Weil wir einen Cörper für warmWarnmb einerley Cörper warm und auch kalt zu seyn schei- nen kan. halten, wenn von seiner Wärme ein Theil in unsere Hand fähret, damit wir ihn an- rühren, welcher darinnen eine empfindliche Veränderung zuverursachen kräfftig ge- nung ist (§. 71), die Wärme aber aus einem kalten Cörper nicht in einen wärmeren fäh- ret, sondern vielmehr, wenn ein Cörper, der noch wärmer werden kan, an einen andern wärmeren kommet, aus diesem Wärme in ihn fähret (§. 116 T. II. Exper.); so können wir auch keinen Cörper für warm halten, der unserer Hand, damit wir ihn anrühren, nicht mehr Wärme geben kan, als sie hat. Und eben hiervon kommet es, daß wir in Be- urtheilung der Wärme keinesweges den Sinnen trauen dörffen, auch einerley Cör- per in Versuchen bald warm, bald kalt er- funden wird (§. 108 T. II. Exper.), da doch gewis ist, daß er unmöglich zugleich warm und auch kalt seyn kan.
§. 75.
Da die Wärme sich in den Zwi-Wenn Wärme die Thei- le der be- ständigen Materi- en bewe- get. schen-Räumlein der Cörper beweget (§. 71), auch an die Theile der beständigen Materie stösset (§. 74), ja sie wohl gar von einander absondert (§. 55): so kan es nicht anders geschehen, als daß diejenigen Theile des Cörpers, die innerhalb den Zwischen- Räumlein sich frey hin und wieder biegen lassen und mit einer ausdehnenden Krafft versehen sind, von der Wärme in eine Be-
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wegen der veraͤnderlichen Materie.
§. 74.
Weil wir einen Coͤrper fuͤr warmWarnmb einerley Coͤrper warm und auch kalt zu ſeyn ſchei- nen kan. halten, wenn von ſeiner Waͤrme ein Theil in unſere Hand faͤhret, damit wir ihn an- ruͤhren, welcher darinnen eine empfindliche Veraͤnderung zuverurſachen kraͤfftig ge- nung iſt (§. 71), die Waͤrme aber aus einem kalten Coͤrper nicht in einen waͤrmeren faͤh- ret, ſondern vielmehr, wenn ein Coͤrper, der noch waͤrmer werden kan, an einen andern waͤrmeren kommet, aus dieſem Waͤrme in ihn faͤhret (§. 116 T. II. Exper.); ſo koͤnnen wir auch keinen Coͤrper fuͤr warm halten, der unſerer Hand, damit wir ihn anruͤhren, nicht mehr Waͤrme geben kan, als ſie hat. Und eben hiervon kommet es, daß wir in Be- urtheilung der Waͤrme keinesweges den Sinnen trauen doͤrffen, auch einerley Coͤr- per in Verſuchen bald warm, bald kalt er- funden wird (§. 108 T. II. Exper.), da doch gewis iſt, daß er unmoͤglich zugleich warm und auch kalt ſeyn kan.
§. 75.
Da die Waͤrme ſich in den Zwi-Wenn Waͤrme die Thei- le der be- ſtaͤndigen Materi- en bewe- get. ſchen-Raͤumlein der Coͤrper beweget (§. 71), auch an die Theile der beſtaͤndigen Materie ſtoͤſſet (§. 74), ja ſie wohl gar von einander abſondert (§. 55): ſo kan es nicht anders geſchehen, als daß diejenigen Theile des Coͤrpers, die innerhalb den Zwiſchen- Raͤumlein ſich frey hin und wieder biegen laſſen und mit einer ausdehnenden Krafft verſehen ſind, von der Waͤrme in eine Be-
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wegen der veraͤnderlichen Materie.
§. 74. Weil wir einen Coͤrper fuͤr warm
halten, wenn von ſeiner Waͤrme ein Theil
in unſere Hand faͤhret, damit wir ihn an-
ruͤhren, welcher darinnen eine empfindliche
Veraͤnderung zuverurſachen kraͤfftig ge-
nung iſt (§. 71), die Waͤrme aber aus einem
kalten Coͤrper nicht in einen waͤrmeren faͤh-
ret, ſondern vielmehr, wenn ein Coͤrper, der
noch waͤrmer werden kan, an einen andern
waͤrmeren kommet, aus dieſem Waͤrme in
ihn faͤhret (§. 116 T. II. Exper.); ſo koͤnnen
wir auch keinen Coͤrper fuͤr warm halten,
der unſerer Hand, damit wir ihn anruͤhren,
nicht mehr Waͤrme geben kan, als ſie hat.
Und eben hiervon kommet es, daß wir in Be-
urtheilung der Waͤrme keinesweges den
Sinnen trauen doͤrffen, auch einerley Coͤr-
per in Verſuchen bald warm, bald kalt er-
funden wird (§. 108 T. II. Exper.), da
doch gewis iſt, daß er unmoͤglich zugleich
warm und auch kalt ſeyn kan.
Warnmb
einerley
Coͤrper
warm
und auch
kalt zu
ſeyn ſchei-
nen kan.
§. 75. Da die Waͤrme ſich in den Zwi-
ſchen-Raͤumlein der Coͤrper beweget (§. 71),
auch an die Theile der beſtaͤndigen Materie
ſtoͤſſet (§. 74), ja ſie wohl gar von einander
abſondert (§. 55): ſo kan es nicht anders
geſchehen, als daß diejenigen Theile des
Coͤrpers, die innerhalb den Zwiſchen-
Raͤumlein ſich frey hin und wieder biegen
laſſen und mit einer ausdehnenden Krafft
verſehen ſind, von der Waͤrme in eine Be-
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Waͤrme
die Thei-
le der be-
ſtaͤndigen
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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/143>, abgerufen am 22.11.2024.
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