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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723.

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wegen der beständigen Materie.
Met.). Derowegen könte ein vollkom-
men dichter Cörper weder einem andern Be-
wegung mittheilen, noch beweget werden.
Es ist aber alle Materie in steter Bewegung
und erhalten selbst die allerkleinesten Theile
ihre Figur durch die Bewegung anderer
Materie, die sie berühret (§. 8.) und dem-
nach ist es nicht möglich, daß ein Cörper, so
klein als er auch angenommen wird, voll-
kommen dichte seyn kan.

§. 41.

Da wir die Dichtigkeit einesEs wird
einem
Zweiffel
begegnet.

Cörpers aus seiner Schweere und Grösse
zusammen genommen ermessen, dergestalt
daß z. E. ein Cörper zweymahl so dichte ge-
halten wird, wenn er mit einem andern ei-
nerley Grösse hat, aber zwey mahl so schweer
ist: so dörffte es das Ansehen gewinnen, als
wenn man entweder zugeben müste, daß alle
Materie schweer sey, welches auch vor die-
sem einige Weltweisen behauptet (a) und
heute zu Tage viele von den Engelländern an-
nehmen; oder aber daß in Materien, die
nicht schweer wären, auch keine Dichkeit an-
getroffen werde. Weil die Dichtigkeit
von der Lage der Theile hauptsächlich her-
kommet (§ 37); so begreifft ein jeder leicht,
daß auch eine Materie, die keine Schweere
hat, doch ihren abgemessenen Grad der
Dichtigkeit haben muß, und es dannenhero
ungereimet sey, wenn man eine Materie zu

ge-
(a) vid. Lucret. de rerum natura lib. 2. p. m. 174.
E 4

wegen der beſtaͤndigen Materie.
Met.). Derowegen koͤnte ein vollkom-
men dichter Coͤrper weder einem andern Be-
wegung mittheilen, noch beweget werden.
Es iſt aber alle Materie in ſteter Bewegung
und erhalten ſelbſt die allerkleineſten Theile
ihre Figur durch die Bewegung anderer
Materie, die ſie beruͤhret (§. 8.) und dem-
nach iſt es nicht moͤglich, daß ein Coͤrper, ſo
klein als er auch angenommen wird, voll-
kommen dichte ſeyn kan.

§. 41.

Da wir die Dichtigkeit einesEs wird
einem
Zweiffel
begegnet.

Coͤrpers aus ſeiner Schweere und Groͤſſe
zuſammen genommen ermeſſen, dergeſtalt
daß z. E. ein Coͤrper zweymahl ſo dichte ge-
halten wird, wenn er mit einem andern ei-
nerley Groͤſſe hat, aber zwey mahl ſo ſchweer
iſt: ſo doͤrffte es das Anſehen gewinnen, als
wenn man entweder zugeben muͤſte, daß alle
Materie ſchweer ſey, welches auch vor die-
ſem einige Weltweiſen behauptet (a) und
heute zu Tage viele von den Engellaͤndern an-
nehmen; oder aber daß in Materien, die
nicht ſchweer waͤren, auch keine Dichkeit an-
getroffen werde. Weil die Dichtigkeit
von der Lage der Theile hauptſaͤchlich her-
kommet (§ 37); ſo begreifft ein jeder leicht,
daß auch eine Materie, die keine Schweere
hat, doch ihren abgemeſſenen Grad der
Dichtigkeit haben muß, und es dannenhero
ungereimet ſey, wenn man eine Materie zu

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(a) vid. Lucret. de rerum natura lib. 2. p. m. 174.
E 4
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[71/0107] wegen der beſtaͤndigen Materie. Met.). Derowegen koͤnte ein vollkom- men dichter Coͤrper weder einem andern Be- wegung mittheilen, noch beweget werden. Es iſt aber alle Materie in ſteter Bewegung und erhalten ſelbſt die allerkleineſten Theile ihre Figur durch die Bewegung anderer Materie, die ſie beruͤhret (§. 8.) und dem- nach iſt es nicht moͤglich, daß ein Coͤrper, ſo klein als er auch angenommen wird, voll- kommen dichte ſeyn kan. §. 41. Da wir die Dichtigkeit eines Coͤrpers aus ſeiner Schweere und Groͤſſe zuſammen genommen ermeſſen, dergeſtalt daß z. E. ein Coͤrper zweymahl ſo dichte ge- halten wird, wenn er mit einem andern ei- nerley Groͤſſe hat, aber zwey mahl ſo ſchweer iſt: ſo doͤrffte es das Anſehen gewinnen, als wenn man entweder zugeben muͤſte, daß alle Materie ſchweer ſey, welches auch vor die- ſem einige Weltweiſen behauptet (a) und heute zu Tage viele von den Engellaͤndern an- nehmen; oder aber daß in Materien, die nicht ſchweer waͤren, auch keine Dichkeit an- getroffen werde. Weil die Dichtigkeit von der Lage der Theile hauptſaͤchlich her- kommet (§ 37); ſo begreifft ein jeder leicht, daß auch eine Materie, die keine Schweere hat, doch ihren abgemeſſenen Grad der Dichtigkeit haben muß, und es dannenhero ungereimet ſey, wenn man eine Materie zu ge- Es wird einem Zweiffel begegnet. (a) vid. Lucret. de rerum natura lib. 2. p. m. 174. E 4

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Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/107>, abgerufen am 28.04.2024.