Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.Cap. 6. Von der Regierung ren sich richten. Damit nun niemandLust hat sein Capital liegen zu laßen, als wie geitzige Leute thun, aus Furcht, daß sie nicht darumb betrogen werden; so muß man Sicherheit im Ausleihen verschaffen (§. 336). Grosse Herren haben nicht nö- thig das Geld in Schatz zu legen: denn sie sind reich, wenn sie reiche Unterthanen haben, indem sie von ihnen alles haben können, was sie gebrauchen und zu der Zeit, da sie es gebrauchen. Man muß eben einen Unterscheid machen unter einem reichen Bürger und einem reichen Lan- des-Herren, wie längst von andern aus- geführet worden. Wiederumb wenn das Geld wohl rouliren soll, so müßen auch reiche Leute mehr aufgehen lassen, und sich in Essen und Trincken (§. 455. Mor.), Kleidung (§ 492. Mor.) und Wohnung (§. 510. Mor.) und allem, was dahin ge- höret, besser aufführen als andere. Denn dadurch kommet das Geld unter andere, die sonst darben müßen. Und da der Müßiggang ein so schädliches Laster ist (§. 530. Mor.); so ist es beßer, wann reiche Leute durch ihren Aufgang andern etwas zu verdienen geben, als daß sie solches un- terlassen und, und nachdem sie sie da- durch in Bettelstand gesetzet, ihnen Allmo- sen geben. Aus eben dieser Ursache ist es gut, wenn der Landes-Herr das Geld, was
Cap. 6. Von der Regierung ren ſich richten. Damit nun niemandLuſt hat ſein Capital liegen zu laßen, als wie geitzige Leute thun, aus Furcht, daß ſie nicht darumb betrogen werden; ſo muß man Sicherheit im Ausleihen verſchaffen (§. 336). Groſſe Herren haben nicht noͤ- thig das Geld in Schatz zu legen: denn ſie ſind reich, wenn ſie reiche Unterthanen haben, indem ſie von ihnen alles haben koͤnnen, was ſie gebrauchen und zu der Zeit, da ſie es gebrauchen. Man muß eben einen Unterſcheid machen unter einem reichen Buͤrger und einem reichen Lan- des-Herren, wie laͤngſt von andern aus- gefuͤhret worden. Wiederumb wenn das Geld wohl rouliren ſoll, ſo muͤßen auch reiche Leute mehr aufgehen laſſen, und ſich in Eſſen und Trincken (§. 455. Mor.), Kleidung (§ 492. Mor.) und Wohnung (§. 510. Mor.) und allem, was dahin ge- hoͤret, beſſer auffuͤhren als andere. Denn dadurch kommet das Geld unter andere, die ſonſt darben muͤßen. Und da der Muͤßiggang ein ſo ſchaͤdliches Laſter iſt (§. 530. Mor.); ſo iſt es beßer, wann reiche Leute durch ihren Aufgang andern etwas zu verdienen geben, als daß ſie ſolches un- terlaſſen und, und nachdem ſie ſie da- durch in Bettelſtand geſetzet, ihnen Allmo- ſen geben. Aus eben dieſer Urſache iſt es gut, wenn der Landes-Herr das Geld, was
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Cap. 6. Von der Regierung
ren ſich richten. Damit nun niemand
Luſt hat ſein Capital liegen zu laßen, als
wie geitzige Leute thun, aus Furcht, daß
ſie nicht darumb betrogen werden; ſo muß
man Sicherheit im Ausleihen verſchaffen
(§. 336). Groſſe Herren haben nicht noͤ-
thig das Geld in Schatz zu legen: denn
ſie ſind reich, wenn ſie reiche Unterthanen
haben, indem ſie von ihnen alles haben
koͤnnen, was ſie gebrauchen und zu der
Zeit, da ſie es gebrauchen. Man muß
eben einen Unterſcheid machen unter einem
reichen Buͤrger und einem reichen Lan-
des-Herren, wie laͤngſt von andern aus-
gefuͤhret worden. Wiederumb wenn das
Geld wohl rouliren ſoll, ſo muͤßen auch
reiche Leute mehr aufgehen laſſen, und ſich
in Eſſen und Trincken (§. 455. Mor.),
Kleidung (§ 492. Mor.) und Wohnung
(§. 510. Mor.) und allem, was dahin ge-
hoͤret, beſſer auffuͤhren als andere. Denn
dadurch kommet das Geld unter andere,
die ſonſt darben muͤßen. Und da der
Muͤßiggang ein ſo ſchaͤdliches Laſter iſt (§.
530. Mor.); ſo iſt es beßer, wann reiche
Leute durch ihren Aufgang andern etwas
zu verdienen geben, als daß ſie ſolches un-
terlaſſen und, und nachdem ſie ſie da-
durch in Bettelſtand geſetzet, ihnen Allmo-
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