die Beßerung des Verstandes und des Wil- len zu sehen hat, als man ins gemein daran zu gedencken pfleget. Und es ist gewis nichts geringes, daß man zu rechter Zeit daran gedencket: denn wer es zu lange aufschiebet der lässet geschehen, daß unterdessen so wohl der Verstand, als der Wille viel fältig ver- dorben wird, ehe er an die Besserung ge- dencket. Man kan aber gar leicht begreiffen, daß es schweerer seyn muß Willen und Ver- stand zu bessern, wenn er schon verdorben worden, als wenn dieses noch nicht gesche- hen. Denn in dem Falle, da schon eine übele Gewohnheit sich mit den natürlichen Neigungen vereinbahret; muß man nicht allein diesen Einhalt thun, sondern hat auch allzeit mit denen aus jener entspringenden Hindernissen zu streiten.
§. 88.
Der erste Grad der ErkäntnißWie man Kindern die ersten Begetef- fe beyzu- bringen. sind die klaren Begrieffe (§. 9. c. 1. Log.). Da wir nun klare, aber undeutliche Be- griffe erlangen, wenn wir nicht auf jedes, was in einem Dinge sich unterscheiden läs- set, insonderheit acht haben und ihre Ord- nung und Verknüpffung zu betrachten un- terlassen (§. 21 c. 1. Log.), Kinder aber anfangs zu dergleichen Aufmercksamkeit und Uberlegung ungeschickt sind; so können sie auch Anfangs keine andere als undeutli- che Begriffe erlangen. Damit sie aber da- zu kommen, muß man ihnen allerhand Din-
ge
Vaͤterlichen Geſellſchafft.
die Beßerung des Verſtandes und des Wil- len zu ſehen hat, als man ins gemein daran zu gedencken pfleget. Und es iſt gewis nichts geringes, daß man zu rechter Zeit daran gedencket: denn wer es zu lange aufſchiebet der laͤſſet geſchehen, daß unterdeſſen ſo wohl der Verſtand, als der Wille viel faͤltig ver- dorben wird, ehe er an die Beſſerung ge- dencket. Man kan aber gar leicht begreiffen, daß es ſchweerer ſeyn muß Willen und Ver- ſtand zu beſſern, wenn er ſchon verdorben worden, als wenn dieſes noch nicht geſche- hen. Denn in dem Falle, da ſchon eine uͤbele Gewohnheit ſich mit den natuͤrlichen Neigungen vereinbahret; muß man nicht allein dieſen Einhalt thun, ſondern hat auch allzeit mit denen aus jener entſpringenden Hinderniſſen zu ſtreiten.
§. 88.
Der erſte Grad der ErkaͤntnißWie man Kindern die erſten Begetef- fe beyzu- bringen. ſind die klaren Begrieffe (§. 9. c. 1. Log.). Da wir nun klare, aber undeutliche Be- griffe erlangen, wenn wir nicht auf jedes, was in einem Dinge ſich unterſcheiden laͤſ- ſet, inſonderheit acht haben und ihre Ord- nung und Verknuͤpffung zu betrachten un- terlaſſen (§. 21 c. 1. Log.), Kinder aber anfangs zu dergleichen Aufmerckſamkeit und Uberlegung ungeſchickt ſind; ſo koͤnnen ſie auch Anfangs keine andere als undeutli- che Begriffe erlangen. Damit ſie aber da- zu kommen, muß man ihnen allerhand Din-
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Vaͤterlichen Geſellſchafft.
die Beßerung des Verſtandes und des Wil-
len zu ſehen hat, als man ins gemein daran
zu gedencken pfleget. Und es iſt gewis nichts
geringes, daß man zu rechter Zeit daran
gedencket: denn wer es zu lange aufſchiebet
der laͤſſet geſchehen, daß unterdeſſen ſo wohl
der Verſtand, als der Wille viel faͤltig ver-
dorben wird, ehe er an die Beſſerung ge-
dencket. Man kan aber gar leicht begreiffen,
daß es ſchweerer ſeyn muß Willen und Ver-
ſtand zu beſſern, wenn er ſchon verdorben
worden, als wenn dieſes noch nicht geſche-
hen. Denn in dem Falle, da ſchon eine
uͤbele Gewohnheit ſich mit den natuͤrlichen
Neigungen vereinbahret; muß man nicht
allein dieſen Einhalt thun, ſondern hat auch
allzeit mit denen aus jener entſpringenden
Hinderniſſen zu ſtreiten.
§. 88.Der erſte Grad der Erkaͤntniß
ſind die klaren Begrieffe (§. 9. c. 1. Log.).
Da wir nun klare, aber undeutliche Be-
griffe erlangen, wenn wir nicht auf jedes,
was in einem Dinge ſich unterſcheiden laͤſ-
ſet, inſonderheit acht haben und ihre Ord-
nung und Verknuͤpffung zu betrachten un-
terlaſſen (§. 21 c. 1. Log.), Kinder aber
anfangs zu dergleichen Aufmerckſamkeit
und Uberlegung ungeſchickt ſind; ſo koͤnnen
ſie auch Anfangs keine andere als undeutli-
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Wie man
Kindern
die erſten
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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/79>, abgerufen am 24.11.2024.
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