Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723.

Bild:
<< vorherige Seite

Cap. II. Von der Lufft.
die Figur sich ändern lässet; so ist kein
Zweiffel, daß es von derselben herrühret,
wenn die Sonne oval erscheinet. Man
kan auch gar wohl begreiffen, daß solches
durch die Refraction bewerckstelliget wer-
den kan. Denn das Licht wird nur nach
der Höhe, nicht aber nach der Brei-
te gebrochen (§. 147. T. II. Experi-
ment.
). Derowegen wird hier durch
die Refraction der Vertical-Diameter ver-
mindert, der Horizontal-Diameter aber
bleibet unverändert, folgends erhält die
Sonne eine Oval-Figur Man kan sich
dieser Würckung der Refraction auch durch
einen Versuch versichern. Man kleibe
von innen in ein Glaß einen rundten Circul
von Papier und giesse Wasser in das Glaß.
So bald man den papiernen Circul durch
das Wasser ansiehet, daß die Strahlen
davon schief in das Auge fallen; siehet er
wie ein Oval aus und viel grösser als er ist.
Man hat mir einesmahls einen Einwurff
gemacht, daß dieses von der hohlen Figur
des Glases, nicht von der Refraction her-
käme: allein es ist nicht nöthig darauf zu
antworten. Man nehme ein viereckichtes
Gefässe für das Glaß; so wird man sehen,
daß die Figur des Glases nichts dabey thut,
wenn man es gleich nicht durch die Beschaf-
senheit der Refraction erreichen kan. Der
gelehrte Jesuit Christoph Scheiner hat

von

Cap. II. Von der Lufft.
die Figur ſich aͤndern laͤſſet; ſo iſt kein
Zweiffel, daß es von derſelben herruͤhret,
wenn die Sonne oval erſcheinet. Man
kan auch gar wohl begreiffen, daß ſolches
durch die Refraction bewerckſtelliget wer-
den kan. Denn das Licht wird nur nach
der Hoͤhe, nicht aber nach der Brei-
te gebrochen (§. 147. T. II. Experi-
ment.
). Derowegen wird hier durch
die Refraction der Vertical-Diameter ver-
mindert, der Horizontal-Diameter aber
bleibet unveraͤndert, folgends erhaͤlt die
Sonne eine Oval-Figur Man kan ſich
dieſer Wuͤrckung der Refraction auch durch
einen Verſuch verſichern. Man kleibe
von innen in ein Glaß einen rundten Circul
von Papier und gieſſe Waſſer in das Glaß.
So bald man den papiernen Circul durch
das Waſſer anſiehet, daß die Strahlen
davon ſchief in das Auge fallen; ſiehet er
wie ein Oval aus und viel groͤſſer als er iſt.
Man hat mir einesmahls einen Einwurff
gemacht, daß dieſes von der hohlen Figur
des Glaſes, nicht von der Refraction her-
kaͤme: allein es iſt nicht noͤthig darauf zu
antworten. Man nehme ein viereckichtes
Gefaͤſſe fuͤr das Glaß; ſo wird man ſehen,
daß die Figur des Glaſes nichts dabey thut,
wenn man es gleich nicht durch die Beſchaf-
ſenheit der Refraction erreichen kan. Der
gelehrte Jeſuit Chriſtoph Scheiner hat

von
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0319" n="283"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">Cap. II.</hi> Von der Lufft.</hi></fw><lb/>
die Figur &#x017F;ich a&#x0364;ndern la&#x0364;&#x017F;&#x017F;et; &#x017F;o i&#x017F;t kein<lb/>
Zweiffel, daß es von der&#x017F;elben herru&#x0364;hret,<lb/>
wenn die Sonne oval er&#x017F;cheinet. Man<lb/>
kan auch gar wohl begreiffen, daß &#x017F;olches<lb/>
durch die Refraction bewerck&#x017F;telliget wer-<lb/>
den kan. Denn das Licht wird nur nach<lb/>
der Ho&#x0364;he, nicht aber nach der Brei-<lb/>
te gebrochen (§. 147. <hi rendition="#aq">T. II. Experi-<lb/>
ment.</hi>). Derowegen wird hier durch<lb/>
die Refraction der Vertical-Diameter ver-<lb/>
mindert, der Horizontal-Diameter aber<lb/>
bleibet unvera&#x0364;ndert, folgends erha&#x0364;lt die<lb/>
Sonne eine Oval-Figur Man kan &#x017F;ich<lb/>
die&#x017F;er Wu&#x0364;rckung der Refraction auch durch<lb/>
einen Ver&#x017F;uch ver&#x017F;ichern. Man kleibe<lb/>
von innen in ein Glaß einen rundten Circul<lb/>
von Papier und gie&#x017F;&#x017F;e Wa&#x017F;&#x017F;er in das Glaß.<lb/>
So bald man den papiernen Circul durch<lb/>
das Wa&#x017F;&#x017F;er an&#x017F;iehet, daß die Strahlen<lb/>
davon &#x017F;chief in das Auge fallen; &#x017F;iehet er<lb/>
wie ein Oval aus und viel gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;er als er i&#x017F;t.<lb/>
Man hat mir einesmahls einen Einwurff<lb/>
gemacht, daß die&#x017F;es von der hohlen Figur<lb/>
des Gla&#x017F;es, nicht von der Refraction her-<lb/>
ka&#x0364;me: allein es i&#x017F;t nicht no&#x0364;thig darauf zu<lb/>
antworten. Man nehme ein viereckichtes<lb/>
Gefa&#x0364;&#x017F;&#x017F;e fu&#x0364;r das Glaß; &#x017F;o wird man &#x017F;ehen,<lb/>
daß die Figur des Gla&#x017F;es nichts dabey thut,<lb/>
wenn man es gleich nicht durch die Be&#x017F;chaf-<lb/>
&#x017F;enheit der Refraction erreichen kan. Der<lb/>
gelehrte Je&#x017F;uit <hi rendition="#fr">Chri&#x017F;toph Scheiner</hi> hat<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">von</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[283/0319] Cap. II. Von der Lufft. die Figur ſich aͤndern laͤſſet; ſo iſt kein Zweiffel, daß es von derſelben herruͤhret, wenn die Sonne oval erſcheinet. Man kan auch gar wohl begreiffen, daß ſolches durch die Refraction bewerckſtelliget wer- den kan. Denn das Licht wird nur nach der Hoͤhe, nicht aber nach der Brei- te gebrochen (§. 147. T. II. Experi- ment.). Derowegen wird hier durch die Refraction der Vertical-Diameter ver- mindert, der Horizontal-Diameter aber bleibet unveraͤndert, folgends erhaͤlt die Sonne eine Oval-Figur Man kan ſich dieſer Wuͤrckung der Refraction auch durch einen Verſuch verſichern. Man kleibe von innen in ein Glaß einen rundten Circul von Papier und gieſſe Waſſer in das Glaß. So bald man den papiernen Circul durch das Waſſer anſiehet, daß die Strahlen davon ſchief in das Auge fallen; ſiehet er wie ein Oval aus und viel groͤſſer als er iſt. Man hat mir einesmahls einen Einwurff gemacht, daß dieſes von der hohlen Figur des Glaſes, nicht von der Refraction her- kaͤme: allein es iſt nicht noͤthig darauf zu antworten. Man nehme ein viereckichtes Gefaͤſſe fuͤr das Glaß; ſo wird man ſehen, daß die Figur des Glaſes nichts dabey thut, wenn man es gleich nicht durch die Beſchaf- ſenheit der Refraction erreichen kan. Der gelehrte Jeſuit Chriſtoph Scheiner hat von

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/319
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. 283. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/319>, abgerufen am 10.05.2024.