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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723.

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Cap. II. Von dem Unterscheide
wohl als die Faden - Seide und leinenes
Garn lassen sich gleichfalls willig biegen.
Was nun daraus gewebet und gewürcket
wird, giebet leicht nach, wenn man es dru-
cket, und, sobald man aufhöret, gehet es wie-
der aus einander. Nun nennet man des-
wegen einen Cörper weich, weil er nachgie-
bet, wenn man ihn drucket: derowegen
kommet die Weiche des Cörpers in diesem
Falle daher, weil der Cörper aus Theilen be-
stehet, die sich leicht beugen lassen, und nach
diesem wieder von einander gehen. Und die-
ses hat auch in der Kunst Anlaß gegeben die
Stühle und Betten, darauf man sanfte ru-
hen will, durch stählerne Federn weich zu
machen. Denn weil Federn von stähler-
nem Drathe bald nachgeben, wenn sie ge-
druckt werden, so bald aber als man zu dru-
cken aufhöret, wieder von einander gehen:
so hat es mit Stühlen und Betten, darinnen
dergleichen Federn zu finden sind, eben diese
Bewandnis wie mit den vorigen Cörpern,
deren Weiche wir untersuchet. Un-
terdessen da die Fäden sich nicht biegen
lassen, wenn sie nicht weich sind; so müssen
doch diese wiederum eine Ursache ihrer Wei-
che haben. Will man sie aus kleineren Faden
zusammen setzen, die sichbeugen lassen, weil die
Vergrösserungs-Gläser zeigen, daß es mit
ihnen dergleichen Bewandnis hat (§. 85.
T. III. Exper.), so kommet man deswe-

gen

Cap. II. Von dem Unterſcheide
wohl als die Faden - Seide und leinenes
Garn laſſen ſich gleichfalls willig biegen.
Was nun daraus gewebet und gewuͤrcket
wird, giebet leicht nach, wenn man es dru-
cket, und, ſobald man aufhoͤret, gehet es wie-
der aus einander. Nun nennet man des-
wegen einen Coͤrper weich, weil er nachgie-
bet, wenn man ihn drucket: derowegen
kommet die Weiche des Coͤrpers in dieſem
Falle daher, weil der Coͤrper aus Theilen be-
ſtehet, die ſich leicht beugen laſſen, und nach
dieſem wieder von einander gehen. Und die-
ſes hat auch in der Kunſt Anlaß gegeben die
Stuͤhle und Betten, darauf man ſanfte ru-
hen will, durch ſtaͤhlerne Federn weich zu
machen. Denn weil Federn von ſtaͤhler-
nem Drathe bald nachgeben, wenn ſie ge-
druckt werden, ſo bald aber als man zu dru-
cken aufhoͤret, wieder von einander gehen:
ſo hat es mit Stuͤhlen und Betten, darinnen
dergleichen Federn zu finden ſind, eben dieſe
Bewandnis wie mit den vorigen Coͤrpern,
deren Weiche wir unterſuchet. Un-
terdeſſen da die Faͤden ſich nicht biegen
laſſen, wenn ſie nicht weich ſind; ſo muͤſſen
doch dieſe wiederum eine Urſache ihrer Wei-
che haben. Will man ſie aus kleineren Faden
zuſam̃en ſetzen, die ſichbeugen laſſen, weil die
Vergroͤſſerungs-Glaͤſer zeigen, daß es mit
ihnen dergleichen Bewandnis hat (§. 85.
T. III. Exper.), ſo kommet man deswe-

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[98/0134] Cap. II. Von dem Unterſcheide wohl als die Faden - Seide und leinenes Garn laſſen ſich gleichfalls willig biegen. Was nun daraus gewebet und gewuͤrcket wird, giebet leicht nach, wenn man es dru- cket, und, ſobald man aufhoͤret, gehet es wie- der aus einander. Nun nennet man des- wegen einen Coͤrper weich, weil er nachgie- bet, wenn man ihn drucket: derowegen kommet die Weiche des Coͤrpers in dieſem Falle daher, weil der Coͤrper aus Theilen be- ſtehet, die ſich leicht beugen laſſen, und nach dieſem wieder von einander gehen. Und die- ſes hat auch in der Kunſt Anlaß gegeben die Stuͤhle und Betten, darauf man ſanfte ru- hen will, durch ſtaͤhlerne Federn weich zu machen. Denn weil Federn von ſtaͤhler- nem Drathe bald nachgeben, wenn ſie ge- druckt werden, ſo bald aber als man zu dru- cken aufhoͤret, wieder von einander gehen: ſo hat es mit Stuͤhlen und Betten, darinnen dergleichen Federn zu finden ſind, eben dieſe Bewandnis wie mit den vorigen Coͤrpern, deren Weiche wir unterſuchet. Un- terdeſſen da die Faͤden ſich nicht biegen laſſen, wenn ſie nicht weich ſind; ſo muͤſſen doch dieſe wiederum eine Urſache ihrer Wei- che haben. Will man ſie aus kleineren Faden zuſam̃en ſetzen, die ſichbeugen laſſen, weil die Vergroͤſſerungs-Glaͤſer zeigen, daß es mit ihnen dergleichen Bewandnis hat (§. 85. T. III. Exper.), ſo kommet man deswe- gen

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Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/134>, abgerufen am 28.04.2024.