Aus eben dieser Ursache geschie-Warumb sie nicht zu einer Zeit an allen Or- ten des Erdbo- dens gleich warm scheinet. het, daß die Sonne zu einer Zeit, wenn sie im Mittags-Circul stehet, nicht an allen Orten des Erdbodens gleich warm scheinet. Denn je näher man dem hitzigen Striche kommet, je höher stehet die Sonne im Mit- tags-Circul: hingegen je weiter man da- von weggehet und sich dem Pole nähert, je tieffer stehet sie. Derowegen muß sie immer schwächer scheinen, je weiter man sich von dem hitzigen Striche entfernet und je näher man dem Pole kommet.
§. 230.
Wir erfahren über dieses täg-Warnmb die Son- ne in lan- gen Ta- gen es wärmer machet als in kurtzen. lich, daß die Tage eben zu der Zeit länger sind, wenn die Sonne wärmer scheinet. Wenn aber die Sonne lange scheinet so kan sie es wärmer machen, als wenn sie nicht so lange scheinet, maßen wir finden, daß ein Cörper wärmer wird, wenn er lange in der Sonne lieget, als wenn man ihn bald daraus wegnimmet: woraus augenschein- lich zuersehen, daß die Sonne die Wärme nach und nach hervor bringet. Wir se- hens auch daraus, wenn wir erwegen, wie die Sonne die Wärme hervor bringet (§. 130). Denn da solches geschiehet, indem das Licht der Sonnen in die subtilesten Zwi- schen-Räumlein der Cörper hinein dringet und das darinnen befindliche elementari- sche Feuer in Bewegung setzet; so lässet sich auch gar wohl begreiffen, wie nach und
nach
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der vier Jahrs-Zeiten.
§. 229.
Aus eben dieſer Urſache geſchie-Warumb ſie nicht zu einer Zeit an allen Or- ten des Erdbo- dens gleich warm ſcheinet. het, daß die Sonne zu einer Zeit, wenn ſie im Mittags-Circul ſtehet, nicht an allen Orten des Erdbodens gleich warm ſcheinet. Denn je naͤher man dem hitzigen Striche kommet, je hoͤher ſtehet die Sonne im Mit- tags-Circul: hingegen je weiter man da- von weggehet und ſich dem Pole naͤhert, je tieffer ſtehet ſie. Derowegen muß ſie im̃er ſchwaͤcher ſcheinen, je weiter man ſich von dem hitzigen Striche entfernet und je naͤher man dem Pole kommet.
§. 230.
Wir erfahren uͤber dieſes taͤg-Warnmb die Son- ne in lan- gen Ta- gen es waͤrmer machet als in kurtzen. lich, daß die Tage eben zu der Zeit laͤnger ſind, wenn die Sonne waͤrmer ſcheinet. Wenn aber die Sonne lange ſcheinet ſo kan ſie es waͤrmer machen, als wenn ſie nicht ſo lange ſcheinet, maßen wir finden, daß ein Coͤrper waͤrmer wird, wenn er lange in der Sonne lieget, als wenn man ihn bald daraus wegnimmet: woraus augenſchein- lich zuerſehen, daß die Sonne die Waͤrme nach und nach hervor bringet. Wir ſe- hens auch daraus, wenn wir erwegen, wie die Sonne die Waͤrme hervor bringet (§. 130). Denn da ſolches geſchiehet, indem das Licht der Sonnen in die ſubtileſten Zwi- ſchen-Raͤumlein der Coͤrper hinein dringet und das darinnen befindliche elementari- ſche Feuer in Bewegung ſetzet; ſo laͤſſet ſich auch gar wohl begreiffen, wie nach und
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der vier Jahrs-Zeiten.
§. 229. Aus eben dieſer Urſache geſchie-
het, daß die Sonne zu einer Zeit, wenn ſie
im Mittags-Circul ſtehet, nicht an allen
Orten des Erdbodens gleich warm ſcheinet.
Denn je naͤher man dem hitzigen Striche
kommet, je hoͤher ſtehet die Sonne im Mit-
tags-Circul: hingegen je weiter man da-
von weggehet und ſich dem Pole naͤhert, je
tieffer ſtehet ſie. Derowegen muß ſie im̃er
ſchwaͤcher ſcheinen, je weiter man ſich von
dem hitzigen Striche entfernet und je naͤher
man dem Pole kommet.
Warumb
ſie nicht
zu einer
Zeit an
allen Or-
ten des
Erdbo-
dens
gleich
warm
ſcheinet.
§. 230. Wir erfahren uͤber dieſes taͤg-
lich, daß die Tage eben zu der Zeit laͤnger
ſind, wenn die Sonne waͤrmer ſcheinet.
Wenn aber die Sonne lange ſcheinet ſo kan
ſie es waͤrmer machen, als wenn ſie nicht
ſo lange ſcheinet, maßen wir finden, daß
ein Coͤrper waͤrmer wird, wenn er lange in
der Sonne lieget, als wenn man ihn bald
daraus wegnimmet: woraus augenſchein-
lich zuerſehen, daß die Sonne die Waͤrme
nach und nach hervor bringet. Wir ſe-
hens auch daraus, wenn wir erwegen, wie
die Sonne die Waͤrme hervor bringet (§.
130). Denn da ſolches geſchiehet, indem
das Licht der Sonnen in die ſubtileſten Zwi-
ſchen-Raͤumlein der Coͤrper hinein dringet
und das darinnen befindliche elementari-
ſche Feuer in Bewegung ſetzet; ſo laͤſſet
ſich auch gar wohl begreiffen, wie nach und
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gen Ta-
gen es
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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. 311. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/347>, abgerufen am 22.11.2024.
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