Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.

Bild:
<< vorherige Seite
Das 3. Cap. Von der
Wie man
ihnen
Lust zur
Arbeit
machet.
§. 104.

Damit die Kinder von ihrer
ersten Kindheit an Lust zur Arbeit, und hin-
gen Abscheu für dem Müßiggange bekom-
men; so müssen sie allzeit etwas vorhaben
und niemahls in der Stille müßig zu sitzen
angehalten werden. Weil sie nun aber zur
Arbeit noch nicht geschickt sind; so können
sie auch nichts thun als spielen. Es ist a-
ber das Spiel eine jede Verrichtung, die
man zum Zeit-Vertreibe vornimmet. Und
demnach müssen Kinder allezeit etwas zu
spielen haben. Wer von Kindheit auf ge-
wohnet ist immer etwas vorzuhaben, dem
fället es auch in erwachsenen Jahren be-
schweerlich, wenn er nichts vorhaben soll.

Was bey
ihrem
Spielen
zu beden-
cken.
§. 105.

Bey den Spielen der Kinder
finde ich zweyerley zu errinnern. Erstlich
muß man darauf sehen, daß sie durch das
Spielen an solche Handlungen gewöhnet
werden, dergleichen sie nach diesem in ihren
ernsthafften Verrichtungen nöthig haben.
Denn auf solche Weise werden sie zu die-
sem vorbereitet, und fället ihnen nachdem
nicht schweer, wenn sie von dem Spielen
zur Arbeit schreiten: wie aus demjenigen
mit mehrern abzunehmen, was in einem
ähnlichen Falle von dergleichen Vorberei-
tung ausgeführet worden (§. 89). Nem-
lich man siehet leicht, wenn bey den ernst-
hafften Verrichtungen oder der Arbeit eben
dergleichen Handlungen nöthig sind, die sie

bey
Das 3. Cap. Von der
Wie man
ihnen
Luſt zur
Arbeit
machet.
§. 104.

Damit die Kinder von ihrer
erſten Kindheit an Luſt zur Arbeit, und hin-
gen Abſcheu fuͤr dem Muͤßiggange bekom-
men; ſo muͤſſen ſie allzeit etwas vorhaben
und niemahls in der Stille muͤßig zu ſitzen
angehalten werden. Weil ſie nun aber zur
Arbeit noch nicht geſchickt ſind; ſo koͤnnen
ſie auch nichts thun als ſpielen. Es iſt a-
ber das Spiel eine jede Verrichtung, die
man zum Zeit-Vertreibe vornimmet. Und
demnach muͤſſen Kinder allezeit etwas zu
ſpielen haben. Wer von Kindheit auf ge-
wohnet iſt immer etwas vorzuhaben, dem
faͤllet es auch in erwachſenen Jahren be-
ſchweerlich, wenn er nichts vorhaben ſoll.

Was bey
ihrem
Spielen
zu beden-
cken.
§. 105.

Bey den Spielen der Kinder
finde ich zweyerley zu errinnern. Erſtlich
muß man darauf ſehen, daß ſie durch das
Spielen an ſolche Handlungen gewoͤhnet
werden, dergleichen ſie nach dieſem in ihren
ernſthafften Verrichtungen noͤthig haben.
Denn auf ſolche Weiſe werden ſie zu die-
ſem vorbereitet, und faͤllet ihnen nachdem
nicht ſchweer, wenn ſie von dem Spielen
zur Arbeit ſchreiten: wie aus demjenigen
mit mehrern abzunehmen, was in einem
aͤhnlichen Falle von dergleichen Vorberei-
tung ausgefuͤhret worden (§. 89). Nem-
lich man ſiehet leicht, wenn bey den ernſt-
hafften Verrichtungen oder der Arbeit eben
dergleichen Handlungen noͤthig ſind, die ſie

bey
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0094" n="76"/>
              <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Das 3. Cap. Von der</hi> </fw><lb/>
              <note place="left">Wie man<lb/>
ihnen<lb/>
Lu&#x017F;t zur<lb/>
Arbeit<lb/>
machet.</note>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 104.</head>
              <p>Damit die Kinder von ihrer<lb/>
er&#x017F;ten Kindheit an Lu&#x017F;t zur Arbeit, und hin-<lb/>
gen Ab&#x017F;cheu fu&#x0364;r dem Mu&#x0364;ßiggange bekom-<lb/>
men; &#x017F;o mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie allzeit etwas vorhaben<lb/>
und niemahls in der Stille mu&#x0364;ßig zu &#x017F;itzen<lb/>
angehalten werden. Weil &#x017F;ie nun aber zur<lb/>
Arbeit noch nicht ge&#x017F;chickt &#x017F;ind; &#x017F;o ko&#x0364;nnen<lb/>
&#x017F;ie auch nichts thun als &#x017F;pielen. Es i&#x017F;t a-<lb/>
ber das <hi rendition="#fr">Spiel</hi> eine jede Verrichtung, die<lb/>
man zum Zeit-Vertreibe vornimmet. Und<lb/>
demnach mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en Kinder allezeit etwas zu<lb/>
&#x017F;pielen haben. Wer von Kindheit auf ge-<lb/>
wohnet i&#x017F;t immer etwas vorzuhaben, dem<lb/>
fa&#x0364;llet es auch in erwach&#x017F;enen Jahren be-<lb/>
&#x017F;chweerlich, wenn er nichts vorhaben &#x017F;oll.</p><lb/>
              <note place="left">Was bey<lb/>
ihrem<lb/>
Spielen<lb/>
zu beden-<lb/>
cken.</note>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 105.</head>
              <p>Bey den Spielen der Kinder<lb/>
finde ich zweyerley zu errinnern. Er&#x017F;tlich<lb/>
muß man darauf &#x017F;ehen, daß &#x017F;ie durch das<lb/>
Spielen an &#x017F;olche Handlungen gewo&#x0364;hnet<lb/>
werden, dergleichen &#x017F;ie nach die&#x017F;em in ihren<lb/>
ern&#x017F;thafften Verrichtungen no&#x0364;thig haben.<lb/>
Denn auf &#x017F;olche Wei&#x017F;e werden &#x017F;ie zu die-<lb/>
&#x017F;em vorbereitet, und fa&#x0364;llet ihnen nachdem<lb/>
nicht &#x017F;chweer, wenn &#x017F;ie von dem Spielen<lb/>
zur Arbeit &#x017F;chreiten: wie aus demjenigen<lb/>
mit mehrern abzunehmen, was in einem<lb/>
a&#x0364;hnlichen Falle von dergleichen Vorberei-<lb/>
tung ausgefu&#x0364;hret worden (§. 89). Nem-<lb/>
lich man &#x017F;iehet leicht, wenn bey den ern&#x017F;t-<lb/>
hafften Verrichtungen oder der Arbeit eben<lb/>
dergleichen Handlungen no&#x0364;thig &#x017F;ind, die &#x017F;ie<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">bey</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[76/0094] Das 3. Cap. Von der §. 104.Damit die Kinder von ihrer erſten Kindheit an Luſt zur Arbeit, und hin- gen Abſcheu fuͤr dem Muͤßiggange bekom- men; ſo muͤſſen ſie allzeit etwas vorhaben und niemahls in der Stille muͤßig zu ſitzen angehalten werden. Weil ſie nun aber zur Arbeit noch nicht geſchickt ſind; ſo koͤnnen ſie auch nichts thun als ſpielen. Es iſt a- ber das Spiel eine jede Verrichtung, die man zum Zeit-Vertreibe vornimmet. Und demnach muͤſſen Kinder allezeit etwas zu ſpielen haben. Wer von Kindheit auf ge- wohnet iſt immer etwas vorzuhaben, dem faͤllet es auch in erwachſenen Jahren be- ſchweerlich, wenn er nichts vorhaben ſoll. §. 105.Bey den Spielen der Kinder finde ich zweyerley zu errinnern. Erſtlich muß man darauf ſehen, daß ſie durch das Spielen an ſolche Handlungen gewoͤhnet werden, dergleichen ſie nach dieſem in ihren ernſthafften Verrichtungen noͤthig haben. Denn auf ſolche Weiſe werden ſie zu die- ſem vorbereitet, und faͤllet ihnen nachdem nicht ſchweer, wenn ſie von dem Spielen zur Arbeit ſchreiten: wie aus demjenigen mit mehrern abzunehmen, was in einem aͤhnlichen Falle von dergleichen Vorberei- tung ausgefuͤhret worden (§. 89). Nem- lich man ſiehet leicht, wenn bey den ernſt- hafften Verrichtungen oder der Arbeit eben dergleichen Handlungen noͤthig ſind, die ſie bey

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/94
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/94>, abgerufen am 05.05.2024.