daß er einwilligen muß, was wir von ihm begehren und er gutwillig nicht thun wil, bloß dadurch daß wir in sein Land einfallen und die zum Kriege erforderten Kosten durch Contribution eintreiben; so wäre es zuviel und ein Kennzeichen der Grausamkeit (§. 877. Mor.), wenn wir die Unterthanen ausplündern und alles verwüsten, auch die Leute gar umbbrin- gen wollten. Es ist nicht nöthig mehre- re Exempel zugeben: aus den angezeig- ten Gründen wird ein jeder selbst ausma- chen können, was recht und billig ist, und was zur Grausamkeit zurechnen. Und siehet ein jeder leicht, daß einerley Verfah- ren im feindlichen Lande bald der Billig- keit gemäß ist, bald aber als Grausam- keit muß angesehen werden. Nehmlich es kommet allzeit an auf die Absicht, die man dabey hat, und wie weit dieselbe da- zu nöthig ist, daß wir den Feind in den Stand setzen, wo er von seinem Vorsatze uns zuschaden ablassen muß.
Grund der Frie- dens- Tracta- ten.
§. 501.
Da Kriege viel Geld und Volck kosten, so setzet derjenige, welcher den Krieg anfänget, oder unvermeidlichen Anlaß dazu giebet, den andern dadurch in grossen Schaden. Nun ist ein jeder verbunden dem andern den Schaden zu- ersetzen, den er verursachet (§. 825. Mor.).
Dero-
Cap. 7. Von dem
daß er einwilligen muß, was wir von ihm begehren und er gutwillig nicht thun wil, bloß dadurch daß wir in ſein Land einfallen und die zum Kriege erforderten Koſten durch Contribution eintreiben; ſo waͤre es zuviel und ein Kennzeichen der Grauſamkeit (§. 877. Mor.), wenn wir die Unterthanen auspluͤndern und alles verwuͤſten, auch die Leute gar umbbrin- gen wollten. Es iſt nicht noͤthig mehre- re Exempel zugeben: aus den angezeig- ten Gruͤnden wird ein jeder ſelbſt ausma- chen koͤnnen, was recht und billig iſt, und was zur Grauſamkeit zurechnen. Und ſiehet ein jeder leicht, daß einerley Verfah- ren im feindlichen Lande bald der Billig- keit gemaͤß iſt, bald aber als Grauſam- keit muß angeſehen werden. Nehmlich es kommet allzeit an auf die Abſicht, die man dabey hat, und wie weit dieſelbe da- zu noͤthig iſt, daß wir den Feind in den Stand ſetzen, wo er von ſeinem Vorſatze uns zuſchaden ablaſſen muß.
Grund der Frie- dens- Tracta- ten.
§. 501.
Da Kriege viel Geld und Volck koſten, ſo ſetzet derjenige, welcher den Krieg anfaͤnget, oder unvermeidlichen Anlaß dazu giebet, den andern dadurch in groſſen Schaden. Nun iſt ein jeder verbunden dem andern den Schaden zu- erſetzen, den er verurſachet (§. 825. Mor.).
Dero-
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Cap. 7. Von dem
daß er einwilligen muß, was wir von
ihm begehren und er gutwillig nicht thun
wil, bloß dadurch daß wir in ſein Land
einfallen und die zum Kriege erforderten
Koſten durch Contribution eintreiben;
ſo waͤre es zuviel und ein Kennzeichen der
Grauſamkeit (§. 877. Mor.), wenn wir
die Unterthanen auspluͤndern und alles
verwuͤſten, auch die Leute gar umbbrin-
gen wollten. Es iſt nicht noͤthig mehre-
re Exempel zugeben: aus den angezeig-
ten Gruͤnden wird ein jeder ſelbſt ausma-
chen koͤnnen, was recht und billig iſt, und
was zur Grauſamkeit zurechnen. Und
ſiehet ein jeder leicht, daß einerley Verfah-
ren im feindlichen Lande bald der Billig-
keit gemaͤß iſt, bald aber als Grauſam-
keit muß angeſehen werden. Nehmlich es
kommet allzeit an auf die Abſicht, die
man dabey hat, und wie weit dieſelbe da-
zu noͤthig iſt, daß wir den Feind in den
Stand ſetzen, wo er von ſeinem Vorſatze
uns zuſchaden ablaſſen muß.
§. 501.Da Kriege viel Geld und
Volck koſten, ſo ſetzet derjenige, welcher
den Krieg anfaͤnget, oder unvermeidlichen
Anlaß dazu giebet, den andern dadurch
in groſſen Schaden. Nun iſt ein jeder
verbunden dem andern den Schaden zu-
erſetzen, den er verurſachet (§. 825. Mor.).
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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 612. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/630>, abgerufen am 22.11.2024.
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