber
rechne ich auch die Anfaͤnger unter den
Marckt - Schreyern, die umb ihrem
Wurm-Saamen einen Credit zu ma-
chen die erfahrenſten Aertzte herunter
machen. Jch habe dieſen Weg alle-
zeit fuͤr unanſtaͤndig gehalten, und
wuͤrde ich es als einen unausloͤſchli-
chen Schand - Flecken anſehen, wenn
ich mich in meiner Jugend hierinnen
uͤbereilet haͤtte. Gleichwie ich aber
in gegenwaͤrtigem Wercke bloß gezei-
get habe, wie die Veraͤnderungen in
der Natur aus einander erfolgen und
ihre naͤchſte Urſachen, die ſie haben,
unterſuchet: alſo habe ich mir nun auch
vorgenommen noch in einem beſonde-
ren Theile die Abſichten der natuͤrli-
chen Dinge zuerklaͤren, damit dadurch
der Haupt-Nutzen von der Erkaͤntniß
der Natur erhalten, nemlich GOT-
TES verborgene Majeſtaͤt in den

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[0035] Vorrede. zeit fuͤr ein uͤbeles Zeichen, wo man alles durch Zwang ſuchen muß. Wer bloß mit Zwang durchdringen will, der muß ſchlechtes Vertrauen zu ſei- ner Wahre haben. Darunter aber rechne ich auch die Anfaͤnger unter den Marckt - Schreyern, die umb ihrem Wurm-Saamen einen Credit zu ma- chen die erfahrenſten Aertzte herunter machen. Jch habe dieſen Weg alle- zeit fuͤr unanſtaͤndig gehalten, und wuͤrde ich es als einen unausloͤſchli- chen Schand - Flecken anſehen, wenn ich mich in meiner Jugend hierinnen uͤbereilet haͤtte. Gleichwie ich aber in gegenwaͤrtigem Wercke bloß gezei- get habe, wie die Veraͤnderungen in der Natur aus einander erfolgen und ihre naͤchſte Urſachen, die ſie haben, unterſuchet: alſo habe ich mir nun auch vorgenommen noch in einem beſonde- ren Theile die Abſichten der natuͤrli- chen Dinge zuerklaͤren, damit dadurch der Haupt-Nutzen von der Erkaͤntniß der Natur erhalten, nemlich GOT- TES verborgene Majeſtaͤt in den Wer-

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Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/35>, abgerufen am 24.11.2024.